Sport: Weltmeister am Tiefen See
Der ESV Lok Potsdam feiert heute sein 60-jähriges Bestehen und damit viele große und kleine Erfolge
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Hochbetrieb wird am heutigen Samstag wieder auf dem Sportplatz des ESV Lok Potsdam in der Berliner Straße kurz vor der Glienicker Brücke herrschen. Hochbetrieb aus einem ganz besonderen Grund: Der ESV Lok feiert sein 60-jähriges Bestehen. Am 21. Juni 1951 hatte die damalige Landesregierung die Gründung der Betriebssportgemeinschaft Lokomotive Potsdam bestätigt. Deren erste Protagonisten waren Tischtennisspieler, die zunächst auf dem mit zum Teil noch selbst gefertigten Schlägern auf dem Gelände der heutigen Landesregierung gegenüber dem jetzigen Hauptbahnhof ihrem Hobby nachgingen. Und die so den Grundstein für eine Entwicklung legten, die Lok Potsdam – begleitet von Höhen und Tiefen – mit zurzeit1180 Mitgliedern zum größten reinen Breitensportverein der Stadt und größten Eisenbahnersportverein des Bezirks Ost (Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern) werden ließ. Beim Landessportbund rangiert der ESV ebenfalls weit vorn: unter den Top 15 aller Vereine.
Mit der Übertragung des Sportplatzes in der Berliner Straße an das Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) hatten sich die Bedingungen für die Eisenbahner-Sportler bald wesentlich verbessert. Noch 1951 gründeten sie eine Fußball- Sektion, bald kamen Billard und Kegeln, Rollsport, Leichtathletik und viele weitere Sportarten zum Angebot des Vereins hinzu. Heute präsentiert sich Lok als eher untypischer Mehrspartenverein mit 13 verschiedenen Abteilungen in 12 verschiedenen Sportarten. „Wir hatten schon vor der Wende ein Super-Angebot, das wir nach 1989 hochhalten konnten“, sagt Jürgen Happich. Der 59-Jährige ist seit 1976 Mitglied des ESV und seit 1986 dessen Vorsitzender. „Seit damals sind fast immer die gleichen Mitglieder im Vorstand. Deshalb sind wir ein eingespieltes Team – das schafft Kontinuität“, so Happich, dessen ESV das Vereinsgelände am Ufer des Tiefen Sees in Eigenregie auf hohem Level hält, da der Grundstückseigentümer – das Bundeseisenbahnvermögen – selbst dafür nichts tut.
1999/2000 wurde – ebenfalls in Eigenregie –ein schmuckes Vereinsheim errichtet, für das der ESV Lok selbst einen Kredit über 1,750 Millionen Euro aufnahm. „Bis 2017 wollen wir schuldenfrei sein“, erklärt Jürgen Happich. Das Vereinsgebäude wird deshalb mit öffentlicher Gaststätte, Kegelbahn und Wohnung vermarktet, das Sportgelände auch für andere Veranstaltungen vermietet. Ende Mai 2012 soll hier ein internationales Fußball-Länderturnier mit fünf Eisenbahner- Nationalteams stattfinden.
Loks Fußballer sind mit 110 Mitgliedern in vier Mannschaften die größte Abteilung des Vereins, die Tanzsportler – mit den Profitanzweltmeistern Katarina Timofejewa und Sergej Diemke als Trainern –, Rollkunstläufer und Karateka sind federführend im Kinder- und Jugendsport. Die erfolgreichste Abteilung aber bilden die Leichtathleten, die vor allem im Seniorenbereich Medaillen über Medaillen mit an das Havelufer brachten. Vor der Wende gewannen sie unter anderem 141 DDR-Meistertitel. 1990 stellte Hans Schuffenhauer als 63-Jähriger im Hochsprung mit 1,60 Metern einen Altersklassen-Weltrekord auf, von dem er und seine Mitstreiter erst im Nachhinein durch Ergebnislisten erfuhren, die Sektionsmitglied Ralf Grünefeld – der als Schlafwagenschaffner in den Westen durfte – mitgebracht hatte. Der Appetit war geweckt, und seit die Grenzen gefallen sind, erkämpften die Lok-Leichtathleten bei den Senioren unter anderem 27 Welt- und 17 Europameistertitel, glänzten sie mit je acht Welt- und Europarekorden. Ob Leo Hohmann, Wolfgang Hamel, Jutta Lüdicke, Waltraud Grünefeld, Doris Golde, Klaus Willi, Jürgen Runge oder Klaus-Dieter Spey – die Liste der Weltmeister ist schon lang.
Viele von ihnen werden auch heute erwartet, wenn Geburtstag gefeiert wird: mit einer Showveranstaltung des Potsdamer Fanfarenzugs ab 15.30 Uhr, einem Fußballspiel und einem Halbstunden- Paarlauf, Hüpfburg und Vorführungen junger Tänzer und Karateka. Zu einer Feierstunde ab 14 Uhr haben sich unter anderem Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs und Landessportbund-Präsident Hans-Dietrich Fiebig angesagt. Da wird es viel zu erzählen geben.
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