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Landeshauptstadt: Wenn Kohle gut fürs Klima ist

Die Potsdamer Agrarforscher wurden für ihre Arbeiten zur Zukunftsressource Biokohle ausgezeichnet

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Bornim - Man wolle das Thema Kohle in Brandenburg einmal etwas anders diskutieren – und zwar anstatt der Braunkohle die Biokohle in den Blick nehmen. Wenn es nach Reiner Brunsch, dem wissenschaftlichen Direktor des Leibniz-Instituts für Agrartechnik in Bornim (ATB), geht, dann steht dabei nicht nur wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch gesellschaftliche Relevanz ganz oben. Für die Agrarforscher ist die Biokohle geradezu ein Tausendsassa. Sie gehen davon aus, dass sich mit ihr ausgelaugte Böden wieder sanieren und entgiften lassen. Und dass sie die Gewinnung von Biogas effizienter machen kann, wobei die Kohle selbst aus Abfallprodukten der Biogasproduktion hergestellt werden soll. Hinzu kommt, dass die Kohle der Atmosphäre klimaschädliches Kohlendioxid entziehen und langfristig unter die Erde bringen kann. Hinzu kommt die energetische Nutzung der Biokohle.

Über den Feldern rund um das Agrarforschungsinstitut im Potsdamer Norden liegt an diesem Mittwochmorgen ein leicht fauliger Güllegeruch. In Zukunft könnte die Düngung der Felder ohne Gestank geschehen: mit Biokohle, die im Gegensatz zur Gülle das in ihr gebundene Kohlenoxid langfristig bindet. Das vielfältige Zukunftspotenzial des aus Gärresten hergestellten Wundermittels hat die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ nun dazu bewogen, die Biokohle-Projekte des ATB in Bornim auszuzeichnen. Es ist bereits das zweite Mal, dass die Potsdamer Forscher von der Initiative gewürdigt werden – schon 2009 wurden sie für innovative Ideen zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe ausgezeichnet.

Die Wunderkohle kann in einem Verschwelungsverfahren ähnlich wie Holzkohle hergestellt werden, wobei weniger Energie aufgebracht werden muss, als schließlich in Form von Kohlenstoff gebunden wird. Das Verfahren könne man sich ganz vereinfacht wie einen Dampfkochtopf vorstellen, sagte Agrarforscher Jan Mumme. Seit 2009 bereits arbeiten die Potsdamer Forscher an der Optimierung der Herstellungsverfahren für Biokohle, der Wirkung in den Böden und den Potenzialen für die Landwirtschaft. Denkbar ist der Einsatz als nachhaltiger Dünger vor allem in ertragsschwachen Gegenden. Die Potsdamer Forscher denken dabei explizit auch an die kargen Brandenburger Sandböden. Die Kombination aus Dünger und langfristiger Kohlenstoffsenke für den Klimaschutz sei das Ziel. „Dazu braucht es aber noch viel Forschungsarbeit“, so Reiner Brunsch.

Ein Schlüsselerlebnis war für Agrarforscher Jürgen Kern, als er vor fünf Jahren im Amazonasgebiet auf ein Dorf namens „Terra Preta“ stieß – zu deutsch: „Schwarze Erde“. Hier wird eine der Biokohle ähnliche Substanz seit Jahrhunderten von den Einheimischen hergestellt und zur Aufwertung der Böden genutzt.

Ein weiteres Plus der Biokohle ist, dass sie sogar die Energieausbeute von Biogas erhöhen kann. Wobei mit ihrer Hilfe auch landwirtschaftliche Abfälle zur Gasgewinnung genutzt werden können, die bislang tabu waren. Zum Beispiel stickstoffreicher Hühnermist, hier kann Biokohle im Gärprozess störende Einflüsse reduzieren. „Biokohle kann genau dort wirken, wo die Biogaserzeugung an ihre Grenzen stößt“, sagte Jan Mumme.

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