Landeshauptstadt: Wer den Schlossbau bestimmt
Rekonstruktion als Stilmix oder Brache: Experten diskutierten Landtagsbau
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Innenstadt - Es geht gar nicht um das Stadtschloss – zumindest nicht um die Architektur des Schlosses, sagte Architekt Manfred Ortner am Donnerstagabend im Alten Rathaus. Im Symposiums über die Stadtmitte erklärte der Potsdamer Fachhochschul-Professor, worum es seiner Meinung tatsächlich gehe: „Es gibt nichts, wo Potsdam ein Herz hat“, so Ortner: „Der Motor des Ganzen fehlt.“ Die ehemalige Königsresidenz mit ihrem Bezug zur Nikolaikirche und dem Alten Rathaus könnte dieses Herz sein. Denn das Ensemble sei einmalig.
Die Gäste im Podium der Abschlussveranstaltung der Vortragsreihe „Politik in Stein – Architektur und Macht in Berlin und Brandenburg“ diskutierten vor allem den bereits zweimal von den Stadtverordneten abgelehnten Landtagsbau auf dem Areal des früheren Stadtschlosses. Dieses „original aufzubauen“ sei „modern und richtig“, so Ortner. Denn es gebe keinen Stil, ein Barockschloss sei genauso modern wie ein Glasbau. Es sei schlicht„unverzeihlich“ den Wiederaufbau nicht zu wagen, so Ortner. Anders sieht das dagegen die Leiterin der Sammlung Baukunst an der Berliner Akademie der Künste, Eva-Maria Barkhofen. Die Kunsthistorikerin propagierte den Mut zur Brache. Sie fände es gut, das Potsdam noch welche habe. Diese könnte man vorerst als Grünflächen gestalten. Denn es sei „wichtig, sich Zeit zu lassen, um einen Kompromiss zu finden, der gut für die Bürger ist“, so Barkhofen.
Auch dürfe niemand vergessen, dass das Schloss nach dem Wiederaufbau in einer veränderten Umgebung stände, so der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh. Das Mercure-Hotel existiere jetzt und auch die Straßen und die Brücke verliefen heute anders als vor dem Abriss des Knobelsdorff-Baus. Der Architekturkritiker und Autor zahlreicher Sachbücher Gerwin Zohlen ist ohnehin der Ansicht, dass der „Rekonstruktionswille“ der Bevölkerung daher rührt, dass es zurzeit keine funktionierende Moderne gebe. Für Ortner scheint das kein Problem zu sein: Man könne ja verschiedene Stile mixen und daraus einen neuen schaffen. Als positives Beispiel hob das Podium das Gebäude der Potsdamer Architektin Nicola Fortmann-Drühe am Neuen Markt hervor, das diese an der Stelle des im Krieg zerstörten Baus von Johann Gottfried Bühring konstruiert hat: Die Lückenschließung sei hier gelungen, so Dorgerloh. Die verletzte Stadtstruktur wurde repariert, ohne das verdeckt bliebe, dass es sich um eine Reparatur handele.
Doch eigentlich hieß das Motto des Abends: „Wessen ist die Stadt?“ Wem gehört sie, wer macht sie, fragte der Berliner Architekturkritiker Falk Jaeger, der die Veranstaltung moderierte. Wer bestimmt also, wie die Potsdamer Mitte auszusehen hat? Die Bürger oder die Architekten, deren Werke später die Stadt prägen? Oder die Bauherren? „Nicht wer im Landtag sitzt, hat über Potsdams Herz zu bestimmen, sondern wir selbst“, meint Ortner. Dorgerloh bezweifelte allerdings, „dass Potsdams Stadtverordnete die besten Bauherren sind“. Das Prinzip der kommunalen Planungshoheit sei vielleicht doch falsch, so Dorgerloh. Auch sollten nicht diejenigen das Sagen haben, die das Geld haben, betonte Dorgerloh. Dass die Stadt sich einen Bebauungsplan vom Bauherren anfertigen lässt wie in Bornstedt, sei ein Armutszeugnis, so der Stiftungsdirektor in Anspielung auf die dort geplante Semmelhaack-Siedlung. Zudem müsse Potsdam bei der Stadtplanung auch an seine Besucher denken, so Ortner: „Potsdam gehört auch den Touristen.“ Dem stimmte Zohlen nur eingeschränkt zu: „Die Stadt gehört allen und somit keinem.“ Juliane Wedemeyer
Juliane Wedemeyer
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