Homepage: Wochenlang Cockney-Dialekt geübt
Die English Drama Group der Uni Potsdam probt seit Monaten für die Premiere von Sherlock Holmes / Aufführungen ab 19. Mai
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England im Jahr 1894. In London wird gerade die Tower Bridge fertig gestellt und Meisterdetektiv Sherlock Holmes macht sich, gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Dr. Watson, an die Lösung eines neuen rätselhaften Falls. Ein Klient aus Adelskreisen wird mit pikanten Details aus seinem Liebesleben erpresst – im prüden viktorianischen England ein Skandal erster Güte, den es zu verhindern gilt.
Die English Drama Group der Universität Potsdam bringt die Detektivgeschichte am 19. Mai auf die Bühne, mit viel Liebe zum Detail. „Kostüme aus dieser Zeit haben wir aus dem alten Fundus des Hans Otto Theaters und vom Stadttheater Brandenburg bekommen. Außerdem haben wir das Glück, dass eine Schneiderin im Bekanntenkreis kostenlos tolle Kostüme für uns näht“, sagt Anglistikstudentin Anke Köhler (26), die bei dem Stück Regie führt. Aber nicht nur das Erscheinungsbild der Darsteller soll möglichst authentisch sein, sondern auch die Aussprache. „Ich habe wochenlang den englischen Cockney-Dialekt geübt, bei dem das „tt“ nicht richtig gesprochen, sondern ein bisschen verschluckt wird“, sagt der 22-jährige Anglistikstudent Florian Descher. Er spielt den Kleinkriminellen Sidney Prince, der mit Vorliebe Panzerschränke knackt. Zwar komme Sidney nicht oft auf der Bühne vor, sagt Florian, aber eine Schlüsselfigur sei er trotzdem.
Hauptcharakter Sherlock Holmes, mit Tweedmütze und gebogener Pfeife, wird von Roland Köhler, dem jüngeren Bruder der Regisseurin, gespielt. Er hat die Rolle erst vor rund drei Monaten übernommen, nachdem die Erstbesetzung abgesprungen war. Anke erinnert sich: „Wir waren wie vor den Kopf gestoßen, als unser Holmes Anfang des Jahres plötzlich ausfiel. Schließlich proben wir schon seit Oktober an dem Stück“. Hätte Roland den Part nicht spontan übernommen, wäre es schlecht um das Stück bestellt gewesen.
Für den 23-jährigen Fachinformatiker ist es nicht die erste Hauptrolle. Er spielt seit Jahren in Laientruppen und hat unter anderem schon den Romeo gegeben. Eigentlich hätte er aber auch nichts dagegen, mal in der zweiten Reihe zu spielen, wie er sagt. „Ich finde oft, dass die zweite Hauptrolle spannender ist als der Hauptheld, weil sie mehr unterschiedliche Charakterzüge in sich trägt.“
Sherlock Holmes sei aber eine Ausnahme und mindestens ebenso vielschichtig wie Dr. Watson, versichert er. „In der einen Szene ist Holmes ein scharfsinniger, humorvoller englischer Gentlemen, in der nächsten dann ein garstiger, steifer Kauz. Ein sehr reizvolles Wechselspiel“, findet Roland.
Eher ausgeglichen ist dagegen der Charakter der Alice Faulkner. „Ich bin eine von den Guten“, sagt Darstellerin Julia Krause und man glaubt es der zierlichen Blondine aufs Wort. „Mit unserer Inszenierung wollen wir dazu beitragen, dass Detektivgeschichten aus der Ecke der Trivialliteratur herauskommen“, sagt sie. Bei der Probe schlüpft die 21-Jährige mühelos in ihre Rolle und auch ihr britisches Englisch ist tadellos – nur die Stimme ist für das Theater ungewöhnlich zart. „Es ist schwierig für mich, auch noch die letzte Reihe im Publikum zu erreichen“, gibt sie zu. Darum sei ihr das Aufwärmtraining für Körper und Stimme zu Beginn jeder Probe besonders wichtig.
Verbrecher haben selten Mäuschenstimmen. Und so wurde die Rolle der Madge de Witte Seaton goldrichtig mit der zupackenden Jasmin Pinnow (23) besetzt. Auch ihr liegt die Schauspielerei im Blut. Regisseurin Anke muss nur kleine Hinweise geben. „Geh mal am Satzende mit Deiner Stimme hoch, damit deutlich wird, dass es ironisch gemeint ist!“, sagt sie. Ein anderes Mal soll Jasmin eine ausladende Geste abschwächen. „Übertreiben oder dramatisieren ist relativ leicht. Viel schwieriger ist das natürliche Spiel“, sagt Jasmin selbstkritisch.
Noch sind zwei Wochen Zeit bis zur Premiere. „Den Text können inzwischen alle“, sagt Regisseurin Anke. „Nun geht es um die Feinarbeit“. In den Ankündigungen ist zu lesen: „Wir arbeiten hart daran, Ihnen einen unvergesslichen Abend zu bereiten.“ Die Proben zumindest lassen nur Gutes ahnen.
Infos im Internet:
www.edg-potsdam.de.
Juliane Schoenherr
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