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Landeshauptstadt: Vom Rettich zum Schwan
Gemüse als Schnitzkunst – die gegesen werden kann
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Spremberg/Leipzig - Winfried Karras wetzt die Messer. Der gelernte Koch aus dem Spremberger Ortsteil Bülow (Spree-Neiße) schnippelt die Karotten nicht klein, sondern verwandelt sie in Blütenblätter und Vögel. Der gelernte Koch ist ein passionierter Obst- und Gemüseschnitzer. Diese Kunst passt zu seinem Beruf. Als Besitzer einer Gaststätte mit Pension ist der 60-Jährige immer auf der Suche nach ausgefallenen Ideen für seine Besucher.
Berufsbedingt hatte Karras schon immer mit Obst und Gemüse zu tun. Vor 15 Jahren entdeckte er, was neben Vitaminen und Geschmack noch in Möhren und Melonen steckt. Bei einer Kocholympiade in Berlin sah er die besondere Art der Gemüsezubereitung zum ersten Mal und war sofort begeistert. „Das war meine Welt“, erinnert sich der Lausitzer. Sie ist es geblieben - ausgestattet mit essbaren Kunstwerken.
Karras besuchte Kurse und lernte von chinesischen Profis das Messer richtig anzusetzen. Mittlerweile schnitzt er aus einem Rettich ein Flusspferd, aus einer Kohlrübe einen Stier und aus einer Melone ein Blumenbouquet. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, dem Material schon. Länger als eine Woche hält kaum eines der Rosenblätter oder Schwanenpaare.
„Im Wasser bleiben die Schnitzereien bis zu sieben Tage frisch“, weiß Karras. Viele Ideen für Motive holt er sich aus Büchern und dem Internet. „Es ist schon Wahnsinn, was sich manche Gemüseschnitzer ausdenken“, gerät er ins Schwärmen. Dabei kann sich seine afrikanische Flusslandschaft mit Bäumen, Sand, Schlange und Krokodil ebenso sehen lassen wie eine komplett essbare Unterwasserwelt mit Fischen und Pflanzen.
Für Feiern in der eigenen Gaststätte, aber auch auf Festen in Berlin und Brandenburg, zeigt Karras sein Talent als Showschnitzer.
Was er sich selbst angeeignet, in Kursen erlernt und durch ständiges Üben vertieft hat, gibt er mittlerweile auch weiter. Seine Schnitzer-Lehrlinge kommen aus Brandenburg, Sachsen, Thüringen und sogar schon einmal aus Ostfriesland. „Von den Kursen und Auftritten leben kann man nicht, aber es macht jedes Mal wieder Spaß.“ Auch als er für einen 40. Geburtstag einmal ebenso viele Karottenrosen schnitzen sollte, verlor er die Lust an seinem Hobby nicht.
Und Naschen ist ausdrücklich erlaubt. „Alles kann gegessen werden“, betont der 60-Jährige. Häufig trauen sich Gäste aber doch nicht, dem liebevoll zubereiteten Schwan aus Rettich den Kopf abzubeißen. Der Rettich ist sein Lieblingsgemüse, jedenfalls als Schnitzmaterial.
In kurzer Zeit verwandelt Karras den Kugelrettich in eine Rose. Ob das schnell genug ist für den Wettbewerb in Leipzig, weiß er nicht. Bei der Messe für Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung im Herbst werden maximal 150 Kochartisten aus Europa in verschiedenen Kategorien gegeneinander antreten. Im Einzelwettbewerb müssen sie beispielsweise innerhalb von vier Stunden aus Melone, Papaya, Chinakohl oder Gurke vor den Augen der Jury ein Schaustück schnitzen.
Um einen Pokal geht es Karras bei der Teilnahme in Leipzig nicht. Für ihn zählt das Dabeisein, der Spaß und der Kontakt mit den anderen Schnitzern, wie er sagt. Auch wenn er keine Medaille gewinnen sollte, neue Ideen wird er auf jeden Fall von Leipzig in die Lausitz mitbringen.
Mehr dazu im Internet:
www.gemueseschnitzen.de.vu
www.gaeste.de
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