Landeshauptstadt: Wer wird „Carmen“?
Die Seefestspiele gehen in die zweite Saison: Diesmal inszeniert der Regisseur Volker Schlöndorff Bizets Opernklassiker für die Freiluft-Bühne am Wannsee. Die Hauptdarsteller werden per Casting gesucht, Chor und Orchester kommen aus Potsdam
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Deutschland und Frankreich suchen den Opernstar: Wer wird Carmen? Per Casting-Aufruf wollen die Initiatoren der Seefestspiele Berlin die Hauptdarsteller für die zweite Auflage des Opern-Freiluft-Festivals am Wannsee finden. Nach der Premiere mit Mozarts „Zauberflöte“ im vergangenen Jahr steht diesmal Georges Bizets „Carmen“ auf dem Programm – inszeniert vom Filmemacher, Oscar-Preisträger und Wahlpotsdamer Volker Schlöndorff, der das Projekt am Montag gemeinsam mit den Veranstaltern und Kooperationspartnern in Berlin vorstellte. Größter Clou: Es gibt ein öffentliches Casting für die vier Hauptrollen Carmen, Don José, Micaëla und Escamillo – in Zusammenarbeit mit dem deutsch-französischen Fernsehsender Arte, der das Ganze unter dem Titel „Open Opera: Wer wird Carmen?“ in einer sechsteiligen Dokumentation ausstrahlen wird.
Mit „weit über 100 Bewerbungen“ rechnet Intendant Christoph Dammann auf den Aufruf, über dessen Details man sich ab dem heutigen Dienstag im Internet auf www.arte.tv/openopera informieren kann. „Wir suchen ausgebildete Stimmen, klassische Opernsänger mit Bühnenerfahrung“, erläutert Dammann: „Wir sind aber auch offen für Überraschungen.“ Auch ein stimmlich begabter Pizzabäcker also könne sein Glück versuchen. Aus allen Bewerbungen, die bis 31. April eingehen, soll zunächst eine Vorauswahl getroffen werden. Das eigentliche „TV-Casting“ findet Mitte Mai in Berlin statt. Tenor und Star-Stimmtrainer David Lee Brewer entscheidet dann gemeinsam mit Intendant Dammann, Regisseur Volker Schlöndorff und der musikalischen Leiterin – wie im Vorjahr die gebürtige Sorbin Judith Kubitz – über die Besetzung. Ein Prozess, der sonst hinter den Kulissen geschieht.
Was für die Opernwelt ein Experiment ist, kann Filmemacher Schlöndorff indes nicht irritieren. Kameras, die die eigene Arbeit beobachten, seien heutzutage am Set selbstverständlich, sagte er: „Es entsteht ja kein Film mehr ohne Making Of.“ An der Arbeit für die Seefestspiele habe ihn vor allem der „Volkstheatercharakter“ gereizt, sagte der Wahlpotsdamer: „Da kommen 4000 Zuschauer, beinahe ein kleines Fußballstadion – denen muss man auch etwas bieten.“
Zum Beispiel das imposante Bühnenbild, das Szenenbildner Volker Hintermeier gestern im Modell zeigte: Ein zwölf Meter hoher und 24 Meter breiter Fächer dominiert die Szenerie – er soll wind- und wetterfest aus Stahl, aber dennoch filigran gefertigt werden. Die Bühne wird im Vordergrund mit einer Wagenburg vervollständigt, auf weiße Laken, die an einer Wäscheleine aufgezogen werden, können Filmszenen projiziert werden.
Seine „Carmen“ wird nicht im spanischen Sevilla, sondern in Kuba spielen, erklärte Volker Schlöndorff. Der Inselstaat sei sowohl von der Gesellschaft als auch von der Architektur „wie in einer Zeitkapsel eingeschlossen“, was dem Opernstoff entgegenkomme: „Heute kann ich mir die Carmen nicht vorstellen. In den 50er Jahren schon.“
Während die Suche nach den Hauptdarstellern jetzt erst beginnt, steht schon jetzt fest, dass Potsdam in großer Zahl auf der Bühne vertreten sein wird, wenn am 16. August die Premiere für das Festival mit zwölf Vorstellungen gefeiert wird: Denn musikalisch begleitet werden die Opernsolisten von der Kammerakademie Potsdam, die bereits im Vorjahr mit dabei war. Auch Ud Joffes Neuer Kammerchor Potsdam ist zum zweiten Mal mit von der Partie, ein Kinderchor soll mit Potsdamern vom Kinderchor der Erlöserkirchengemeinde besetzt werden, wie der Intendant Christoph Dammann – auch er ist Wahlpotsdamer – sagte.
Bekanntlich sollten die Seefestspiele ursprünglich auf der Halbinsel Hermannswerder etabliert werden: Nach anhaltenden Protesten von Naturschützern und Anwohnern entschieden sich die Veranstalter um Peter Schwenkow von der Deutschen Entertainment AG im vergangenen Frühjahr jedoch für einen Umzug an den Wannsee. Auch dort wurde wegen behördlicher Bedenken aus der Ursprungsidee, einer Bühne auf dem Wasser, nichts. Es wurde jedoch ein Kompromiss gefunden und die Bühne ans Ufer verlegt. Dort soll sie auch in diesem Jahr wieder errichtet werden, wie Peter Schwenkow sagte. Genehmigungsprobleme erwartet er daher nicht.
Karten für 40,50 bis 85,90 Euro im Internet auf: www.seefestspiele-berlin.de
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