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Essenziell. Salz ist für den Menschen lebensnotwendig. Allerdings kann zu viel davon der Gesundheit auch schaden.

© Andreas Klaer

Interview zum Salzkonsum: „Weniger ist besser“

Die Ernährungsforscherin Cornelia Weikert hält einen hohen Salzkonsum trotz neuer Studien für riskant. Der Blutdruck profitiere in jedem Fall von einem mäßigen Genuss.

Stand:

Frau Weikert, es gibt eine Reihe neuer Studien, aus denen hervorgeht, dass Salz nicht so gefährlich für Herz und Kreislauf ist wie bislang angenommen. Dürfen wir wieder versalzene Suppen essen?

Wenn man einmal eine versalzene Suppe isst, ist das nicht weiter schädlich. Regelmäßig würde ich das aber keineswegs empfehlen.

Also keine Entwarnung?

Die Ergebnisse einiger neuer Studien sind zum Teil widersprüchlich. Daraus würde ich aber keine Änderung der bestehenden Empfehlungen ableiten. Wir bleiben dabei, dass weniger Salzkonsum günstig ist. Auch nach neuesten Ergebnissen wird dadurch der Blutdruck gesenkt. Das wiederum ist gut für die Blutgefäße. Hoher Blutdruck ist ein eindeutiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Daran hat sich nichts geändert. Die neueste Richtlinie der WHO vom Februar 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass weniger als zwei Gramm Natrium beziehungsweise fünf Gramm Kochsalz täglich aufgenommen werden sollten.

Fünf Gramm klingt nicht viel.

In Deutschland wird aber noch viel mehr Kochsalz konsumiert. Nach der Nationalen Verzehrstudie II nehmen Männer im Mittel fast neun Gramm und Frauen weit mehr als sechs Gramm am Tag zu sich.

Wird der Blutdruck durch Salz in signifikanter Größe erhöht?

Das kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Wie unterschiedlich Menschen auf Salz reagieren, ist noch kaum erforscht. Langzeitstudien zeigen allerdings, je weniger Salz man als gesunder Mensch zu sich nimmt, desto niedriger ist der Blutdruck.

Ein Zusammenhang zwischen Salzkonsum und Herz-Kreislauferkrankungen wird von den Studien aber nicht eindeutig belegt.

Das liegt meines Erachtens daran, dass es nur sehr wenige Interventionsstudien, das heißt experimentelle Studien mit recht geringer Teilnehmerzahl gibt. Immerhin zeigen diese Studien in Richtung eines erniedrigten Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei gesenktem Salzkonsum. Zur Klärung werden auf jeden Fall noch weitere größere Interventionsstudien gebraucht.

Was besagt die EPIC-Potsdam-Studie des DIfE über Salzkonsum und Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Die EPIC-Studie eignet sich leider nicht, diese Frage genauer zu untersuchen. Wir sehen aber auch in der EPIC-Potsdam-Studie, dass der Bluthochdruck einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen ist. Mehr als 40 Prozent der Schlaganfälle sind auf den Bluthochdruck zurückzuführen. Auch Herzinfarkt und Herzinsuffizienz sind stark mit Bluthochdruck assoziiert.

Wo liegen die Probleme der Studien?

Es ist schwierig, den Salzkonsum genau zu messen. Dazu müssten Urinuntersuchungen erfolgen. Mit Fragebögen, so wie wir in der EPIC-Studie die Ernährung bisher untersucht haben, ist die Salzaufnahme sehr ungenau gemessen.

Was gilt für Personen mit niedrigem Blutdruck? Sollten die sich ein Prise Salz ins Mineralwasser machen, um den Kreislauf auf Touren zu bringen?

Auf keinen Fall! Zwar müssen diese Personen nicht so sehr auf den Salzkonsum achten. Aber auch hier würde ich keine Extradosis Salz empfehlen, um den Blutdruck zu steigern. Schließlich ist der niedrige Blutdruck nicht schädlich. Darüber hinaus gibt es auch Studien, die zeigen, dass Salz die Innenhaut der Gefäße versteift. Auch lässt die Elastizität der Gefäße dadurch nach. Das ist ein Gesundheitsrisiko, das man nicht provozieren sollte. Auch ist bislang noch nicht bekannt, ob Menschen mit niedrigem Blutdruck durch erhöhten Salzkonsum einen Bluthochdruck entwickeln können.

Warum nehmen wir überhaupt zu viel Salz zu uns?

