
© Andreas Klaer
Einzelhandel in Potsdams Innenstadt: Wechselstimmung
Zugeklebte Schaufenster und "Wir sind umgezogen"-Schilder: In der Potsdamer Innenstadt haben mehrere Einzelhändler aufgegeben – offenbar auch wegen der Mieten.
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In Potsdams Innenstadt rund um die Brandenburger Straße laden derzeit nicht alle Läden zum Shoppen ein. Zugeklebte Schaufenster sind zu sehen, Schilder mit der Botschaft „Wir sind umgezogen“ hängen entlang der Einkaufsmeile. Mindestens fünf Geschäfte haben zu Jahresbeginn aufgegeben, sich einen neuen Standort gesucht oder den Betrieb eingestellt. Nach PNN-Recherchen machen es die Mieten den Inhabern zunehmend schwerer, sich zu halten.
So zum Beispiel an der Ecke Friedrich- Ebert-Straße und Brandenburger Straße. Dort ist gerade die Wiener Feinbäckerei ausgezogen. Der Mietvertrag sei zum Januar ausgelaufen, sagte der Sprecher der Großbäckerei Heberer, Ralf Beke-Braunkamp, den PNN. „Über eine Verlängerung konnte keine Übereinkunft mit dem Vermieter erzielt werden.“ Dennoch wolle man in Potsdam weiterhin vertreten sein und suche jetzt nach einem neuen Standort, sagte Beke-Braunkamp.
Die "Senfelfen" verlassen Potsdam
Zudem schließt wie berichtet nach fünf Jahren in der Innenstadt die Feinkostmanufaktur „Senfelfen“. Größere Räume in der Innenstadt seien zu einer Miete, die nicht den kompletten Gewinn auffresse, kaum zu finden, begründete Inhaberin Susanne Posth ihre Entscheidung.
Der Friseur „Cut + Care“ in der Friedrich-Ebert-Straße ist umgezogen – allerdings nur drei Häuser weiter Richtung Platz der Einheit. Weiter sind die „Back Factory“, vormals in der Brandenburger Straße, und ein Imbiss seit Anfang Januar geschlossen. Schon länger werden außerdem Nachmieter für zwei weitere Gewerbeflächen in der Friedrich-Ebert-Straße gesucht.
"Die Mieten sind einfach zu hoch"
„Die Mieten sind einfach zu hoch“, sagt der Vorsitzende der AG Innenstadt, Wolfgang Cornelius. Viele Verträge seien zum Jahreswechsel ausgelaufen. Nun müssten die Geschäftsinhaber neu verhandeln, was zumeist auf steigende Mieten hinauslaufe. „Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, haben wir bald in erster Linie große Ketten in der Brandenburger Straße“, sagte Cornelius. Dennoch sei eine „gewisse Fluktuation“ normal. Entscheidend sei, dass die Geschäfte schnell neu vermietet würden und es nicht zu längerem Leerstand wie vor einigen Jahren komme, sagte Cornelius.
Als unabdingbar bezeichnete die Fachbereichsleiterin Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, Barbara Nitsche, eine gewisse Fluktuation bei den Geschäften. Bezogen auf die vielen Bäckereien in der Innenstadt müsse berücksichtigt werden, dass der Wettbewerb in dieser Branche zuletzt stetig zugenommen habe. „Eine aktuelle Gefährdung oder Abwärtstendenz des Standorts lässt sich daraus nicht ableiten“, so Nitsche.
Schmuddelmeile Brandenburger Straße?
Wie berichtet klagen die Einzelhändler in der Innenstadt schon länger über stark steigende Mieten sowie den zunehmenden Online-Handel. Cornelius hatte sogar gewarnt, dass die Brandenburger Straße wegen der vielfältigen Imbisse zur „Schmuddelmeile“ werden könne. Ob nun in die frei gewordenen Geschäfte Billig-Shops einziehen, bestimmten allein die Hauseigentümer, so Cornelius.
Die Standortqualität könne aber langfristig durch ein Landesgesetz für einen „Business Improvement Distrikt “ (BID) verbessert werden. BIDs sind Gebiete, in denen Grundeigentümer und Gewerbetreibende Aktionen gemeinsam umsetzen. Finanziert werden sie aus einer selbst auferlegten und zeitlich befristet erhobenen Abgabe. Aktionen wie etwa kostenfreies Internet in der Brandenburger Straße müssten dann ausdrücklich von den Händlern abgelehnt werden, falls sie eine entsprechende Investition verhindern wollen. Cornelius forderte die Stadtverwaltung auf, sich für ein BID in der Innenstadt einzusetzen.
Die AG Innenstadt will sich künftig auf die Querstraßen der Brandenburger konzentrieren. Dort seien die Mieten für inhabergeführte Geschäfte noch erschwinglich, so Cornelius. So würden 2016 wieder das Lindenstraßenfest, die Antikmeile und die Lange Shoppingnacht stattfinden. Auch in den Querstraßen „macht das Einkaufen Spaß. Wir müssen es nur richtig steuern.“
Stefan Engelbrecht
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