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Einkaufen im Zentrum. Die Kaiser’s-Filiale in der Brandenburger Straße ist bei Anwohnern und Touristen beliebt. Sowohl Handelsvertreter als auch Kunden wünschen sich den Erhalt. Wie es nach der Wende bei den Rettungsgesprächen für die Supermarktkette mit den Potsdamer Filialen weitergeht, ist aber unklar.

© Andreas Klaer

Potsdam: Was wird aus den drei Kaiser's Filialen?

Zur Zeit gibt es noch drei Kaiser's Filialen in Potsdam. Doch was aus ihnen und den Mitarbeitern nach dem gescheiterten Rettungsversuch wird, ist noch offen.

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Potsdam- Es ist ein betriebsamer Freitagmittag bei Kaiser’s in der Brandenburger Straße: An allen Kassen haben sich Schlangen gebildet. Der Schüler, der sich auf dem Heimweg mit Snacks versorgt, steht ebenso an wie die ältere Dame mit dem Wochenendeinkauf, Spanisch sprechende Touristen oder der Anzugträger in der Mittagspause. Am Tag nach den geplatzten Rettungsgesprächen für die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann ist zumindest hier von Unruhe nichts zu spüren. An der Eingangstür findet sich sogar ein Aushang: Der Lebensmittelmarkt in der Innenstadt sucht Aushilfen.

Es ist eine von drei verbliebenen Kaiser’s-Filialen in Potsdam. Neben der Brandenburger Straße ist die Supermarktkette auch unweit des Rathauses Babelsberg in der Rudolf-Breitscheid-Straße vertreten, eine kleinere Filiale gibt es auch in der Straße Zum Teufelssee in der Waldstadt. Einen weiteren Standort im Kirchsteigfeld hatte Kaiser’s bereits Ende 2015 aufgegeben – zum Ärger der Anwohner, die damit ihren einzigen Nahversorger verloren. Die Nachfolge soll dort Rewe übernehmen (PNN berichteten). Auch die Kaiser’s-Filiale in Stahnsdorf hat bereits im Sommer geschlossen.

Unternehmen: Unverkäufliche Filialen werden geschlossen

Hinter den Kulissen sind Unsicherheit und Nervosität nun offenbar groß. Wie es mit den drei Potsdamer Filialen weitergeht, dazu will man sich in der Unternehmenszentrale in Mühlheim in der Ruhr nicht im Detail äußern. Nicht einmal zur Zahl der in Potsdam beschäftigten Mitarbeiter machte das Unternehmen am Freitag auf PNN-Anfrage Angaben. Die Auskünfte bleiben allgemein: In der kommenden Woche wolle man Interessenbekundungsverfahren zunächst für die Standorte in Nordrhein-Westfalen, Berlin und München starten und mögliche andere Interessenten um Gebote bitten, so eine Sprecherin: „Die Filialen, die unverkäuflich sind, werden wir schließen müssen.“ Wann es dazu kommen könnte, sei unklar: Denn auch der Kaufvertrag mit Edeka – um den es zum Rechtsstreit gekommen war – müsse erst wieder aufgelöst werden.

Für Volker Bohne, der als Betriebsrat Berlin-Brandenburg die Interessen der insgesamt 5600 Mitarbeiter in beiden Bundesländern vertritt, kam das Scheitern der Rettungsgespräche überraschend – gleichzeitig geht er aber auch davon aus, dass „noch nicht alle Messen gesungen sind“, wie er den PNN sagte. Am Freitag wurden offenbar die Weichen für einen neuen, letzten Rettungsversuch gestellt; so hat Frank Bsirske, der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, bei allen Beteiligten des Krisengipfels für neue Gespräche geworben.

Etwa 150 Mitarbeiter in Brandenburg

„Rewe kann immer noch einlenken“, sagt Betriebsratschef Bohne. Mit einer endgültigen Entscheidung rechnet er in der kommenden Woche. So lange sei auch er nur Betroffener und müsse abwarten. Er geht von „grob geschätzt“ 150 Mitarbeitern in Brandenburg aus – neben den drei Potsdamer Filialen gibt es auch Geschäfte in Rüdersdorf und Panketal sowie das Fleischwerk in Perwenitz im Havelland, dessen Überleben auf dem Spiel steht.

Die Kunden in Potsdam schätzen den Markt in der Brandenburger Straße jedenfalls. So wie Christa Varias: Die 67-Jährige geht häufiger hier einkaufen, wie sie sagte. Besonders die Frischetheke gefalle ihr an dem Markt. Ob sie wiederkäme, wenn ein anderer Anbieter den Standort übernähme, weiß sie nicht. Ähnlich positiv äußert sich eine andere Kundin mittleren Alters: Die Innenstadt-Filiale sei attraktiv, weil sie auf dem Weg liege. Würde ein anderer Anbieter dort einziehen, würden die Preise zu teuer werden, befürchtet sie. Für Inge Jukas, 82 Jahre alt und nicht mehr ganz so fit auf den Beinen, ist es der einzige erreichbare Lebensmittelmarkt – sie nutze ihn seit Jahren: „Wenn ich zu Rewe in der Breiten Straße soll, fall’ ich auf dem Weg um“, sagt sie.

Gebraucht von Besuchern der Innenstadt, Touristen und Anwohnern

Wie wichtig der Lebensmittelmarkt in zentraler Innenstadtlage ist, betont auch Malte Gräve, Referent für Handel bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK). Gebraucht werde das Angebot von Besuchern der Innenstadt, Touristen, aber auch Anwohnern, sagte er den PNN: „Es wäre bedauerlich, wenn es dort keinen Lebensmittelmarkt mehr geben würde.“ Zu den Chancen auf den Erhalt äußert er sich vorsichtig: „Das kommt darauf an, wie der Eigentümer mit der Immobilie umgeht.“

Deutlich entspannter sieht Wolfgang Cornelius von der AG Innenstadt, dem Zusammenschluss der Innenstadthändler, die Situation: „Selbst wenn das Unternehmen zerschlagen wird und die Filialen einzeln verkauft werden, wird diese Verkaufsstelle bestehen bleiben und einen Betreiber finden“, ist er überzeugt. Der Standort habe sich trotz anfänglicher Unkenrufe wegen fehlender Parkplätze gut etablieren können und werde von den Kunden, auch mit den langen Öffnungszeiten, sehr gut angenommen, sagte er den PNN. Hinzu komme die günstige Logistik, die Anlieferungen jederzeit über die Jägerstraße möglich macht – Pluspunkte für einen möglichen neuen Betreiber. Auch die immer wieder beklagten hohen Mieten in der Innenstadt sind für Cornelius kein Argument: „Das ist in meinen Augen ein Filetstück – darum mache ich mir keine Sorgen.“ (mit Florian Sprenger)

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