Landeshauptstadt: Weihnachtspakete für Wissenschaftler Das Potsdamer Geoforschungszentrum nimmt 3,6 Millionen Euro teures Präzisionsinstrument in Empfang
Teltower Vorstadt - Jetzt bloß vorsichtig: Mit Tastgeschwindigkeit walzt der Gabelstapler über die ausgelegten Stahlplatten auf den Eingang des Hauses F des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) zu. Auf seinen Hebearmen ruht eine tonnenschwere Holzkiste, kaum kleiner als das Fahrzeug selbst.
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Teltower Vorstadt - Jetzt bloß vorsichtig: Mit Tastgeschwindigkeit walzt der Gabelstapler über die ausgelegten Stahlplatten auf den Eingang des Hauses F des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) zu. Auf seinen Hebearmen ruht eine tonnenschwere Holzkiste, kaum kleiner als das Fahrzeug selbst. Es enthält Teile des neuen „IMS 1280-HR-Sekundärionen-Massenspektrometers“ (Sims) – ein 3,6 Millionen Euro teures Messinstrument, das am Freitag dem GFZ im Potsdamer Helmholtz-Zentrum geliefert wurde. Nur drei andere Einrichtungen in Europa besitzen bislang ein solches Gerät, rund 30 davon gibt es weltweit. In Deutschland ist es das einzige.
Doch erst mal muss es durch die Tür: „Jetzt kommt der entscheidende Augenblick“, sagt Ulrich Ehrke von der Herstellerfirma, der in Frankreich ansässigen Cameca GmbH. „Attention!“, ruft einer der fünf französischen Mitarbeiter, die seit dem Vortag unterwegs waren, um das zehn Tonnen schwere Ungetüm in sieben Einzelteilen von Paris nach Potsdam zu transportieren. Die etwa zwei Meter breite Türöffnung scheint fast zu klein für die Kiste zu sein, doch der Gabelstapler wuchtet sie passgenau hindurch. „Links und rechts bleibt jeweils etwa ein Zentimeter Platz“, verrät der Isotopenbiochemiker Michael Wiedenbeck, der künftig die Verantwortung für das Sims tragen wird. „Die Kisten wurden extra so gepackt, dass sie passen.“ Zwei Sattelschlepper hatten den Schwertransport bewältigt: Einer für die Lieferung, der andere für den Gabelstapler.
Auch wenn das Messinstrument die Größe eines Mittelklassewagens besitzt, die geologischen Objekte, die es erforschen soll, sind unvorstellbar winzig: Die Gesteinsproben wiegen unter einem Milliardstel Gramm und werden durch den Beschuss von Ionen auf ihre Zusammensetzung analysiert. Dabei sollen etwa Spuren von Edelmetallen zur Erkundung von Erzlagern aufgespürt werden. Bereits jetzt sind beim GFZ 20 Projektanfragen für das Sims eingegangen: „Dazu gehören Einrichtungen wie das Berliner Naturkundemuseum, die Meteoriten, Mondproben oder Fossilien untersuchen wollen“, verrät Wiedenbeck. Weitere Aufgaben für das Sims seien die Erforschung von Kontinentalverschiebungen, die Klimaforschung, Erkundung von Ölquellen oder geologische Untersuchungen zur Entstehung der Erde. „Das hängt ganz von der Kreativität der Forscher ab“, sagt Wiedenbeck mit hörbarer Vorfreude.
Dem 52-jährigen Wissenschaftler steht die Begeisterung über das Messgerät ins Gesicht geschrieben, und da ist er nicht der Einzige: „Das ist heute wie Weihnachten!“, findet GFZ-Leiter Reinhard Hüttl. Und das, obwohl die Kisten erst im April ausgepackt werden. Noch ist das Labor nicht bezugsfertig: Der etwa 76 Quadratmeter große Raum ist kalt und zugig, Kabel hängen von der Decke, die Wände sind nackt. Vor allem muss noch ein Betonboden als Standfläche für das hochempfindliche Sims gegossen werden.
Bestellt worden war das Messinstrument schon im November 2011, es folgten 18 Monate Bauzeit. Nun werden etwa drei Monate für die Installation benötigt, zwei weitere für die Einarbeitung in die Betriebs-Software. Frühestens ab September wolle man betriebsbereit sein, so Wiedenbeck. Bislang hat er mit einer ähnlichen Maschine gearbeitet, die aber kleiner war und weniger konnte: „13 Jahre lang musste ich viele Anfragen ablehnen und sagen: Tut mir leid, falsches Gerät“, sagt er. Immerhin über 100 Projekte mit Wissenschaftlern aus 22 Ländern konnten in diesem Zeitraum realisiert werden. Das Sims kann allerdings etwa 20-mal schneller und fünfmal genauer arbeiten – und das auch noch rund um die Uhr.
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