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Geheilt. Hans-Jürgen Kemper (M.) ist einer von rund 500 Patienten, die im vergangenen Jahr am Zentrum für Schnarchen und Schlafmedizin am Klinikum Ernst von Bergmann behandelt worden sind. Chefärzte dort sind Hans Grundig (l.) und Jörg Günther (r.).

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Wenn Schlafen rädert

Seit einem Jahr gibt es das Zentrum für Schnarchen und Schlafmedizin: Es soll erweitert werden

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Innenstadt - In der Nacht war Hans-Jürgen Kempner früher nicht zu überhören. So laut schnarchte er, dass seine Frau ihn bereits ins Gästezimmer verbannt hatte. Und manchmal bekam er auch schon keine Luft mehr. „Das war richtig extrem bei mir gewesen“, sagt der 68 Jahre alte Mann. Inzwischen hat er diese Beschwerden nicht mehr. Gestern präsentierte das Klinikum „Ernst von Bergmann“ den Mann aus Wilhelmshorst als einen der erfolgreich behandelten Patienten am interdisziplinären Zentrum für Schnarchen und Schlafmedizin, dass nun seit einem Jahr in Potsdam existiert.

Eine erste Bilanz der Arbeit gegen die chronisch sägenden Atemgeräusche fiel gestern weitgehend positiv aus. Das Anti-Schnarch-Zentrum ist nach eigenen Angaben das einzige dieser Art in Brandenburg, ein vergleichbares Angebot gäbe es nur an der Charité. Entsprechend sei der Andrang: Rund 500 Menschen wurden im vergangenen Jahr behandelt. „Wir wollen unsere Kapazitäten erweitern“, sagt Oberarzt Jörg Günther.

Zusammen mit seinem Kollegen, dem Hals-Chirurgen Hans Grundig, betreut der Arzt die lautstarken Patienten. Denn Schnarchen kann nicht nur die Partnerschaft belasten, sondern auch der Gesundheit schaden. Besonders problematisch sind Atemaussetzer: Unter dem sogenannten Schlafapnoe-Syndrom leiden vier Prozent der Bevölkerung. Wegen der verringerten Sauerstoffzufuhr für Herz und Hirn fühlen sich die Betroffenen am nächsten Tag wie gerädert. „Ich hatte in diesem Jahr drei Patienten, die auf Arbeit immer wieder Ärger bekamen, weil sie tagsüber eingeschlafen sind“, erzählt Jörg Günther.

Kurzfristig Abhilfe können zwei Therapien bringen: Entweder bringt eine Operation Abhilfe, oder die Patienten entscheiden sich für mechanische Hilfe – etwa Gaumenspangen und in schweren Fällen für ein Atemgerät samt Gesichtsmaske. Die Erfolgsquote bei der künstlichen Beatmung liegt bei 95 Prozent. Und bis zu 80 Prozent der Patienten kann ein chirurgischer Eingriff helfen.

So war es bei Hans-Jürgen Kempner. Der Rentner hatte chronisch entzündete Nasennebenhöhlen, an den stetig gereizten Schleimhäuten wucherten schon schmerzhafte Geschwülste – umso leichter schnarchte er, umso schwerer fiel ihm nachts das Atmen. Bei der Operation im Klinikum sind ihm von Facharzt Hans Grundig die Polypen entfernt und der zu lange Gaumen verkürzt worden.

Doch gibt es noch mehr Gründe, warum Menschen schnarchen. Schon eine zu große Zunge und ein kleiner Unterkiefer können den Atemweg derart verengen, dass die so geräuschvollen Flatterbewegungen des Gaumens und des Zäpfchen entstehen. Ebenso kommen im Alter erschlaffende Muskeln als Schnarch-Ursache infrage. Dazu beobachtet Jörg Günther „viele übergewichtige Patienten“.

Sind die einmal behandelt, haben ihre Arztbesuche noch kein Ende. Die Beatmungsgeräte werden laut Günther „lebenslang“ empfohlen, sonst kommen die Symptome schnell wieder. Und selbst die Operation bietet laut Grundig nur eine Gewähr für bis zu fünf Jahre ohne Beschwerden. Doch die regelmäßigen Nachkontrollen scheut Hans-Jürgen Kempner nicht. Er ist noch aus einem anderen Grund froh über seine Behandlung: seine Nase funktioniert wieder besser. „Vorher konnte ich nichts anderes mehr riechen außer Benzin und Ammoniak.“ H. Kramer

H. KramerD

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