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Landeshauptstadt: Weiter Sorge um Reaktor in Wannsee

Potsdamer Rathaus sieht Klärungsbedarf zu Vorwürfen / Betreiber Helmholtz-Zentrum und Berliner Senat bestreiten Sicherheitsrisiko

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Potsdam/Berlin - Die angeblichen Sicherheitsmängel im Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee haben im nahen Potsdam für Klärungsbedarf gesorgt. Stadtsprecher Stefan Schulz sagte, das Rathaus werde Kontakt mit dem Betreiber der Anlage, dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), aufnehmen, um sich über die Vorwürfe und die Situation in der Einrichtung zu informieren. Die Grünen forderten, das Thema im nächsten Ordnungsausschuss der Stadtverordneten auf die Tagesordnung zu setzen.

Wie berichtet hatte das ARD-Magazin „Kontraste“ in seiner Sendung am Donnerstagabend unter Berufung auf einen leitenden Ex-Mitarbeiter des Reaktors berichtet, die Anlage sei „sicherheitstechnisch bedenklich“. Diesen Vorwurf bestreiten die Betreiber vehement, verweisen auf Tüv-Gutachten und andere Überprüfungen und halten ihrem angeblich wegen Mobbings gekündigten Ex-Mitarbeiter „böswillige“ Unterstellungen vor.

Den „Kontraste“-Journalisten geht es vor allem um ein Metallrohr am Reaktorkern, mit dem für die Forschung notwendige Neutronen eingefangen werden. Dieses Bauteil sei zuletzt zwar gewechselt worden, aber stehe nicht auf dem neuesten Stand der Materialtechnik – es gäbe ein „Bruchrisiko“. Die Geschäftsführung des Reaktors habe sich ein „aufwendiges Prüfverfahren“ für ein moderneres Teil sparen wollen, so der Vorwurf – den das Helmholtz–Zentrum kontert. „Es gibt nichts zu verbessern“, sagte Sprecherin Ina Helms. Auch die Berliner Umweltverwaltung erklärte, das Bauteil genüge „allen kerntechnischen Anforderungen“.

Der wegen Wartungsarbeiten seit vergangenem Herbst stillgelegte Reaktor sei aber noch aus einem weiteren Grund gefährdet, so „Kontraste“: Das Notfallbecken für den Reaktor sei undicht, weil eine Schweißnaht gerissen sei. So könnte das Wasser aus dem Notbecken laufen und sich der Reaktorkern schnell erhitzen – mit allen Folgen, weil die Anlage keine dicke Schutzhülle wie ein Atomkraftwerk besitze. Sprecherin Helms erklärte, die Anlage sei so gebaut, dass stets genug Wasser den Reaktor bedecke, dazu kühle die Anlage auch zügig aus – daher sei der Riss für die Sicherheit irrelevant. Auch der Berliner Senat verwies auf ein Tüv-Gutachten, das keine Sicherheitsgefahr zeige.

In der „Kontraste“-Sendung sagte dagegen Lothar Hahn, früherer Leiter der Reaktorsicherheitskommission des Bundes, eigentlich müssten die zuständigen Behörden neueste Materialtechnik für das Rohr am Reaktor einfordern – und wegen des Risses müsse die Bundesaufsicht tätig werden. Für den Fall einer Katastrophe müssten Teile von Potsdam evakuiert werden.

Zu den Vorwürfen sagte gestern Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke), sie stehe dazu mit ihrer Berliner Kollegin in Kontakt. Sie gehe davon aus, dass im Reaktor alles „in Ordnung gebracht“ würde, bis er wieder in Betrieb gehe. Ihr sei von Berlin versichert worden, dass sich die Anlage einem sogenannten Stresstest unterziehen müsse. HK

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