Landeshauptstadt: Wertvolle Bruchbuden
In Potsdam sind aktuell 20 denkmalgeschützte Anlagen und Gebäude dem Verfall preisgegeben
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Es geht um eigentlich wertvolle Häuser – aber mit Fäule in den Mauern und bröckelnden Fassaden. Und oft gibt es nur wenig Hoffnung auf baldige Besserung: In Potsdam gibt es aktuell 20 denkmalgeschützte Anlagen und Gebäude, bei denen die Gefahr besteht, dass sie unwiederbringlich verfallen. Auf zehn Objekte – etwa den jüdischen Friedhof in der Puschkinallee 18, das Schloss im Ortsteil Satzkorn oder die Bockwindmühle in Fahrland – blicken die Denkmalschützer im Bauamt angesichts des fortschreitenden Niedergangs mit besonderer Sorge. Das geht aus einer aktuellen Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Stadtverordneten Saskia Hüneke hervor.
Die Lage ist zum Teil derart dramatisch, erklärt das Denkmalamt in seinen Ausführungen, dass es „in mehreren Fällen“ gegen Eigentümer der Objekte bereits Zwangsmaßnahmen nach dem Denkmalschutzgesetz eingeleitet hat. Diese reichen von Strafzahlungen bis hin zur Beseitigung von Mängeln auf Kosten der Besitzer. Doch selbst das reicht manchmal nicht. Im Fall des 1735 errichteten Kolonistenhauses in der alten „Kolonie Nowawes“ in der Benzstraße 22 hätten die Forderungen der Denkmalschützer trotz mehrjähriger gerichtlicher Auseinandersetzungen mit dem Eigentümer „bislang keinen Erfolg“ – obwohl das Haus nach jahrelangem Leerstand als „einsturzgefährdet“ eingestuft wird.
Probleme mit den Eigentümern haben die Denkmalschützer auch beim im 18. Jahrhundert gebauten Gutsschloss Satzkorn und bei der mehr als 250 Jahre alten Bockwindmühle – obwohl beide Objekte „dringend“ einer Sanierung bedürften. Jedoch könnten Zwangsmaßnahmen nicht durchgesetzt werden, da die Besitzer insolvent seien, so die Behörde. Gleichwohl wurden bei der Mühle bereits die Flügel als „Sicherungsmaßnahme“ abmontiert – und auch beim Satzkorner Schloss sei der Verfall „sichtbar“ vorangeschritten. Zumindest hier solle nun eine Machbarkeitsstudie unter „denkmalpflegerischen Aspekten“ mögliche Nutzungsarten untersuchen, um geeignete Interessenten für das Objekt zu finden, teilte Stadtsprecher Stefan Schulz den PNN gestern auf Nachfrage mit: „Das dokumentiert die Bemühungen der Denkmalschutzbehörde, in solchen Fällen die Initiative zu ergreifen.“
Dabei gibt es auch Erfolgserlebnisse: So könne im Fall der 1891 gebauten und seit fast zehn Jahren leerstehenden Villa Maurer in der Puschkinallee 6 in der Nauener Vorstadt „mit hoher Wahrscheinlichkeit Entwarnung gegeben werden“, so die Stadtverwaltung. Inzwischen stehe das Haus zum Verkauf – und angesichts der in Potsdam bestehenden Nachfrage nach hochwertigen Objekten könne „vermutlich“ von einer Sanierung in absehbarer Zeit ausgegangen werden.
Ungesichert ist dagegen die Zukunft der so genannten Neuen Halle auf dem RAW-Gelände an der Friedrich-Engels- Straße beim Hauptbahnhof. Der dortige Investor, der Bauunternehmer Semmelhaack, erwäge einen „Teilabbruch“, so die Denkmalschutzbehörde. Diese Idee sei „wiederholt als Überlegung geäußert worden“, so die Denkmalschutzbehörde, sie resultiere vermutlich aus Mangel an „erhaltungsbezogenen Nutzernachfragen“. Solange konkrete Möglichkeiten zur Zukunft der Halle nicht spruchreif seien, bleibe die Gefahr des Abbruchs „latent“ vorhanden. Ein Denkmal sei immer erst gesichert, wenn es eine „längerfristige Nutzungsperspektive“ gibt. Diese soll es beim Heidehaus am Findling in der Großbeerenstraße bald geben. Auch dieses Gebäude ist laut Stadtverwaltung „einsturzgefährdet“, es gehöre zu den gefährdetsten denkmalgeschützten Objekten in Potsdam. Zuletzt hieß es dazu, als Teil des neuen Sanierungsgebietes „Am Findling“ solle das im Besitz der kommunalen Pro Potsdam befindliche Objekt gerettet werden – wenn die Nutzung feststeht. Als „dringend“ sanierungsbedürftig wird von der Stadt auch das alte Amtshaus Bornim in der Rückerstraße klassifiziert – allerdings würde der Eigentümer es statt zu sanieren lieber verkaufen. Dies aber scheitere nach Einschätzung der Denkmalschützer am zu hohen Verkaufspreis.
Auch um Friedhöfe sorgt sich das Rathaus: Sowohl beim alten Friedhof an der Heinrich-Mann-Allee 105 als auch beim jüdischen Friedhof in der Puschkinallee 18 sei „ein rapider Zerfall der Grabsteine“ aus dem 18. Jahrhundert zu verzeichnen. Noch schlechter ist es um die Zukunft des Müller-Wohnhauses in der Böcklinstraße in der Berliner Vorstadt bestellt: Inmitten der dort entstehenden Villen sei das um das Jahr 1800 herum errichtete Objekt nur „schwer an den Mann zu bringen“. So warnen die Denkmalschützer vor der Gefahr des Abbruchs, wegen „Unzumutbarkeit“ der weiteren Erhaltung. In besserem Zustand ist die ehemalige Lokfabrik „Orenstein & Koppel“ in der Wetzlarer Straße: Dort seien während der vergangenen 15 Jahre zumindest Dach und Fassade teilweise repariert worden. Zugleich aber haben die Denkmalschützer bei der riesigen Halle keinerlei Handlungsoption für die Zukunft parat.
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