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Vetraut und doch neu: Der Blick von oben auf die Stadt.

© Dirk Laubner

Potsdam aus der Luft betrachtet: Weite Ausblicke

In Dirk Laubners Potsdam-Buch können auch Potsdamer viel Neues an ihrer Stadt entdecken: Der Berliner Fotojournalist hat die Stadt von oben fotografiert.

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Nein, es sind nicht die berühmten Eulen, die man hier nach Athen trägt: Selbst wer als alteingesessener Einwohner dieser Stadt das Potsdam-Buch von Dirk Laubner in den Händen hält, wird Erstaunliches entdecken können. Denn der Berliner Fotojournalist gewährt den Lesern – oder vielmehr: den Betrachtern – seines Buches grandiose Einblicke, die Normalsterbliche kaum je selbst haben werden: Laubner hat Potsdam aus der Luft fotografiert. An Bord einer Cessna und eines Hubschraubers ist er im vergangenen Sommer über die Stadt an der Havel geflogen und hat für die dritte Auflage seines Buches „Potsdam aus der Luft fotografiert“ Aufnahmen von der brandenburgischen Landeshauptstadt gemacht. Die in Zusammenarbeit mit Gerd Nowakowski entstandene Neuauflage des im Nicolai-Verlag erschienenen Werkes vereint zwischen den Buchdeckeln nun diese Bilder mit älteren Fotos aus der Vorauflage.

Potsdam, eine Stadt, die seit nunmehr 20 Jahren stetig unter dem Skalpell eines Schönheitschirurgen zu liegen scheint, ist in dem Fotobuch wunderbar aus ungewohnter Perspektive zu erleben. Dass diesem Operateur an Potsdams Gesicht schon viel gelungen ist, wird in Laubners Luftaufnahmen eindrucksvoll deutlich. Das Holländische Viertel etwa ist so ein Beispiel für eine erfolgreiche Schönheitsoperation. Laubner hat für sein Buch eine Aufnahme ausgewählt, in der die kreuzförmige Anlage des im 18. Jahrhundert von Johann Boumann errichteten Quartiers sehr schön sichtbar wird. Aus der Luft betrachtet erinnern die Häuser in ihrer gleichförmigen Bauweise ein wenig an eine Modellbaustadt. Freilich kein Kitsch, aber doch irgendwie überraschend in der Wirkung. Heutzutage präsentiert sich das Viertel den Potsdam-Flaneuren als ein ziemlich exklusiver Ort. Noch zu Beginn der 1990er-Jahre klafften in den Häuserwänden große dunkle Löcher, Pflastersteine auf den Fußwegen waren großflächig herausgerissen.

„Dass man jetzt sieht, wie sich das entwickelt hat“, sagt Laubner, das freue ihn – und meint damit die allgemeine Entwicklung des Stadtbilds in den letzten 20 Jahren. „Klasse anzusehen“ sei dies. So fahre er von seinem Wohnort Berlin immer wieder gern nach Potsdam raus, um „mal die Seele baumeln“ zu lassen. Er, der beruflich schon viel herumgekommen ist – Abu Dhabi, Portugal, Südafrika – fühle sich dann wie in Italien. Als „ein Juwel in der Landschaft“ präsentiere sich Potsdam aus der Luft. Bei so viel Zuneigung zu dieser Stadt, der einst viel Italienisches eingehaucht wurde, darf die südländische Traumwelt Friedrich Wilhelm IV. in dem Buch natürlich nicht zu kurz kommen. Laubner hat das Belvedere auf dem Pfingstberg ebenso vor die Linse genommen wie die nördlich der Maulbeerallee gelegene Orangerie. Deren stattliche 300 Meter Frontbreite kommt in der Luftaufnahme voll zur Geltung. Überhaupt wirkt das Gebäude aus der Luft so grandios, als müsse es noch heute mindestens der Sitz eines italienischen Ministeriums sein.

Doch Laubner hat nicht nur Sanssouci und die Innenstadt fotografiert, er ist auch bis an die Peripherie gegangen. Auf einer Abbildung im Buch ist der Hauptflügel des Landtagsgebäudes auf dem Brauhausberg zu sehen. Die Aufnahme zeigt das Gebäude so nah, dass die Reste des einst an dem Turm prangenden SED-Symbols wie ein Schandmal wirken. Das Sterncenter an der Nuthestraße erinnert von oben wegen seiner Parkdecks an einen Flugzeugträger. Auch Potsdams Vulkan kann man in dem Buch bestaunen: Die Auftrittsstätte der Stuntcrew im Filmpark ist in Laubners Buch nämlich ebenfalls zu finden. Und wer in den Bildern nach dem eigenen Wohnhaus sucht, könnte mit ein wenig Glück sogar dann erfolgreich sein, wenn er nicht in der Stadtmitte wohnt. Häuser im Neubaugebiet Drewitz sind ebenso abgebildet, wie das Studentenwohnheim in Griebnitzsee.

„Ich weiß, dass Menschen wirklich in diesen Luftbildaufnahmen lesen“, sagt Laubner. Er empfinde es als Glück, von seinem exklusiven Arbeitsplatz aus etwas sehen und dies dann zeigen zu können, wofür sich andere interessieren. „Eine ganze Menge an Zutaten“ müsse jeweils zusammenkommen, sagt Laubner, damit eine Aufnahme wirklich gut werde. Das Wetter sei dabei von entscheidender Bedeutung. Kein Beleuchter kann bei den Tagesaufnahmen schließlich nachhelfen. „Das Licht muss brillant sein“, erklärt der Luftbildfotograf. Gleich auf dem Buchdeckel überrascht Laubner übrigens mit einer Sicht auf Potsdams Fotomotiv Nummer eins: dem Schloss Sanssouci. „Kennen wir schon“, möchte man als Potsdamer leicht berlinernd und dabei vernehmlich nickend sagen. Und doch: Laubner hat sich etwas Spezielles einfallen lassen, sodass auch dieses Bild bei den Potsdamern keine Langeweile aufkommen lassen dürfte: Er hat das Schloss Friedrich II. von der Rückseite aus aufgenommen. Die Kolonnade im Vordergrund, im oberen Bilddrittel die Große Fontäne, die aus dieser Perspektive merkwürdig lütt und schlaff wirkt. Zu seinen persönlichen Favoriten unter den ausgewählten Fotos zählt Laubner die Aufnahme von der Meierei am Jungfernsee. In diesem teils recht filigranen Trutzbau, der im Buch mit sonnenschirmbekrönter Terrasse abgebildet ist, habe er selbst schon viele frohe Stunden verlebt.

Potsdam aus der Luft fotografiert, ca. 125 Seiten, knapp 60 Bilder (einige auch aus Werder), Nicolai-Verlag, 16,95 €

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