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DIfE-Forscher: Probiotika helfen nicht gegen Ehec
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Im Zusammenhang mit dem grassierenden Ehec-Darmbakterium schließt der Mikrobiologe Professor Michael Blaut vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Bergholz-Rehbrücke (DIfE) weitere Ausbrüche nicht aus. Da nun bekannt sei, dass der Erreger aus dem menschlichen Darm stammt, sei weiterhin immer wieder die Gefahr gegeben, dass es zur Übertragung von Ehec-Bakterien auf Prozesse in der Lebensmittelproduktion kommt. Damit seien neue Ausbrüche möglich. Das funktioniere ähnlich wie bei Salmonellen. „Nur dass der neue Ehec bereits bei wesentlich kleineren Dosen zur Erkrankung führen kann.“ Der jetzige Erreger vereine einige bereits bekannte Eigenschaften mit ganz neuen. „Durch die natürliche Genmutation ist hier etwas entstanden, was gefährlicher ist als die zuvor bekannten Erreger“, erklärt Blaut.
Michael Blaut ist Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie des DIfE, die sich mit menschlichen Darmbakterien beschäftigt. Die Zusammensetzung und Aktivität der Darmflora wird mit verschiedenen Darmerkrankungen in Verbindung gebracht. Dass sich Ehec-Infektionen durch den Verzehr von probiotischen Kulturen verhindern lassen, hält Blaut für höchst unwahrscheinlich. Den in Milchprodukten zugesetzten Lacto- und Bifidobakterien wird eine positive Wirkung gegen Krankheitskeime nachgesagt. Das erwartet Blaut für den Ehec-Erreger aber nicht. Denn der neue Erreger könne sehr gut an der Darmschleimhaut andocken und dort überleben. Daher sei er nicht so leicht aus dem Körper zu entfernen. Problematisch sei dabei die Produktion von Giftstoffen, die elementare Prozesse im Organismus hemmen. Das von dem Erreger produzierte Shiga-Toxin ist hochgiftig.
Blaut verweist darauf, dass es ein breites Spektrum an Krankheitserregern gibt, die im Darm aktiv werden. „Mit diesem Ehec-Stamm nun ist nicht zu spaßen.“ Er sei hochvirulent. „Da reichen 100 Zellen aus, die durch die Nahrung aufgenommen werden, und schon kommt es zur Infektion“, warnt der Mikrobiologe. Hier sollte man sich auf die klinischen Verfahren verlassen, die zur Therapie dieser schweren Infektion erarbeitet wurden, wie die Blutwäsche und die Unterstützung des Immunsystems. Die einzige wirkliche Vorbeugungsmaßnahme sei, zu vermeiden mit dem Erreger überhaupt in Kontakt zu kommen. Eine Möglichkeit zur Reinigung von Lebensmitteln könnte gechlortes Wasser sein. „Doch wie schnell Chlor Bakterien abtötet,hängt von dessen Konzentration ab“, gibt Blaut zu bedenken.
Das große Problem sei, dass die Quelle bislang nicht bekannt und offensichtlich immer noch aktiv sei. Blaut erinnert auch daran, dass in 80 Prozent der Ehec-Ausbrüche keine Quelle gefunden werde. Forscher aus Münster hatten das Erbgut eines Ehec-Erregers entziffert, der als Vergleichsstamm zum aktuellen Erregertyp dienen soll. Der Stamm mit der Bezeichnung Husec 041 war 2001 erstmals in Deutschland aufgetaucht. In seiner jetzigen Form ist er aber wesentlich aggressiver und besonders resistent gegen Antibiotika. Den Grund für die Aggressivität will man nun herausfinden. Jan Kixmüller
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