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MEINE Woche: Von P nach D

Demjenigen, der sich das Prinzip der Mitfahrgelegenheit überlegt hat – ob aus purem Egoismus oder Nächstenliebe sei dahingestellt – gebührt mein ewiger Dank. Jetzt erst recht.

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Demjenigen, der sich das Prinzip der Mitfahrgelegenheit überlegt hat – ob aus purem Egoismus oder Nächstenliebe sei dahingestellt – gebührt mein ewiger Dank. Jetzt erst recht. Denn letzte Woche hatte ich weder das Geld für ein Bahnticket, noch die Nerven, mit einem Lokführer (Motto: „wir zeigen euch wer das Steuer in der Hand hält und legen den Zugverkehr lahm“) über mögliche Streiks zu diskutieren. Das Auto meiner Eltern bekam ich auch nicht, wobei mich die in astronomische Höhen schießenden Benzinpreise sowieso von der Fahrt mit den eigenen vier Rädern abhalten würden. Soweit der Stand am Mittwoch vor einer Woche. Ich war ratlos, wie sollte ich zu meinem Freund nach Dresden kommen? Donnerstag kam die Eingebung. Ich besorgte mir über das Internet eine Mitfahrgelegenheit, komfortabel von Potsdam–Hauptbahnhof bis nach Dresden. Die Freundlichkeit der Fahrerin maß sich mit meiner anfänglichen Skepsis und gewann das Duell durch ein klassisches K.o. – schon nach der ersten Minute hatte ich keine Bedenken mehr. Die zehn Euro Spritgeld waren extrem günstig, Unterhaltung im Preis inbegriffen. Und ein Wise Guys Konzert sowie einen wunderschönen Samstag und Sonntag später, befand ich mich dann im eisigen Regen am Dresdener Hauptbahnhof – und wartete auf meine Rückfahrgelegenheit Montag, Dienstag und der gestrige Mittwoch verliefen eher eintönig – Schule, Vorbereitung auf das Abitur, schreiben, meine Arbeit in einem Ingenieurbüro in Babelsberg, nachmittags den einen oder anderen Kaffee mit Freunden im Bagels. Zwischendurch ein schneller Abstecher ins Kino, um den neuen gesellschaftskritischen Streifen Michael Moores wirken zu lassen. Nach Verlassen des Saals schwirrte mir der Kopf – scheinbar wird das US-amerikanische Gesundheitswesen tatsächlich von lauter „Sickos“ beherrscht. Alles in allem eine außergewöhnlich-gewöhnliche Woche. Freitag geht es wieder auf nach Dresden – und wieder nicht mit der unberechenbaren Bahn oder zugunsten der boomenden Ölindustrie mit dem Auto. Nein, ich habe eine neue Welt der Möglichkeiten entdeckt. Das Zauberwort heißt gelegentliche Mitfahrgelegenheit.

Maria Herwig ist 19 Jahre alt und lernt am Helmholtz-Gymnasium in Potsdam.

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