
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Von Brandenburg abhängig
Die langjährige Chefin der Oberfinanzdirektion, Etta Schiller, ist 80 Jahre alt geworden. Die Wahl-Potsdamerin hat sich um das Land verdient gemacht
Stand:
Von der „Droge Ost“, wie sie es selbst mal bezeichnet hat, konnte Etta Schiller nicht lassen, auch nicht als sie vor rund 15 Jahren in den Ruhestand ging und aus Cottbus zurück in ihre langjährige Heimat Köln hätte gehen können. Als erste Frau in Deutschland stand Etta Schiller in der Lausitzstadt von 1991 bis 1998 an der Spitze einer Oberfinanzdirektion, war dort zuständig für bis zu 7000 Beschäftigte. „Was soll ich in Köln meine Rente verpulvern?“, soll sie damals auf die Frage eines Journalisten entgegnet haben. Sie blieb im Land Brandenburg, zog lediglich von Cottbus nach Potsdam – in die Nähe ihrer Freundin Friede Springer. Beide, so sagte Springer, sind seit mehr als 40 Jahren befreundet. Springer, die vor wenigen Jahren von Potsdam zurück nach Dahlem gezogen ist, kam am gestrigen Mittwoch nach Potsdam – um ihrer Freundin zu gratulieren: Etta Schiller, einst Ehefrau des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen Karl Schiller, wurde 80 Jahre alt.
Zum Geburtstag würdigte sie der Förderverein Pro Brandenburg, dessen stellvertretende Vorsitzende und Mitbegründerin Schiller ist, mit einem Symposium im Festsaal im Casino der Garde du Corps in der Eon-Edis-Hauptverwaltung. Gekommen waren neben Friede Springer auch der Vorstandschef der Investitionsbank Brandenburgs (ILB), Tillmann Stenger, Ex-Landeswirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) und Forschungsministerin Sabine Kunst (parteilos).
Schiller war, als sie nach der Wende auf Empfehlung von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) ins Brandenburgische kam, eine Erscheinung: gebildet, bürgerlich, konservativ, humorvoll und aufgeschlossen. Nicht nur als Präsidentin der Oberfinanzdirektion, sondern auch in vielen anderen Institutionen des Landes hat die glühende Verfechterin einer Fusion von Berlin und Brandenburg ihren Stempel hinterlassen. Nach wie vor ist sie Mitglied im Landeshochschulrat, Ehrensenatorin der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) und war zudem lange Zeit Kuratoriumsvorsitzende der Technologiestiftung Brandenburg. Bundesweite Bekanntheit erlangte die geborene Berlinerin und Tochter des Radiologen Paul Eckel bereits in den frühen 1970er-Jahren als dritte Ehefrau des damaligen Superministers Karl Schiller (SPD). Schiller war von 1971 bis 1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen. Vom Doppelamt trat er wegen unversöhnlicher politischer Differenzen mit anderen Kabinetts- und Fraktionskollegen am 7. Juli 1972 zurück und schied damit aus der Bundesregierung aus.
Nach der Hochzeit im Mai 1971 erwarb sich die damals 22 Jahre jüngere Oberregierungsrätin im Düsseldorfer Finanzministerium schnell den Ruf einer hoch intelligenten, aber äußerst selbstbewussten Frau. „An dieser Frau kann man sich die Zähne ausbeißen“, soll Karl Schiller vor Journalisten eingeräumt haben. Nach ihrer Scheidung 1974 kehrte die promovierte Juristin in die Verwaltung zurück. Außerdem verließ sie die SPD und trat der CDU bei. 1989 kandidierte sie erfolglos für das Amt des Oberstadtdirektors von Köln, eine Art zweiter Bürgermeister.
Nach dem Fall der Mauer entdeckte Schiller im Aufbau einer Finanzverwaltung in den neuen Ländern eine neue Aufgabe. Noch im Sommer 1990 meldete sie offiziell Interesse an einer der fünf neuen Oberfinanzdirektionen an, fand in Waigel einen entscheidenden Unterstützer. Auch nach ihrer Pensionierung in Cottbus lehnte sich Schiller nicht zurück, engagierte sich weiter für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs. 2008 kandidierte die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes für das Amt der Schatzmeisterin der Potsdamer CDU.Matthias Matern (mit pet)
Matthias Matern (mit pet)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: