Landeshauptstadt: Wie in der Kirche
Türkische Delegation fragte im Stadthaus nach / Gegeneinladung nach Bursa
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Innenstadt – Und das soll ein Rathaus sein? Die Gäste, die im Blauen Salon des Stadthauses in der Friedrich-Ebert- Straße auf ihren Empfangstermin warten, rätseln über die Geschichte des Gebäudes: „War das vorher eine Kirche?“, spekulieren sie. Es ist eine neunköpfige Delegation aus Bursa, der viertgrößten Stadt der Türkei. Noch bis heute ist sie in Potsdam zu Gast – auf Einladung des Türkisch-Deutschen Clubs Potsdam e.V. (TDC). Auf dem Wochenprogramm standen unter anderem Besuche im Bundesverkehrsministerium und in der Türkischen Botschaft in Berlin (PNN berichteten). Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) begrüßte die Gruppe – unter ihnen die stellvertretenden Bürgermeister und Mitarbeiter der Abteilung Stadtentwicklung – gestern Vormittag im Stadthaus und zeigte die Arbeit im Bürgerservice.
Dort, im Erdgeschoss des Hauses, fällt den Besuchern die vergleichsweise kirchliche Ruhe auf: Beim Rundgang staunen nicht nur die Potsdamer, die ihre Meldeangelegenheiten regeln wollten. Bei der Meldestelle in Bursa gehe es viel lauter und lebhafter zu, erklärt Levent Dervisoglu, TDC-Mitglied und Unternehmer aus Falkensee. Als Erinnerung gibt Bürgerservice-Mitarbeiterin Monika Birk den Gästen eine „Neubürgertüte“ mit Tageszeitungen und Informationsmaterial in die Hand.
Im Gespräch mit dem Bürgermeister und Finanzbeigeordneten Exner fragen die Gäste oft nach: Sei es nach der Zahl der in der Stadtverwaltung Beschäftigten – etwa 2000 – oder dem Stadthaushalt – zirka 400 Millionen Euro pro Jahr. Auf die Frage nach den politischen Verhältnissen im Rathaus antwortet Exner diplomatisch: „Unübersichtlich.“ Lediglich die Zahl der weiblichen Stadtverordneten gibt er optimistisch geschätzt mit „fast 50 Prozent“ an. Tatsächlich sind nur 18 der insgesamt 50 Stadtverordneten Frauen.
Noch detailreicher gerät der Vortrag von Stadtplanungschef Andreas Goetzmann. Er erläutert die Arbeit der Bauverwaltung von der Erstellung des Flächennutzungsplans bis zur Bauaufsicht und gibt einen Kurzabriss zur Potsdamer Baugeschichte nach 1990. Da es sich um das Fachgebiet der Gäste handelt, ergeben sich auch hier wieder viele Nachfragen: Können Baugenehmigungen verfallen? Wer kontrolliert die Bauvorhaben? Was passiert, wenn jemand schwarz baut? Inwieweit wird die Öffentlichkeit in die Planungen eingezogen?
Goetzmann erinnert sich noch undeutlich an einen eintägigen Besuch in Bursa: 1973 oder 1972 sei das gewesen. Exner dagegen ist nach eigenem Bekunden noch nie in die Türkei gereist – obwohl er aus seiner Jugendzeit in Berlin „eine Menge türkischer Freunde“ habe.
Umso mehr freut er sich über die Einladung zum Gegenbesuch, die Ayhan Sezer, der stellvertretende Bürgermeister, ausspricht. Sezer überreicht Exner und Goetzmann auch je einen Bildband aus der Stadt, die früher einmal Hauptstadt des osmanischen Reiches gewesen ist. Es gebe dort viele historische Werke aus osmanischer Zeit, erklärt er.
Es ist der erste Besuch auf Verwaltungsebene, den der TDC organisiert hat. Der Potsdamer Verein, der nach eigenen Angaben zwölf Mitglieder zählt, plant Ende November auch einen türkischen Modeball sowie einen türkischen Nikolausmarkt im Kutschstall. Auch der Türkisch-Kurs werde im September fortgesetzt. Jana Haase
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