Landeshauptstadt: Wahlkampf um den Staudenhof
Im Stadtparlament ist die Linke mit ihrem Antrag gescheitert, den Wohnblock am Alten Markt zu erhalten
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Innenstadt - Persönliche Angriffe und gegenseitige Vorwürfe mitten im Kommunalwahlkampf: Über den erst in mehr als acht Jahren vorgesehenen Abriss des Wohnblocks Staudenhof am Alten Markt haben die Stadtverordneten am Mittwochabend erbittert gestritten. Am Ende der Debatte scheiterte die Linke mit einem Antrag, den 2012 gefassten Abrissbeschluss aufzuheben – nur die Wählergruppe Die Andere unterstützte das Vorhaben. Alle anderen Fraktionen votierten dagegen.
Zunächst hatte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg seine Forderung begründet, den Staudenhof mit 182 Wohnungen zu erhalten: Ein Abriss wäre wirtschaftlich verantwortungslos und würde alle Bemühungen der Stadt zur Schaffung von Wohnraum konterkarieren. Er berief sich auf eine jüngst veröffentlichteWirtschaftlichkeitsberechnung, die von der kommunalen Immobilienholding Pro Potsdam erarbeitet und von der renommierten KPMG-Anwaltsgesellschaft geprüft wurde. Demnach würden ein Abriss des Staudenhof-Blocks und ein Neubau mit preisgünstigem Wohnraum an gleicher Stelle die Pro Potsdam wie berichtet mit 3,65 Millionen Euro belasten und rechtliche Probleme aufwerfen. Scharfenberg erinnerte daran, dass die Pro Potsdam schon vor zwei Jahren, als die damalige Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP im Stadtparlament den Abriss durchgesetzte, ihre Ablehnung signalisiert hatte – das bestätige sich jetzt.
Dem widersprach insbesondere Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke, die auch die Grundlagen der von der Pro Potsdam vorlegten Berechnungen infrage stellte. Gewählte Prämissen seien nicht plausibel, Zahlen willkürlich gewählt. Die Prüfer hätten nicht einmal das Gebäude besichtigt, so ihre Kritik. An der Diskussion störe sie, dass bisher niemand gefragt habe, wie die Mieter des Staudenhofs auf faire Angebote für neue Wohnungen reagieren. Der Abriss des Blocks sei wichtig, damit die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte an dieser Stelle fortgeführt werden könne – für mehr Aufenthaltsqualität. „Es geht dabei nicht um Barockisierung“, sagte Hüneke.
Genau das aber unterstellte ihr Scharfenberg: „Ihnen ist es doch egal, wie hoch die Mieten dort sind, Frau Hüneke“, erklärte der Oppositionschef. Er habe das Schönreden des neuen Gutachtens erwartet: „Dabei brauchen wir in Potsdam jeden Euro für soziales Wohnen.“ Hüneke gab zurück, sie sei erschüttert, auf welchem Niveau die Diskussionskultur Scharfenbergs gelandet sei. Sie habe sehr wohl Vorschläge gemacht, wie der Abriss sozial abgefedert vonstatten gehen könne. Ihr seien auch Menschen bekannt, die dort wegziehen wollten. Stefan Wollenberg von den Linken hakte dazwischen, der Wunsch nach einem Umzug sei wegen der laufenden Abriss-Debatte nur natürlich. Bei der Staudenhof-Frage gehe es generell darum, wie künftig sozialverträgliches Wohnen in der Innenstadt möglich gemacht werden könnte.
Verbale Unterstützung bekam Hüneke von Peter Schultheiß von den Potsdamer Demokraten. Auch er meldete Zweifel zur Validität der Pro-Potsdam-Zahlen an: „Das ist ein Gutachten, das demjenigen entspricht, der es in Auftrag gegeben hat.“ SPD-Vize Pete Heuer wiederum griff Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) an, der wie die Linke ebenfalls gegen den Abriss des Staudenhofs kämpft. Der Beigeordnete habe bisher eine von den Stadtverordneten angeforderte Machbarkeitsstudie zu der Frage, wie genau soziale Wohnungen anstelle des Staudenhofs entstehen könnten, nicht vorlegt, kritisierte Heuer: „Diese Aufgabenstellung wurde nicht erfüllt.“ Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) wiederum verwies darauf, dass für einen Neubau anstelle des Staudenhofs auch die vom Land in Aussicht gestellten Fördermittel für Wohnungsbau verwendet werden könnten.
Doch die Linken ließen in ihrer Kritik nicht locker. Ihr Stadtverordneter Stephan Worseck verwies zuletzt auf Potsdams Klimaschutzkonzept – die Öko-Bilanz für den Abriss eines funktionstüchtigen Hauses und den Neubau werde sicher nicht günstig ausfallen. Auch der frühere Grünen-Stadtverordnete Andreas Menzel wetterte gegen den Abriss, der Staudenhof sei grundsolide gebaut. Doch es nützte nichts: SPD, CDU/ANW, Grüne, FDP, Bürgerbündnis und Potsdamer Demokraten lehnten den Linken-Antrag mit großer Mehrheit ab. Und eines wurde auch klar: Bis zum geplanten Abriss nach 2022 wird es wohl nicht die letzte Staudenhof-Abstimmung gewesen sein.
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