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Landeshauptstadt: Wotans Spucke

Erster Führer durch Brandenburgs Brauereien wurde im Forsthaus Templin vorgestellt

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Ein Minister in Bierlaune. Dazu frischer Gerstensaft gratis. Und das Ganze bei herrlichstem Sonnenschein – ideale Bedingungen, um der Öffentlichkeit einen Brauereiführer zu präsentieren. So geschah es denn auch am Donnerstag im Biergarten des Forsthauses Templin.

Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) gab sich die Ehre und stellte gemeinsam mit einigen Brandenburger Braumeistern den ersten Brandenburger Brauereiführer vor. Herausgegeben wird dieses Zeugnis regionaler Braukunst von sieben regionalen Klein- und Gasthausbrauereien, die in dem Heftchen allesamt vorgestellt werden. Aus Potsdam dabei sind die Braumanufaktur des Forsthauses Templin sowie die in der Meierei im Neuen Garten ansässige Gasthausbrauerei. Ein vollständiges Verzeichnis aller Brandenburger Hopfenveredler ist dies nicht, schließlich gibt es derer etwa 20, wie vom Minister und den Braumeistern zu erfahren war. Gut möglich, dass in einer etwaigen zweiten Auflage weitere Brandenburger Brauereien hinzukommen werden. Als regionale Brauereien wolle man jedenfalls gemeinsame Vermarktungsstrategien ersinnen, so Jörg Kirchhoff von der Braumanufaktur im Forsthaus Templin. Man denke bereits über gemeinsame Bierdeckel nach.

Mit dem frisch herausgebrachten Brauereiführer hat man jedenfalls Timing bewiesen: Pünktlich zum heutigen Tag des Deutschen Bieres kann das Druckwerk unter das Biervolk gebracht werden. Wer übrigens bisher glaubte, mit dem Deutschen Reinheitsgebot wenigstens eine Jahreszahl der deutschen Geschichte sicher zu beherrschen, kann mitunter falsch liegen. 1516 wurde es nämlich nicht erlassen. Mit dem alljährlich stattfindenden Tag des Deutschen Bieres wird zwar an den 23. April 1516 erinnert. Da aber erließ Herzog Wilhelm IV. das Reinheitsgebot für den bayerischen Gerstensaft. Das deutsche Reinheitsgebot stammt erst aus dem Jahre 1906 und ist damit vergleichsweise jung. Auf diese Feinheit der deutschen Bierhistorie wies Michael Weidner, Vorsitzender des Vereins für Brauereigeschichte Berlins, bei der Veranstaltung am vergangenen Donnerstag hin.

Die vor dem Forsthaus Templin versammelten Braumeister priesen die Vorzüge der Klein- und Gasthausbrauereien selbstverständlich in den höchsten Tönen. Ihre Biere hätten gegenüber den Produkten der großen Industriebrauereien einige Vorteile. Mit Blick auf deren Biere sprach einer der Braumeister gar von „moderner Massenbierhaltung“.

Norbert Eggenstein vom Burgbräuhaus Belzig wies darauf hin, dass die Biere der Kleinbrauereien im Gegensatz zu den Flaschenbieren der großen Industriebrauereien nicht gefiltert würden. Filtere man das Bier, enthalte es keine Hefe mehr, so Eggenstein. Bierhefe sei aber Träger vieler gesunder Inhaltsstoffe wie Vitamine, Spurenelemente und Mineralien. Das ungefilterte Bier sei so gesund, fügte er schmunzelnd hinzu, dass man es im Grunde genommen nur in der Apotheke verkaufen dürfte. Sollte der Vorschlag einst umgesetzt werden, wäre ein Beipackzettel wohl unvermeidlich ... Herkömmliches Bier enthält bekanntlich Alkohol und der kann zu gesundheitlichen Schäden führen.

Ob gesund oder nicht, „Bier hat was Gemütliches“, stellte denn auch Minister Vogelsänger fest. Dass es den Gerstensaft schon seit grauer Vorzeit gibt, erfuhr man ebenfalls auf der Veranstaltung. Schon in Mesopotamien habe man Bier gebraut. Auch die Germanen scheinen ordentlich gepichelt zu haben. In Unkenntnis der biochemischen Zusammenhänge beim Bierbrauen hätten sie für den Gärprozess einst Wotans Spucke verantwortlich gemacht. Holger Catenhusen

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