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Landeshauptstadt: Wie bei den Kronjuwelen

Hunderte Fans kamen am Freitag zum UCI-Kino, um ein Autogramm von Kultstar Bud Spencer zu ergattern

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Sie hatten Geduld mitgebracht, die Fans von Haudrauf-Filmlegende Bud Spencer. Und geduldig zeigte sich auch der 83-jährige italienische Schauspieler, Ex-Sportler und Autor selbst. Jeder bekam am Ende sein Autogramm. Dabei reichte die Schlange zwischenzeitlich vom Signiertisch im Kinosaal 3 des UCI bis zum Bahnhofs-Ausgang an der Langen Brücke. Ans Fäusteverteilen, für das Spencer so auf der Leinwand berühmt geworden ist, dachte niemand. Beinahe andächtig warteten die Fans – viele trugen ihr Idol oder ihren Lieblingsfilm auf der T-Shirt-Brust – auf eine kurze Begegnung.

Weit mehr als 600 Menschen waren gekommen, wie ein Kinomitarbeiter schätzte. Ganz vorn an der Schlange warteten drei Hamburgerinnen – seit 12 Uhr mittags. „Wir haben uns extra freigenommen und übernachten heute auch hier“, erzählte Julia Feuersenger. „Ich bin aufgewachsen mit den Filmen“, sagte die 32-Jährige und ihre Freundinnen pflichteten ihr bei. Philipp Schmidt war aus Dresden nach Potsdam gekommen – zwar hatte Spencer zuvor auch in einem Dresdener Kino gelesen. „Da bin ich aber nicht reingekommen, ich habe ihn nur kurz am Personaleingang gesehen“, erzählte der 23-jährige Student, der mit seinem Bruder Alexander kurzfristig in Potsdam sein Glück versuchte. „Unser Opa war großer Fan von Bud Spencer“, erklärte er. Zum 18. Geburtstag habe er die erste Box mit Spencer-Filmen geschenkt bekommen: „Mittlerweile habe ich knapp 50 Filme.“ Die Prügelszenen und die Sprüche lieben die beiden besonders an ihrem Helden.

17.21 Uhr kommt der endlich an den Signiertisch, stellt den Holzstock ab, begrüßt die Fotografen mit mildem Lächeln. „Gutten Tag!“ Dann muss es sehr schnell gehen: Die Fans werden an dem Tisch vorbeigelotst, zwei Kino- und Verlagsmitarbeiter nehmen die Bücher entgegen, schlagen sie an der richtigen Stelle auf, schieben sie dem Kultschauspieler unter die Feder beziehungsweise den Edding und dann weiter ans Tischende und zurück an den glücklichen Besitzer. „Der nächste bitte!“, „Nicht stehen bleiben!“, mahnen die Mitarbeiter zur Eile. Es ist ein bisschen wie bei den Kronjuwelen in London, scherzt jemand in der Schlange.

Trotzdem sind bei den Fans fast nur beseelte Blicke zu sehen, einige haben Tränen in den Augen. „Leider war es zu kurz – aber es ist toll, ihn live zu sehen“, schwärmt die Hamburgerin Julia Feuersenger. „Ein Wahnsinns-Erlebnis“, findet auch der Potsdamer Jens Thierling. Die Bud-Spencer-Filme kenne er seit Kindertagen, habe sie damals mit seinem Vater zusammen geschaut, erzählt der 35-jährige Ingenieur. „Heute kannst du alle Dialoge mitsprechen“, neckt ihn seine Freundin. „Seine Ausstrahlung ist phänomenal“, schwärmt auch der 27-jährige Robert, der aus Berlin angereist war: „Bud Spencer war der Held meiner Kindheit, ich habe alle Filme gesehen.“ Heute fährt er einmal im Jahr zum Bud-Spencer-Fantreffen: „Wir treffen uns, sehen gemeinsam Filme und essen Bohnen“ – das legendäre Gericht aus den Italo-Western, die Spencer mit Terence Hill gedreht hat.

Das Kino 3 ist bis auf den letzten Platz besetzt, als eine gute Stunde später das Podiumsgespräch beginnt. Spencer wird von seinen Fans mit minutenlangem stehenden Applaus begrüßt. Er kennt das – und es bewegt ihn trotzdem. „Jedes Mal, wenn ich diesen Applaus aufbranden höre, bin ich gerührt“, sagt der 83-Jährige und zeigt sich im Gespräch mit dem Verleger Oliver Schwarzkopf philosophisch, witzig und lebensweise. Befragt nach seiner Gesundheit – Spencer hatte den ursprünglich angesetzten Potsdam-Besuch im Herbst vergangenen Jahrens krankheitsbedingt absagen müssen – lächelt er nachsichtig. „Mein Kopf ist 28 Jahre alt. Der Rest ist eine Katastrophe.“

Aber für die schweren Stunden des Lebens gebe er in seiner Geburtststadt Neapel eine Art Generalrezept, erklärt er: „Futto Dene.“ Der Spruch heißt soviel wie: „Mach dir nichts draus“, „Schüttele es ab“ – und sei bei Katastrophen aller Art am Platz. „80 Prozent von allem, was einem so passiert, ist doch absolut bedeutungslos“, philosophiert Spencer, der mit bürgerlichem Namen Carlo Pedersoli heißt und vor seiner Schauspielerkarriere Profi-Schwimmer war. Der Freund hat dich ausgenutzt, die Frau ist weggelaufen, du bist alt geworden? „Futto Dene!“

Die Verehrung durch seine Fans scheint der Schausspiellegende sogar ein bisschen unheimlich zu sein: „Ich bin lieber ein Jedermann als ein Idol“, sagt der 83-Jährige. „Es ist doch letztlich der Zufall und das Glück, das mich mit bestimmten Fähigkeiten ausgezeichnet hat.“ Anders als sein Filmpartner Terence Hill, der übrigens immer noch bei ihm Spaghetti essen komme, habe er das Schauspielern nie professionell gelernt. Und die Zuneigung des Publikums könne ohnehin von einem Tag auf den anderen auch wieder aufhören, fügt er hinzu. Das will im Potsdamer Kinosaal in diesem Moment allerdings niemand glauben.

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