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Landeshauptstadt: Wo Afrika auf sich selbst schaut

WM-Auftakt im Asylbewerberheim: Kameruner Chu Eben organisiert Fußball-Kino im Wohnheim-Keller am Nuthetal

Stand:

Die ganze Welt schaut auf Afrika. Und am Nuthetal schaut Afrika auf sich selbst. Zum Anpfiff der Fußball-Weltmeisterschaft hat Chu Eben vom Verein „Refugees Emancipation“ den Gemeinschaftsraum des Asylbewerberheims „Wohnheim am Nuthetal“ für die überwiegend afrikanischen Bewohner in ein kleines Fußball-Kino verwandelt. „Denn nur gemeinsam gucken macht Spaß“, sagt der gebürtige Kameruner, der sich leidenschaftlich gegen die Isolation von Asylanten einsetzt.

Damit zum Eröffnungsspiel zwischen Südafrika und Mexiko auch alles sitzt, wurden Beamer und Sitzgelegenheiten organisiert. „Ich weiß nicht, wer gewinnt, aber ich freue mich auf die WM“, sagt der 25-jährige Abdula, der in seiner Freizeit eigentlich lieber boxt als Fußball spielt. Während der Nationalhymnen wird noch am Beamer herumgewerkelt und alle blicken zum aufgestellten Fernseher, damit auch ja nichts entgeht. Pünktlich zum Anstoß erscheint dann unter Jubel das Bild auf der Kellerwand, das Spiel nimmt seinen Lauf. Immer mehr Leute gesellen sich der Runde dazu, so auch die 39-jährige Anne Nduta mit ihrer Tochter Susan. „Allein vor dem Fernseher ist nicht so gut, besser mit vielen Leuten“, sagt die Kenianerin, die seit sieben Jahren in Deutschland lebt. Auf dem Kopf trägt sie eine in den Deutschlandfarben blinkende Sonnenbrille, heute ist sie für Südafrika. Für den 34-jährigen Ferdinand Achu ist es das erste Fußballspiel, das er seit seiner Ankunft in Deutschland vor über einem Jahr sieht. Für die kommenden Spiele fiebert er mit dem Team seines Heimatlandes Kamerun mit. Im Gemeinschaftsraum wird er sich jedes Spiel dieser Weltmeisterschaft ansehen.

Schon zur Europameisterschaft vor zwei Jahren trafen sich hier regelmäßig die Bewohner des Heims. „Jeder hat so sein eigenes Hobby“, meint der 16-jährige Hussein, der selber gerne Fußball spielt, in der Halbzeitpause. „Südafrika spielt sich warm, Mexiko gewinnt“, schätzt er. Dem 19 Jahre alten Kevin aus Kenia gefällt das Match gut, obwohl er kein großer Fußballfan ist. Stolz erfüllt ihn, wenn er daran denkt, dass die WM nun zum ersten Mal in seinem Heimatkontinent ausgetragen wird. „Ich fühle mich als Teil der Welt“, sagt er. In seinen Augen ist es der Sport, der die Trennung zwischen den Menschen in Südafrika aufzuheben vermag, der alle Grenzen sprengt. Ihn interessieren vor allem die Spiele von afrikanischen Mannschaften, aber auch Deutschland will Kevin sich ansehen. „Morgen wird’s noch besser“, meint Anne Nduta, denn in den nächsten Tagen wird im Fußball-Keller mit weitaus mehr Zuschauern gerechnet. Es soll traditionelles afrikanisches Essen und Getränke geben. Allein daher sollten die Heimbewohner zum WM-Gucken kommen, sagen die Fußballbegeisterten . Bestens darauf vorbereitet sind sie auf jeden Fall. C. Arndt / F. Eyert

C. Arndt, F. Eyert

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