
© Jana Haase
Landeshauptstadt: Von Lustmördern und Tierarzt-Romeos
Gerd Wolfgang Pachan war Autoschlosser und Lackierer – heute schreibt er Romane
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Die ersten Bücher brachte er im Selbstverlag heraus, gedruckt an der Universität Potsdam, bezahlt mit Geld aus seiner Abfindung. Mehr als 20 Jahre hatte Gerd Wolfgang Pachan bei einem großen Automobilhersteller gearbeitet, war zuletzt Leiter der Lackierwerkstatt. 2002 kam das vorläufige berufliche Aus: Wie viele seiner Kollegen fiel Pachan einer „Restrukturierung“ zum Opfer. 47 Jahre alt war er da. Und zu alt für eine neue Anstellung, wie der gelernte Schlosser bald erfahren musste. Anders als andere beließ er es aber nicht beim Schreiben von Bewerbungen. Er schrieb auch seinen ersten Roman.
„Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen, habe losgeschrieben und den Roman sich entwickeln lassen“, erzählt Pachan heute. Drei Bücher hat er mittlerweile veröffentlicht, zwölf weitere sind druckfertig. Die Schriftstellerei betreibt Pachan ähnlich effektiv wie ein Handwerk. „Ich war selber erstaunt, wie gut das ging“, sagt der 59-Jährige, der bereits als Schüler erste Versuche im Schreiben von Geschichten unternommen hatte. Die Fallmanager beim Arbeitsamt konnte er mit seiner Begeisterung für die neue Tätigkeit freilich nicht anstecken. Für diese „Freizeitbeschäftigung“ gebe es keine Unterstützung, ließ man ihn wissen. Stattdessen wurde Pachan in eine Reihe von Umschulungsmaßnahmen gesteckt.
Daran änderte auch „Dr. Jan Lüders“ nichts. So heißt das Buch, mit dem der im Ruhrgebiet geborene Wahlpotsdamer noch 2002 sein Debüt gab, „Eine norddeutsche Romanze“ ist der Untertitel. Erzählt wird die Geschichte eines jungen Tierarztes, den es in eine kleine Gemeinde an der Nordsee verschlägt, wo er in die Fußstapfen seines bei einer Sturmflut ums Leben gekommenen Vorgängers tritt und sein Herz an Luise, die schöne Sekretärin des Bürgermeisters, verliert.
Um die Arbeit des Tierarztes glaubwürdig schildern zu können, sei er damals zum Tierheim gegangen, habe Pfleger und Veterinärmediziner nach Krankheiten und Behandlungsmethoden befragt, beschreibt Pachan seine Arbeitsweise. „Da habe ich dann festgestellt: Sowas macht mir Spaß!“
Auch für sein zweites Buch, den Krimi „Vollmond“, recherchierte er vorher: „Ich bin zur Kripo gegangen und habe gefragt: Können Sie mir helfen?“, erzählt Pachan. Tatsächlich habe sich ein Oberkommissar gefunden, der aus seinem Arbeitsalltag erzählte und ihm das Archiv für Nachforschungen öffnete. Bevor er die Story um die Polizistin Carola John, die einen Lustmörder dingfest machen muss und sich außerdem in ihren Kollegen verliebt hat, aufschrieb, habe er den Fall den Polizisten vorgestellt.
Für das dritte Buch mit dem Titel „Ich – arbeitslos“ konnte Pachan dagegen aus den eigenen Erfahrungen schöpfen. Erst 2007 gelang es ihm, seine Existenz als schreibender Hartz-IV-Empfänger zu beenden. Als Zeitungsausträger für die Potsdamer Neuesten Nachrichten erst in Eiche, heute in Drewitz, Klein Glienicke und Babelsberg, stand er finanziell wieder auf eigenen Füßen – wenn auch in bescheidenem Maße. Mittlerweile verdient der dreifache Vater mit den Büchern etwa genauso viel wie mit dem Austrägerjob.
Zum Schreiben selbst sucht Pachan die Ruhe. Die findet er in seinem angemieteten Büro unweit seiner Wohnung in Drewitz, in dem er jeden Abend spätestens ab sechs Uhr sitzt. Mindestens vier Stunden arbeitet er dann am Rechner, geht aber mittlerweile nicht mehr so unbedarft vor wie noch bei seinen ersten Büchern. Statt nur auf Intuition zu vertrauen, entwickelt er einen Rahmen, überlegt sich, welchen Weg die einzelnen Figuren gehen sollen. „Dann fange ich an, das Ganze zu füllen.“
Die Vermarktung seiner Bücher schultert er noch allein: Mit den Romanen, die jeweils in einer Auflage von 1000 Stück erschienen, fuhr er zu Buchhandlungen in ganz Brandenburg: „Ich habe alles abgegrast.“ Seit seine Bücher beim Schillerverlag erscheinen – immer noch auf Vorkasse – ist zumindest das Marketing einfacher geworden. Pachans Bücher wurden auf Buchmessen in Frankfurt am Main, Leipzig, London und Basel vorgestellt, erzählt er. Dass ein norwegischer Verlag am „Vollmond“-Krimi Interesse gezeigt hat, macht ihn hoffnungsfroh. Denn zwei Nachfolge-Fälle von Kommissarin Carola John hat er schon in der Schublade.
Nächste Lesung mit G.W. Pachan am 26. August um 14 Uhr im Projektladen Drewitz, Konrad-Wolf-Allee 27.
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