zum Hauptinhalt

Professorin für Philosophie an der Universität Potsdam: Was fühlt künstliche Intelligenz?

Die Potsdamer Philosophie-Professorin Felicitas Krämer beschäftigt sich mit ganz großen Fragen – die oft aus den ganz kleinen Dingen erwachsen.

Von Sarah Kugler

Stand:

Potsdam - Der Name William James springt einem als Erstes ins Auge. Zwischen all den vielen Buchtiteln in Felicitas Krämers Büro am Neuen Palais liegen seine Bücher in direkter Blickhöhe. Kein Wunder, schließlich wurde die Philosophie-Professorin 2004 an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit zu „William James’ Realitätsverständnis“ promoviert. Seitdem ist sie viel rumgekommen, arbeitete unter anderem in Düsseldorf und in den Niederlanden. Für ihre Habilitationsschrift wurde sie mit dem Habilitations-Preis der Universität in Düsseldorf ausgezeichnet.

Seit Oktober 2014 hat die 42-Jährige nun die Professur für Philosophie mit dem Schwerpunkt Angewandte Ethik an der Universität Potsdam inne – und ist bisher sehr glücklich hier, wie sie sagt. „Zum einen ist die Stadt natürlich wunderschön, aber ich kann hier an der Uni auch Forschung und Lehre nach meinen Vorstellungen entwickeln, und das gefällt mir sehr gut“, so die gebürtige Ulmerin. Und: „Die Studierenden sind sehr interessiert, kommen immer wieder mit Fragen in die Veranstaltungen, das ist sehr schön.“

Was fängt man mit einem Magister in Philosophie an?

Der Dialog mit den Studenten ist ihr sehr wichtig. Dadurch entstehen die Diskussionen, die sie selbst in ihrem Denken weiterbringen. „Es interessiert mich, was die Leute denken, was sie antreibt“, sagt Felicitas Krämer. Aus diesem Antrieb heraus hat sie sich auch auf die Philosophie spezialisiert. Ursprünglich hatte sie in Heidelberg angefangen, Deutsch und Englisch auf Lehramt zu studieren – aber schnell gemerkt, dass das nicht ihre Berufung ist. Sie wechselte zu einem Magisterstudium der Philosophie und Germanistik. „Allerdings stand ich dann vor der Frage, was man mit einem Magister in Philosophie nun eigentlich anfängt“, erzählt sie. Sie stand plötzlich vor einem großen Berechtigungsproblem ihres Studiums. Ihre Lösung: Pragmatismus.

Das Pragmatischsein habe sie sich selbst auferlegt, und so überlegte sie sich, in welchen Bereichen die Philosophie gebraucht wird und wer sich auch in der Praxis dafür interessiert. Sehr schnell kam sie dabei auf die Medizin, in der gerade in Verbindung mit neuen Technologien viele ethische Fragen aufkommen, die in entsprechenden Kommissionen diskutiert werden. Krämer selbst war in mehreren Ethikkommissionen, auch an der Potsdamer Uni ist sie Teil des Ethikkomitees. Gleichzeitig ist sie geschäftsführende Direktorin des Instituts für Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER).

Ethische Fragen zur Sterbehilfe

Schon während ihrer Zeit als Assistenzprofessorin an der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden setzte sie sich unter anderem damit auseinander, welche ethischen Problem sich aus der Verwendung von mechanischen Herzpumpen ergeben.

Die werden, erklärt sie, bei manchen Patienten eingesetzt, die aus verschiedenen Gründen nicht für eine Transplantation infrage kommen. „Wenn sich nun der Zustand solcher Patienten verschlechtert, bitten diese ihre Ärzte oft darum, die Geräte abzuschalten“, so Krämer. Dabei stellt sich nun die Frage, ob das analog zum Ausschalten beispielsweise eines externen Beatmungsgeräts steht, was als erlaubte passive Sterbehilfe zu werten wäre, oder ob es sich dabei um die verbotene aktive Sterbehilfe handeln würde, wie viele Ärzte befürchten. Rechtlich gebe es da noch keine ganz eindeutigen Regelungen.

Technologien und Gefühle

Was Krämer dabei auch interessiert, ist, wie die Patienten die Herzpumpe empfinden, ob es ein Teil von ihnen sei oder eher ein Fremdkörper. „Gerade im Kontext von Technologien finde ich Gefühle interessant: Können künstliche Intelligenzen Gefühle haben, und wie lassen sich menschliche Gefühle technisch beeinflussen?“ Ein großes Forschungsgebiet seien dabei, neben der Tiefenhirnstimulation für Parkinsonpatienten, etwa auch Psychopharmaka und ihre Wirkung auf die Emotionalität. Es gebe, sagt Krämer, viele Patienten, die sich im Laufe der Behandlung das erste Mal wirklich wie sie selbst fühlen. „Da stellt sich doch die Frage nach der Authentizität und was das eigentlich ist.“

Diese Überlegungen beschäftigen Krämer auch an der Uni Potsdam. Hier beschäftigt sie sich unter anderem mit der Medizinethik, speziell mit den Folgen von Embryonenspenden. Zur Erklärung: Bei künstlicher Befruchtung werden Eizellen der Frau im Reagenzglas mit dem Samen des Mannes zusammengebracht. Hieraus entstehen Vorstadien von Embryonen, sogenannte imprägnierte Eizellen, die entweder in die Gebärmutter eingesetzt werden oder aber eingefroren bleiben können.

Künstliche Befruchtung: medizinische und rechtliche Fragen

Die Frage ist nun, was mit den restlichen imprägnierten Eizellen passiert, die ein Paar nicht für seine eigene weitere Familienplanung verwenden möchte. „Neuerdings ist es auch in Bayern möglich, anderen Paaren mit Kinderwunsch solche imprägnierten Eizellen zu spenden“, so Krämer. Doch noch ist das Prozedere nicht überall erlaubt. Krämer interessiert unter anderem, wie damit umgegangen wird, wenn das Kind später seine Herkunft erfahren möchte.

Darüber hinaus gebe es aber noch viele medizinische und rechtliche Fakten zu klären. „Die Anwendung des Verfahrens ist in Deutschland noch neu, es gibt noch kaum Erfahrungswerte“, so Krämer. Genau das macht ihre Forschung für sie aber auch so spannend.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })