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Von Henri Kramer: Warnungen vor Abzocke

Verbraucherschützer greifen Potsdamer Anwalt scharf an / Anzeigen bei Staatsanwaltschaft und Polizei

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Ein Potsdamer Rechtsanwalt ist deutschlandweit ins Visier von Verbraucherschützern und der Justiz geraten. Es geht um Abmahnungen, die der Anwalt Frank Michalak tausendfach verschickt haben soll, um Bürger zu Zahlungen an einen Internetanbieter aus Dubai zu zwingen. Die in Potsdam ansässige Verbraucherzentrale (VZ) Brandenburg warnt nun in einer aktuellen Mitteilung ausdrücklich davor, das von dem Juristen angemahnte Geld zu überweisen.

Das von Michalak aufgesetzte Schreiben soll laut den Verbraucherschützern immer gleich sein. Demnach werden die Empfänger der „einschüchternden“ Briefe zur Zahlung von 174,08 Euro aufgefordert – andernfalls entstünden weitere Kosten. Als Auftraggeber werde die Netsolutions Tradings FZE aus Dubai genannt, die die Internetkontaktbörse www.nachbarschaft24.net betreibt, so die Verbraucherschützer. Mehrere Betroffene hätten berichtet, vor ein bis zwei Jahren einer Aufforderung per E-Mail oder Telefon gefolgt zu sein, eine auf der Internetseite für sie hinterlegte Nachricht abzurufen, heißt es. „Nun wird ihnen unterstellt, sie hätten diesen nicht gewollten, aber kostenpflichtigen Vertrag abgeschlossen“, empören sich die brandenburgischen Verbraucherschützer. Die Forderungen von Michalak stufen sie als „zwielichtig“ ein. Auch die Verbraucherzentralen in Sachsen und Hamburg warnen davor, sich von Michalaks Schreiben beeindrucken zu lassen.

Inzwischen beschäftigt der Fall Michalak die Justiz. Gegen ihn liegen bei der Potsdamer Polizei bereits 13 Anzeigen wegen Betrugs aus mehreren Bundesländern vor, so Sprecherin Katrin Laurisch. Und auch bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gäbe es „eine Reihe“ von Betrugsanzeigen im Zusammenhang mit Michalaks Schreiben, so Behördensprecher Rolf Roggenbuck: Demnächst werde das gebündelte Verfahren von der Cottbuser Staatsanwaltschaft übernommen, die eine Abteilung für Internetkriminalität besitzt.

Mit dem Fall Michalak vertraut ist Norbert Richter von der VZ Brandenburg. Betroffenen rät er, eine Forderung per Einwurfeinschreiben als unbegründet zurückzuweisen. „Ist das passiert, können weitere Mahnungen ignoriert werden – erst bei Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheids muss unbedingt fristgerecht widersprochen werden.“ Zwar könnte die Gegenseite noch klagen, so Richter, ein Erfolg sei aber unwahrscheinlich. Denn inzwischen stütze ein Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte vom November die Auffassung der VZ – die Forderungen seien unbegründet.

Michalak sieht das anders. Auf seiner Internetseite hat er eine Erklärung zu den Mahnschreiben veröffentlicht. Würden die VZ behaupten, nicht zu zahlen, dann wäre das „falsche“ Beratung. Bei einem Prozess sei „vielleicht“ schon der Anwalt teurer als der angebotene „Vergleich“ in den Mahnschreiben, heißt es drohend. Für seine Rechtsauffassung beruft sich Michalak etwa auf das Gutachten einer Kollegin, die ihre Kanzlei im selben Gebäude wie der Anwalt hat: Dem Ärztehaus in der Friedrich-Ebert-Straße. Gestern Vormittag war er dort nicht anzutreffen. Eine Anfrage der PNN zu den erhobenen Vorwürfen blieb auch ohne Antwort.

Den ins Zwielicht geratenen Anwalt kennt auch die Rechtsanwaltkammer Brandenburg, die Verstöße gegen das Berufsrecht bestrafen kann. Doch Handlungsbedarf sieht Geschäftsführer Rüdiger Suppé noch nicht. Denn Michalak mache zunächst nur das, was Anwälte eben tun sollen – die Forderungen von Mandanten wie der Netsolutions aus Dubai durchsetzen. „Das ist nicht verboten“, sagt Suppé. Problematisch würde es nur, wenn Michalak wissentlich mit Betrügern zusammenarbeite oder die Forderungen frei erfunden seien, so Suppé: „Darüber habe ich aber noch keine Erkenntnisse.“

Doch herrscht um Michalaks Auftraggeber aus Dubai Rätselraten. Ein Team von Sat1reiste auf der Spur des Falls erst jüngst in die Golfmetropole – und fand unter der Adresse von Netsolutions nur ein Gebäude mit eingefallener Fassade. Eine Klage der VZ Brandenburg gegen die Firma konnte bislang mangels „ladungsfähiger Anschrift“ nicht zugestellt werden.

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