
© Andreas Klaer
Neue Krimi-Buchhandlung in Potsdam: Wie blutig darf es sein?
In Potsdam wird heute eine Krimi-Buchhandlung eröffnet. Bei Carlotta & Company gibt es Klassiker und internationale Neuerscheinungen für Liebhaber von Gift und Grusel, Mord und Korruption
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Bis zuletzt waren Gunda Isik und Wolf-Christian Lewin mit dem Auspacken der Bücherkisten beschäftigt. Am heutigen Samstag ist nun alles fertig, die Regale gefüllt, die Lesesessel platziert – Potsdams erste Krimibuchhandlung Carlotta & Company wird heute eröffnet.
Die Stadt könne durchaus einen weiteren Buchladen vertragen, dachten sich die beiden Inhaber. Lewin, der bis vor kurzem noch als Fischereibiologe arbeitete, und Isik, die eine Buchhaltungsfirma betrieb, hatten schon lange die Idee dazu. Im Herbst gingen sie gezielt auf die Suche nach Geschäftsräumen in der Innenstadt. Nun sind sie in ein früheres Teegeschäft am Platz der Einheit eingezogen. Hier soll die ganze Bandbreite guter Krimiliteratur erhältlich sein. Klassiker von Edgar Allen Poe, der im literaturwissenschaftlichen Sinne die Krimisparte begründete, internationale Neuerscheinungen, Spannendes aus und über Brandenburg von Jean Wiersch und Franziska Steinhauer, Gothic Novels und Cartoons. Sogar ein kleines Antiquariat soll es geben.
In der Leseecke für Kinder finden sich „Die 3 ???“. „Und natürlich der Klassiker: Erich Kästners Emil und die Detektive“, sagt Lewin. Er hat eine ganz persönliche Beziehung zur Detektivarbeit: „Mein Vater arbeitete in der Nachkriegszeit in West-Berlin als Privatdetektiv“, sagt Lewin. Er beschattete Schwarzmarkthändler und war in Sachen Entnazifizierung unterwegs. „Bis er keine Lust mehr hatte, immer eins auf die Mütze zu kriegen“, so Lewin. Die Schilderungen aus dieser Zeit fand er als Kind immer sehr aufregend.
Im Laden kann man nun maschinegeschriebene Originalprotokolle des Vaters anschauen, Lewin hat sie wie eine Tapetenbahn an die Wand geklebt. Außerdem gibt es eine Vitrine, in der antiquarische Bücher, seltene Krimis aus den 1920er Jahren beispielsweise, ausgestellt werden.
Das Genre Krimi nimmt das größte Marktsegment der Belletristik ein, sagt Isik. Jede vierte Neuerscheinung ist einer. Ob ein Buch auch tatsächlich ein Krimi ist, hängt von der Struktur ab. „Es muss eine Art Verbrechen stattfinden, vorzugsweise am Anfang, dann ein Vorgang der Ermittlung und schließlich die Aufklärung folgen. Die muss sich logisch herleiten, kein Überraschungseffekt, das beleidigt den intelligenten Leser“, sagt Isik.
Natürlich halten die beiden Buchhändler auch Werke für Liebhaber knackiger Thriller vorrätig, wo es vordergründig darum geht, den Täter zu entlarven. Doch ein guter Krimi bietet mehr als die Auflösung, wer der Serienkiller ist. „Da kann es mal um landestypische Aspekte, politische Verhältnisse, Historisches oder Kulinarisches gehen“, sagt Gunda Isik.
Der Schwerpunkt im Laden liegt auf Werken internationaler Autoren, die in ihren Büchern gesellschaftspolitische Themen ansprechen. In manchen Ländern sei es nicht möglich, politische Verhältnisse offen zu kritisieren, dann wird es in Literatur verpackt. Was die Autoren dennoch häufig in Schwierigkeiten bringt. „Yasmina Khadra aus Algerien lebt jetzt im Exil in Frankreich“, sagt Isik. In seinen Büchern beschreibt er die Bombenanschläge, Korruption und ökonomische Perspektivlosigkeit in seinem Heimatland. Und lässt einen unbestechlichen Kommissar ermitteln. Die Krimis des türkischen Schriftstellers Emrah Serbes mit Hauptkommissar Behzat Ç. wurden sogar im Land verfilmt, doch seitdem er 2013 an den Protesten gegen die Regierung teilnahm, bekommt er nur wenige Aufträge. Bei Carlotta & Company sind seine Bücher zu bekommen.
Die Bibliothek in Sichtweite sehen sie nicht als Konkurrenz. „Bei uns gibt es mehr Aktuelles“, sagt Isik. Und dass man Krimis nur einmal lesen kann, weil dann die Spannung verloren ist, sei ein Irrtum. „Das geht durchaus. Dann achtet man auf neue Details, sieht ganz andere Dinge“, sagt Lewin. „Den Namen der Rose kann man auch mehrmals lesen.“ Wer noch tiefer in das Krimischreiben und -lesen eindringen möchte, für den wird eine kleine Auswahl an Sekundärliteratur vorgehalten. „Da kann man sein theoretisches Wissen zu Ermittlungstechniken erweitern oder lernen, wie man einen Bericht aus der Pathologie deuten muss“, sagt Isik.
Beide Inhaber verstehen das Geschäft mit den Krimis nicht als oberflächliche Unterhaltung. Sie wollen ihren Laden deshalb auch mit Lesungen von Autoren, Schauspielern oder Wissenschaftlern bespielen. Er soll ein Treffpunkt für Krimifans werden. Der Wunsch spiegelt sich im Namen wieder: „Carlotta“ steht für die Kommissarin der Bücher von Linda Barne, das „ Company“ für einen berühmten Buchladen in Paris. „Der hieß Shakespeare & Company, ein Szenetreff internationaler Schriftsteller“ , sagt Isik.
Neben dem breiten Angebot ist beiden die Beratung ihrer Kunden wichtig, sagt Isik, die wie Lewin mehrere Bücher pro Woche liest. „Ich brauche ein paar Stichworte, wo es spielen soll, wie blutig es sein soll oder ob eher humorvoll, dann finde ich schon was,“ sagt Isik.
Friedrich-Ebert-Straße 109, Geöffnet Dienstag bis Freitag 11 - 19 Uhr, Samstag 10 - 18 Uhr.
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