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Landeshauptstadt: Wo Knochenreste verschwinden

Sie sterilisieren Tag und Nacht Zangen und Skalpelle: 15 Mitarbeiter der Sterilgut-Abteilung im Bergmann-Klinikum

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Ein Mensch ist operiert – zurück bleiben Blut und Knochenreste auf Scheren, Zangen und Nadeln. Das wenig appetitliche Gemisch aus Edelstahl und menschlichen Resten liegt dann wirr auf einem flachen Metallsieb. „Das ist nun unsere Aufgabe“, sagt „Schwester Marlis“, wie sich die Frau im grünen Arztkittel vorstellt. Innerhalb von rund drei bis vier Stunden müssen sie und ihr 15-köpfiges Team blutverkrustete medizinische Instrumente so reinigen und sterilisieren, dass keine Keime mehr daran zu finden sind.

Schwester Marlis Ignatyuk ist die Leiterin einer Abteilung im Klinikum Ernst von Bergmann, die den sperrigen Titel Zentrale Sterilgutversorgung (ZSVA) trägt. „Wir machen hier einen hochqualifizierten Job, der leider kaum Wertschätzung erhält – manche Schwestern und Ärzte wissen noch nicht einmal, dass es uns gibt“, sagt die Frau. Zumindest andere haben ihrem Team jüngst die Anerkennung ausgesprochen: Der TÜV Rheinland hat der Sterilgut-Abteilung ein Gütesiegel für Sicherheit und einwandfreie Arbeitsweise überreicht. Damit ist die ZSVA des Potsdamer Klinikums die erste zertifizierte Sterilgutversorgung in Brandenburg.

Marlis Ignatyuk kennt jede Ecke. Sie trägt wie ihre Kollegen grüne und blaue Sicherheitskleidung; einfache Kittel, die Schuhe aus Plastik. Ihr Rundgang beginnt am Lieferfahrstuhl, mit dem die schmutzigen Instrumentensiebe aus dem OP in den „Steri“ geliefert werden. Zunächst werden sie in einer Art Geschirrspülmachine – eine „Taktbandwaschanlage“ – gereinigt, rund 15 Minuten lang, bei 93 Grad. Ganz hartnäckiger Blut- Krust muss ins Ultraschallbecken. Dann beginnt die Feinreinigung: Manuell müssen die Edelstahl-Instrumente auf kleine Blutreste hin durchgesehen werden, besonders feine Gerätschaften – etwa für Augenoperationen – müssen sogar unters Mikroskop. „Damit nach solchen Arbeitsschritten immer nachgewiesen werden kann, wer was getan hat, müssen wir uns einzeln an einem Computer anmelden – und parallel dazu das Instrumentensieb, dass er bearbeitet“, erklärt Marlis Ignatyuk.

Denn neben der Reinigung müssen die Steri-Angestellten die Operationsbestecke in den Sieben so einordnen, dass ein Arzt sofort wieder mit ihnen operieren könnte. „Jede Klammer und jede Nadel ist hier genau abgezählt.“ Im Operationssaal werde sich trotz Prüfzählung auf das richtige Sortieren verlassen. Denn nach jedem Eingriff in den Menschen werden zunächst die Krankenschwestern die Instrumente zählen. Ist dann eine kleine Schere zu wenig, herrscht Aufregung: War das scharfe Instrument schon vorher nicht im Sieb oder ist es noch im Patienten? „Auf manchen Sieben finden sich über 100 Instrumente“, erklärt Steri-Chefin Ignatyuk – und insgesamt gäbe es rund 200 verschiedene Siebe mit unterschiedlicher Bestückung. Dazu kommen Spezial-Instrumente, die nach der Reinigung neu zusammen gesetzt werden müssen. Um dabei den Überblick zu behalten, hilft seit rund fünf Jahren der Computer: Auf Knopfdruck kann sich jeder Angestellte anzeigen lassen, wie das fertig gepackte Sieb aussehen soll. „Das hilft uns schon sehr, denn die Elektronik belügt uns nicht“, sagt Marlis Ignatyuk.

Sind die Siebe in eigens dafür hergestellte Metall-Container verpackt, gehen sie in die wichtigste Machine des Betriebs: der Sterilisator. Dort werden mehrere der Container – sie sind so groß wie ein Aktenkoffer – gleichzeitig behandelt. Erst wird die Luft aus dem Innenraum des Sterilisators gezogen, dann in das Vakuum für fünf Minuten 134 Grad heißer Wasserdampf gepumpt. Etwa 70 Minuten dauert diese Prozedur. Danach sind die Instrumente in ihren Containern wieder einsatzbereit und können nun in meterlangen Regalreihen eingeordnet werden. „Für das TÜV-Zertifikat mussten wir jeden einzelnen Arbeitsschritt erfassen, der nun einzeln dokumentiert werden muss“, sagt Schwester Marlis.

24 Stunden lang arbeitet ihr Team hier: Fünf Kollegen in der Morgenschicht, sieben beim Spätdienst, zwei Mitarbeiter in der Nacht. „Wir müssen neben den Instrumenten für die Operationen auch die Bestellungen aus den einzelnen Stationen und von anderen Krankenhäusern, etwa in Beelitz, abdecken“, sagt Marlis Ignatyuk. Dazu gehören auch kleine Packsets mit zum Instrumenten und Anästhesiematerial, die selbst schnüren und sterilisieren müssen. „77 000 Sterilguteinheiten pro Jahr“, sagt Marlis Ignatyuk. Und immer wieder redet sie auch darüber, dass ihr Job nicht genügend anerkannt würde, aber auch vom Zusammenhalt in ihrer Abteilung, in der vor allem Frauen arbeiten: „Wir machen hier still und fleißig unsere Arbeit, möglichst ohne Fehler und mit vielen Kontrollen.“

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