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Homepage: Wieso die Sterne leuchten

Dijana Dominis vom Astrophysikalischen Institut Potsdam hat einen „coolen“ Planeten entdeckt

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Schon als kleines Mädchen schaute sie in den Himmel und fragte sich, warum die Sterne eigentlich leuchten. Die Eltern wussten nicht alles. Sie gaben ihr deshalb Bücher, so lernte das Kind schon vor der Schule lesen. Die Sterne blieben seitdem ihre Leidenschaft und wurden ihr Beruf. Inzwischen hat die 35-jährige Dijana Dominis ein Geheimnis des Universums gelüftet. Denn zusammen mit dem „Probing Lensing Anomalies Network“-Team – kurz PLANET – fand die Wissenschaftlerin vom Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP) jüngst einen so genannten „coolen“ Planeten. Diese Entdeckung hat der Doktorandin zu einem Artikel in dem renommierten Wissenschaftsmagazin „Nature“ und zu einem vollen Interviewkalender verholfen. „Wir sind damit auf der richtigen Spur einen Planeten zu finden, der mit unserer Erde vergleichbar ist“, erklärt Dominis.

Ein einfacher Satz. Ihr ist anzumerken, dass sie möglichst verständlich über ihre komplexen Forschungen im All sprechen will. „Wissenschaft muss für die Menschen da sein, schließlich wird unsere Arbeit durch Steuern bezahlt.“ Also die Frage: Was genau ist dieser „coole“ Planet? Er trägt den umständlichen Namen OGLE-2005-BLG-390Lb und dreht 22 000 Lichtjahre entfernt von uns seine Runden um eine andere Sonne. „Er ist der erdähnlichste aller Planeten, die wir heute kennen“, erklärt Dominis. Wohnen könnte dort aber niemand: Die errechnete Oberflächentemperatur liegt bei minus 220 Grad Celsius. Doch im Gegensatz zu den anderen 170 bekannten Planeten um ferne Sonnen ist der Stern von Dominis ein Leichtgewicht mit nur 5,5 Mal mehr Masse als die Erdkugel. „Wahrscheinlich handelt es sich um einen Eis- oder Gesteinsplaneten von der gleichen Sorte wie Erde, Venus oder Mars“, sagt die junge Forscherin. Doch bleibt das eine Vermutung: Gesehen hat den Planeten noch niemand, nur durch Berechnungen wurde er sichtbar. Die dafür entwickelte „Microlensing“-Methode zur Planetensuche ist der zweite große Erfolg ihrer Forschungen.

Drei Jahre lang hat sie mit dem PLANET-Team an der Entdeckung gearbeitet. Weitere beteiligte Wissenschaftler aus Deutschland sind Daniel Kubas von der Uni Potsdam, Joachim Wambsganss und Arnaud Cassan vom Zentrum für Astronomie der Uni Heidelberg sowie Martin Dominik von der britischen University of St. Andrews. Dijana Dominis besteht darauf, dass alle Namen des Teams genannt werden – nur als Gruppe sei der Erfolg möglich geworden, insgesamt hätten sogar 70 Leute an der Planetensuche gearbeitet. „Solche Forschungen sind so komplex, dass sie nicht mehr geheim ablaufen können“, sagt Dominis. Um zu ihren Berechnungen zu kommen, mussten sie ihre Daten auch mit den Werten anderer Institute abgleichen.

Auf die Zusammenarbeit mit Menschen war Dijana Dominis schon immer angewiesen. Sonst hätte sie nicht den heutigen Erfolg. In Kroatien ging sie in die Schule und war erste Astrophysik-Studentin an der Universität Zagreb. In dieser Zeit begann der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien zu toben. „Es war schwer zu überleben“, sagt sie und scheint nicht mehr über das Erlebte reden zu wollen. Als der Krieg vorbei war, blieb Dominis an der Uni Zagreb und baute dort den Physik-Studiengang weiter auf, unterrichtete Studenten. „Es war eine enthusiastische Atmosphäre des Aufbruchs“, erinnert sie sich. Viel Stress, aber wegen der vielen Verwaltungsarbeit wenig Zeit für echte Forschung. Als nach sechs Jahren von der Potsdamer Universität das Angebot kam, in Deutschland das Weltall zu untersuchen, nahm sie an. Seit 2002 wohnt Dominis in Potsdam, vergangenes Jahr wechselte sie an das AIP.

Dort sucht sie für ihre Doktorarbeit nun nach Planeten in der Umlaufbahn von so genannten „weißen Zwergen“. Das sind Sterne wie unsere Sonne, nur eben am Ende ihrer Entwicklung, wie Dominis erklärt: „Wenn der Wasserstoff eines Sterns einmal komplett verbrannt ist, wird er erst ein roter Riese, zieht sich dann aber zusammen und wird durch die steigende Dichte heißer und wieder heller.“ Wenn sie solche Zusammenhänge beschreibt, ist ihr die Begeisterung für den Beruf anzumerken, ihre braunen Augen leuchten. „Mein Hobby ist eben mein Beruf geworden“, sagt die hochgewachsene Frau mit den langen kastanienbraunen Locken.

In ihrer Freizeit allerdings beschäftigt sie sich nicht mehr mit dem Weltraum. Möglichst ohne Computer will sie in den Stunden ohne Arbeit sein, Entspannung findet sie bei Sport und Yoga. Nebenbei liest sie Bücher, besonders gern über Naturheilkunde. „Ich würde zum Beispiel gern Pflanzen besser verstehen, die ja gemeinhin nicht als Lebewesen wahrgenommen werden. Doch ist das wirklich so?“ Eine andere Leidenschaft: Rockkonzerte. Schnelle Punk-Musik hört sie noch heute. „Musik ist auch so etwas Spannendes: Etwa die Art und Weise, wie sie den Menschen beeinflusst, wie das unterschiedliche Hörempfinden von Tönen über die Ohren zustande kommt...“ Dominis kann endlos über ungeklärte Phänomene philosophieren, Rätsel faszinieren sie und fordern ihren Ehrgeiz heraus.

Die beginnende Suche nach den Planeten von „weißen Zwergen“ ist eine von den schweren Aufgaben, die sie zu brauchen scheint. Bisher konnte noch kein Forscher solch einen Himmelskörper nachweisen. Wäre es so weit, dann könnte die Wissenschaft begreifen, wie sich Planeten verändern, wenn sich ihr Stern von einer Sonne zu einem „weißen Zwerg“ entwickelt – dazu existieren viele gegensätzliche Theorien. „Deshalb muss ich danach suchen“, sagt Dijana Dominis und scheint von jenem Wissensdurst beseelt, den kleine Kinder beim Entdecken der Welt entwickeln. So wie damals, als sie wissen wollte, warum die Sterne leuchten.

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