
© : Patrick Pleul/dpa-Bildfunk
Ausgekrabbelt: Wie Potsdam gegen Eichenprozessionsspinner vorgehen will
Der Insektizid-Einsatz gegen Eichenprozessionsspinner war in Potsdam erfolgreich. Dieses Jahr soll darauf verzichtet werden.
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Potsdam - Gut vier Jahre ist es nun her, dass die Hubschrauber über Potsdam kreisten und Gift auf Parks und Straßenbäume sprühten, um die Raupen der Eichenprozessionsspinner zu töten. Die Aktion war offenbar erfolgreich: Auch in diesem Jahr soll auf den Einsatz des Insektizids Dipel ES definitiv verzichtet werden, teilte die Stadtverwaltung nun auf PNN-Anfrage mit. Auf den städtischen Grünflächen sollen Nester von Eichenprozessionsspinnern höchstens abgesaugt werden. Ähnlich will es die Schlösserstiftung handhaben, die für die meisten Parks in der Stadt zuständig ist und 2013 ebenfalls großflächig Gift sprühte. „Es ist kein Einsatz von Dipel ES vorgesehen“, hieß es auch von dort.
Man gehe davon aus, dass der Bestand der unliebsamen Raupen auch 2017 weiter zurückgehe, so die Stadt. 2016 sei nur noch in sechs Fällen das Absaugen eines Nestes nötig gewesen – 2015 waren es noch 36, 2014 noch 159. Wegen des erwarteten Rückgangs werde in diesem Jahr erstmals auch das Monitoring zur Überwachung des Bestandes wieder ausgesetzt.
Bürger, die ein Eichenprozessionsspinner-Nest entdecken, können dieses unter Tel.: 0331/289 46 01 dem Grünflächenamt melden. Dieses saugt das Nest dann ab – so es sich denn an einer häufig benutzten Straße, auf einem Spielplatz oder Schulhof beziehungsweise an einer Haltestelle befindet. In geringer frequentierten Gebieten wie etwa im Wald würden die Nester nicht entfernt, hieß es. Dafür würde auch schlicht das Geld fehlen: Lediglich 2000 Euro hat der Bereich Grünflächen in diesem Jahr für Absaugaktionen im Budget vorgesehen.
Auch die Schlösserstiftung will Nester lediglich absaugen lassen, falls welche auftauchen, so Stiftungssprecher Frank Kallensee. „Bei diesem Verfahren wird das Nest fixiert und dann mit einem speziellen Sauger abgenommen. Um zu verhindern, dass heruntergefallene Raupen eventuell entwischen können, wird der Boden abgedeckt. In den vergangenen Jahren hatte man in den Schlösserparks Pheromonfallen aufgestellt, um die Insekten anzulocken. Wegen des Rückgangs will man aber auch darauf in diesem Jahr verzichten, so Kallensee.
Gefürchtet ist der Eichenprozessionsspinner vor allem wegen der Brennhaare der Raupen. Diese können bei Menschen zu Hautreizungen, Juckreiz, Bindehaut- und Atemwegsentzündungen und sogar zu Lungenproblemen führen. Außerdem richten sie große Schäden an Eichen an, deren Blätter sie fast ausschließlich fressen. Die Raupen schlüpfen im Frühjahr und gehen quasi im Gänsemarsch auf Futtersuche – daher der Name.
Mehr Sorgen bereitet den Experten mittlerweile die Miniermotte, die Rosskastanien befällt und schon seit der Jahrtausendwende auch in Brandenburg heimisch ist. Sie schwächt die Bäume und lässt sie früher als üblich im Jahr die Blätter verlieren. Nach wie vor registriert das Potsdamer Grünflächenamt ein „nahezu durchgängiges, wenn auch leicht rückgängiges Schadbild“ an den gut 1000 Rosskastanien in den öffentlichen Grünflächen. Nach wie vor erweise sich hier das Sammeln und Entsorgen des befallenen Laubes als einzig nachhaltige Behandlungsmethode, hieß es. Wo das möglich ist, werde dies auch umgesetzt.
Etwa 2000 Rosskastanien stehen in den Schlössergärten Potsdams. „Wo die Möglichkeit besteht, das Laub der Kastanien im Herbst zu räumen, ließ sich in den vergangenen Jahren die Miniermotte gut zurückdrängen“, so Sprecher Kallensee. Bei der Stiftung geht man davon aus, dass auch die Vögel die Puppen der Motte mittlerweile auf dem Speiseplan und zu ihrer Dezimierung beigetragen haben.
Noch keine Vorkommnisse haben Grünflächenamt und Schlösserstiftung in Bezug auf das sogenannte bakterielle Rosskastaniensterben registriert. Laut Landwirtschaftsministerium wurde die Bakterienart Pseudomonas syringae pv. aesculi erstmals 2013 in Brandenburg nachgewiesen – mittlerweile ist es an mindestens 16 unterschiedlichen Orten aufgetreten. Das Bakterium verursacht Läsionen am Baum, führt zu rostbraunen oder schwarzen Verfärbungen der Rinde und lässt ganze Äste absterben.
Eine Möglichkeit, das bakterielle Rosskastaniensterben mit chemischen Mitteln zu bekämpfen, gibt es laut Landwirtschaftsministerium bislang übrigens nicht. Dass bei einem Befall auch des Potsdamer Kastanienbestands also bald wieder Gift-Hubschrauber kreisen, ist eher unwahrscheinlich.
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