Kolumne Etwas HELLA: Von kalten und heißen Herzen
Ich habe kein kaltes Herz. Aber ich liebe es, das Hauff-Märchen vom kalten Herzen und ganz speziell auch den gleichnamigen Film, gedreht unter der Regie von Paul Verhoeven.
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Ich habe kein kaltes Herz. Aber ich liebe es, das Hauff-Märchen vom kalten Herzen und ganz speziell auch den gleichnamigen Film, gedreht unter der Regie von Paul Verhoeven. Den Film habe ich mindestens zehnmal gesehen, als Kind und auch als Erwachsene. Und das noch ohne Unterstützung durch das Filzlatschenkino. Immer wieder hat es mich berührt und gegruselt, wenn der Holländer-Michel auftrat und den Menschen die Herzen herausriss, die dann an der Wand aufgereiht einsam und traurig vor sich hinschlugen. Ich glaube, das war mein erster Thriller, den ich im Kino zu sehen bekam. Für die blutrünstigen Gruselszenen putzte die Kritik Anfang der 1950er-Jahre den Film heftig herunter. Mit den Thrillern war es damals noch nicht so weit her. Es wurde noch nicht ohne Unterlass und Bedauern gekillt und gemordet wie heutzutage in den Action-Produktionen. Geschadet hat die harsche Kritik dem Film jedoch nichts, er hat sich nicht nur bei mir in Herz und Seele gebrannt, er schrieb Filmgeschichte. Das Thalia-Kino holt ihn denn auch immer mal wieder aus der Versenkung.
Doch, siehe da, eine oder zwei Generationen nach mir kennen manche den Defa-Film schon gar nicht mehr. Es ist also höchste Zeit für eine Neuverfilmung, für die nach meiner Meinung die Messlatte allerdings ziemlich hoch liegt. Für die Unkenntnis der Jungen räche ich mich jetzt aber mal und erkläre, dass mir der Name Johannes Naber nicht viel sagt. Der von Moritz Bleibtreu natürlich umso mehr, ob der aber an den furchterregenden Erwin Geschonneck als Holländer-Michel-Inkarnation herankommt? Schluss jetzt, keine Vorverurteilung. Meckern können wir hinterher immer noch, meckern ist schließlich der Märkers Lieblingsbeschäftigung.
Dass ein Kunststudent aus Los Angeles vor dem Filmmuseum kürzlich einen Walk of Fame installiert hat, war übrigens eine gute Idee gegen das Vergessen. Selbst ich als Cineast habe nicht gewusst, dass Marlon Brando deutsche Vorfahren hatte. Was ließe sich da nicht noch alles in einer Filmstadt wie Potsdam ausgraben und eine Meile der Filmsterne würde doch prima vor das Museum im Marstall passen.
Beruhigt bin ich dagegen, dass es in Deutschland keine Erkenntnisse über die Landung der Außerirdischen womöglich auf dem Brauhausberg oder in den finsteren Wäldern des Kleinen oder Großen Ravensberges gibt. Sonst drohte uns womöglich noch eine Neuauflage von ET, dem Außerirdischen, ganz ohne deutsche Wurzeln. Wenn das Remake auch in Babelsberg gedreht würde, spülte das natürlich jede Menge Geld in die Kassen von Filmstudio Babelsberg. Das könnte es nach dem Brand bestimmt gut gebrauchen. Aber wer würde es schon ertragen, wenn ET jammert, er möchte telefonieren und dann reicht ihm eines der Kids ganz locker ein Smartphone mit Internetanschluss rüber. Da würde der arme kleine Kerl ewig herumspielen und käme nie nach Hause.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
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