Das Salz kommt in erster Linie aus Fertigprodukten. Besonders viel Salz wird aber auch durch Wurst und Käse aufgenommen. Soßen und Suppen sind oft sehr salzhaltig. Ein unterschätzter Salzlieferant ist zudem Brot.

Der Salzstreuer ist also gar nicht der Bösewicht?

Die Menge aus dem Salzstreuer kann jeder noch ganz gut beeinflussen. Aber Fertiggerichte wie Pizza und Konserven oder Tütensuppen sind sehr stark gesalzen, ohne dass man es merkt. Salz wird hier als Geschmacksverstärker eingesetzt. Gefährlich sind vor allem verarbeitete Nahrungsmittel. Hinzu kommen auch natürlich vorkommende Salzquellen, so enthalten beispielsweise auch Milch, Eier oder Fleisch und Fisch Salz. Ich empfehle grundsätzlich, weitgehend auf Fertigprodukte zu verzichten. Denn hier kann man nicht abschätzen, wie viel Salz verwendet wurde.

Dennoch: Salz ist für den Menschen essenziell. Zu wenig ist auch nicht gut.

Natürlich ist Natrium lebensnotwendig. Ich habe allerdings keine Sorge, dass man bei normaler Ernährung zu wenig Salz zu sich nimmt. Mit Ausnahme vielleicht von Extremsportlern oder kranken Menschen. Auch bei sehr heißem Klima hat man nur einen sehr geringen Salzverlust durch das Schwitzen. Das wird oft überschätzt.

Warum ist Salz essenziell?

Natrium ist das wichtigste Kation in der zellulären Flüssigkeit im Körper. Der Körper benötigt Salz zur Aufrechterhaltung des Plasmavolumens und des Säure-Basenhaushaltes. Hinzu kommt eine grundlegende Bedeutung bei der Übertragung von Nervenimpulsen und zur Aufrechterhaltung der normalen Zellfunktion.

Es heißt, dass man gerade im Alter mehr Salz zu sich nehmen soll?

Generell gelten keine anderen Empfehlungen für ältere Menschen. Natürlich stellt sich im Alter die Frage, ob unerkannte Erkrankungen wie etwa eine Herzschwäche vorliegen, die sich bei einer starken Verminderung der Salzaufnahme verschlechtern oder erstmals bemerkbar machen könnten.

Welche Gefahren gehen noch von hohem Salzkonsum aus?

Die Schädigung der Blutgefäße und der damit einhergehende Bluthochdruck ist das primäre Risiko von hohem Salzkonsum. Es gibt auch eine Reihe von Studien, die einen Zusammenhang von Salz und Magenkrebs herstellen. Das Magenbakterium Helicobacter pylori, das selbst Geschwüre im Magen und Magenkrebs hervorrufen kann, könnte bei salzreicher Kost besonders gefährlich werden.

Gibt es Unterschiede zwischen Kochsalz, Steinsalz, Meersalz oder Himalayasalz?

In erster Linie sollte man darauf achten, dass man jodiertes Salz zu sich nimmt, da Jod zu wenig aufgenommen wird. Alle genannten Salze bestehen im Wesentlichen aus Natriumchlorid. Im Vergleich zu einfachem Kochsalz enthalten die anderen Salze zusätzlich ein paar andere Mineralstoffe, aber nur in sehr geringen Mengen.

Es gibt Ernährungswissenschaftler, die einen Zusammenhang zwischen jodierten Lebensmitteln und der Zunahme von gefährlichen Schilddrüsenüberfunktionen sehen.

Da sehe ich keine Gefahr. Durch die Anreicherung von Kochsalz mit Jod hat sich in den letzten Jahren die Jodversorgung in Deutschland deutlich verbessert. Ohne Verwendung des jodierten Speisesalzes würde nahezu bei uns allen der tägliche Konsum unter der empfohlenen Tagesdosis liegen. Auch mit Jodierung des Kochsalzes liegen noch mehr als ein Drittel aller Personen unter den Empfehlungen. Überzeugende Studien, die eine Gefahr durch die Jodierung des Kochsalzes belegen, gibt es bisher nicht.

Das Gespräch führte Jan Kixmüller

Cornelia Weikert leitet die Arbeitsgruppe Herz-Kreislauf-Epidemiologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung
in Bergholz-Rehbrücke (DIfE). Die Ärztin ist auch Epidemiologin.

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