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Etwas HELLA: Warum mich der Teufel holt

Durch Märchen und Sagen weiß ich, dass der Teufel, irgendwelche Dschinn oder auch nur ganz gewöhnliche Flaschengeister über Nacht wahre Wunder vollbringen können. Sie bauen in Windeseile Häuser, Brücken und Türme auf, ohne sich den Arm auszukugeln.

Stand:

Durch Märchen und Sagen weiß ich, dass der Teufel, irgendwelche Dschinn oder auch nur ganz gewöhnliche Flaschengeister über Nacht wahre Wunder vollbringen können. Sie bauen in Windeseile Häuser, Brücken und Türme auf, ohne sich den Arm auszukugeln. Das liegt aber leider, wenn nicht gerade Hollywood zu Gange ist, alles in grauer Vorzeit. Heutzutage muss man sich mit Ämtern, Bauplanungen und dem lieben Geld herumschlagen, ehe die Bauerei überhaupt losgehen kann.

Doch noch sind die überirdischen Mächte nicht ganz aus der Mode gekommen, denn der barocke Kirchturm in der Breiten Straße – so wurde es am vergangenen Samstag bei der Mitgliederversammlung der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e. V. öffentlich verkündet – soll nun doch innerhalb von fünf Tagen errichtet werden. Er entsteht natürlich in der Breiten Straße, allerdings etwas versetzt zum historischen Standort, Baubeginn ist der 4. Juli gegen 11 Uhr und – so versicherte es der Chef der Grube-Rewe-Markt OHG im Marktcenter – der Teufel oder irgendwelche Flaschengeister sind nicht mit im Spiel. Der Turm wird nämlich aus Tausenden von Legosteinen vor der Markthalle erbaut und die 6000 Euro, die das Spektakel kosten soll, werden von der Werbegemeinschaft Marktcenter auf den Tisch gelegt. Das Bauwerk wird schließlich zugunsten des echten Garnisonkirchturms versteigert.

Die immer noch fehlenden Millionen für den historisch adäquaten Aufbau des echten Turms werden damit sicher nicht hereinkommen. Das Spektakel kurbelt aber bestimmt auch die Spendenbereitschaft generell an und macht endlich Schluss mit den seltsamen Vorschlägen, den Turm entweder kopfüber oder liegend aufzubauen oder ihn womöglich auf die Freundschaftsinsel zu versetzen oder in der Havel zu versenken. Was natürlich nur Aprilscherze waren. Oder doch Teufelszeug?

Ich will jetzt niemanden fragen, ob er auch noch ’nen Euro übrig hat oder nichts sehnlicher wünscht, als eine Lego-Garnisonkirche in seinem Vorgarten zu etablieren, aber in den kämpferischen Schlachtruf der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau kann ich nur von ganzem Herzen einstimmen: Es muss endlich angefangen werden mit dem Bau des Turmes!

Mal abgesehen davon, dass das Auslaufen der Baugenehmigung wie eine Teufelsdrohung am Himmel steht, ich kann auch die ewige Diskutiererei um die Vergangenheit der Kirche nicht mehr hören, mich machen die Grundsatzerklärungen, man brauche den einst schönsten barocken Turm Potsdams nicht wieder im Stadtbild, genauso irre wie die nächste Ankündigung, dass die Eröffnung des Flughafens in Berlin wahrscheinlich erneut verschoben wird. Es kann doch nicht sein, dass sich nur noch hochfliegende Pläne in den Himmel erheben.

Vergessen wir nicht, wir in Potsdam sind die kleine feine Schwester von Berlin und machen alles – na, sagen wir das meiste – besser als die Große. Und wenn es nicht so ist, dann soll uns, ganz speziell aber mich, der Teufel holen.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

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