Etwas HELLA: Wenn wir schwimmen Seit an Seit
Wir mussten zusammenrücken. Wir Winterschwimmer.
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Wir mussten zusammenrücken. Wir Winterschwimmer. Und es gelingt, mit Abstrichen natürlich. Es wurde zwar eng am Brauhausberg, seit die Schwimmhalle im Luftschiffhafen wegen Baumängeln geschlossen ist. Doch Not macht erfinderisch und so finde ich es gut, das ganze Schwimmbecken zumindest am Vormittag in Bahnen aufzuteilen. Da muss es nicht einmal eine Kennzeichnung der Bahnen als „slow“, „fast“ oder „middle“ geben, wie ich das in Australien erlebt habe. Mir reicht es durchaus, wenn ich mich am Beckenrand vergewissern kann, wie der Hase läuft, pardon, wie zügig die Schwimmer loslegen und auf welcher Bahn man einem Kinnhaken oder einem Rippenstüber am besten entgeht. Leider bleibt bei der Bahnschwimmerei kaum Platz für ein Kaffeekränzchen im Wasser. Duos, die sich nebeneinander gemächlich paddelnd die Neuigkeiten der letzten Woche mitteilen, haben schlechte Karten. Ebenso wie die Liebespärchen, die sich aneinander oder an den Beckenrand klammern und so ein Schwimmhindernis bilden.
Den weniger zielstrebigen Schwimmern bleibt ja noch der Nachmittag. Dann ist an ein Durchmessen der 50-Meter-Bahnen ohnehin nicht mehr zu denken. Nach 15 Uhr gibt man am besten solche Vorsätze auf und begnügt sich, mit den anderen kreuz und quer durchs feuchte Element zu kurven. Ich habe sogar erlebt, dass mehrere Wasserebenen genutzt werden und dass plötzlich aus dem Untergrund Wassernixen auftauchen. Blitzartig. Schrecksekunde eingeschlossen. Da aber bisher noch keine heftigen Zusammenstöße und schwere Verletzungen unter oder über dem Wasser gemeldet wurden, scheint eben auch Etagenschwimmen möglich zu sein. Ob die Sportler allerdings das Zusammenrücken auch als gelungen bezeichnen, wage ich zu bezweifeln und so hat mich die Forderung einer Initiative, die Brauhausbergschwimmhalle nur noch für den Sport zu nutzen, stark verunsichert.
Wie gut, dass der Film „Die Frau, die sich traut“ mir da neue Perspektiven eröffnet hat. Die sich trauende Frau ist eine ehemalige Sportlerin, die für ihren Lebenstraum, die Durchquerung des Ärmelkanals, trainiert. Nun will ich es keineswegs so weit treiben. Aber bei der Vorbereitung auf den Trip zwischen Calais und Dover steigt die Frau in eine Badewanne mit Eisstückchen, um sich abzuhärten. Wenn ich das auch schaffe, wäre ich im Winter nicht mehr auf die Halle angewiesen und könnte, sofern sie nicht zugefroren sind, ohne Unterlass in die Havelseen steigen. Doch allein der Gedanke, jetzt gleich in eine Badewanne mit kaltem Wasser und Eiswürfeln einzutauchen, lässt mich stark so stark frösteln, dass ich mich erst einmal für eine heiße Dusche entscheide.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
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