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Landeshauptstadt: Zaubern statt Rechnen, Salto statt Schreiben

Die Griebnitzsee-Grundschule machte aus der Not eine Tugend und organisierte eine Zirkus-Projektwoche – auch ohne Turnhalle

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Teambesprechung. Die 13 Kinder der Trampolin-Gruppe hocken verschwitzt auf dicken Matten und im Gras. „Morgen bringt jeder ein rotes T-Shirt mit, eins, das kaputtgehen kann“, sagt ihr Trainer. „Das ist John, Johnny“, stellen die Kinder den jungen Mann vor: „Unser Johnny“.

Der 20-jährige Artist gehört zum „Traumzauberzirkus Rolandos“ und studiert in dieser Woche mit einer Gruppe der Griebnitzsee-Grundschule eine Trampolinnummer ein. Alle 296 Kinder nehmen an dieser Zirkus-Projektwoche teil, sie ist eines der Alternativangebote, mit denen sich die Grundschule über die Zeit ohne Turnhalle behilft (PNN berichteten). Am Ende sollen fünf Vorstellungen fast ausschließlich von den Kindern bestritten werden.

Zirkuschefin Edith Krämer, selbst jahrelang Artistin, weiß aus Erfahrung, dass das gut möglich ist. Seit etwa zehn Jahren bietet ihr Unternehmen die Zusammenarbeit mit Schulen an. „Viele unserer 18 Mitarbeiter haben pädagogische Zusatzqualifikationen“, sagt Krämer, gebürtige Österreicherin. Gerade ist ihr Bruder, auch Artist, bei ihr zu Besuch, will sich mal anschauen, wie das so funktioniert. Bei ihm in Österreich gibt es solche Projekte nicht.

An der Griebnitzsee-Grundschule hatte man lange über eine Zirkuswoche nachgedacht. Als im Januar wegen der fortschreitenden Bauarbeiten die alte Turnhalle abgerissen wurde und sich abzeichnete, dass auf Dauer kein regelmäßiger Sportunterricht möglich sein würde, kam die Idee wieder auf die Tagesordnung.

Jetzt zahlt die Stadt die Standmiete auf dem GiP-Gelände in der Großbeerenstraße, Strom und Wasser sowie ein Zuschuss der Kursgebühren kommt aus dem Fond des Fachbereichs Bildung und Sport, der zusätzliche Unterrichtsmittel für die Übergangszeit bis zur Fertigstellung der neuen Halle bereitstellte.

Die Kinder durften sich nach Wunsch und Neigung eine Trainingsgruppe aussuchen oder hinter den Kulissen Tierpfleger, Bühnentechniker, Moderator werden, Musik einstudieren, sich um Werbung oder Dokumentation kümmern.

Am gestrigen Dienstag wurde hart gearbeitet. John Leysick ist zuversichtlich, was seine gemischte Gruppe von Kindern aller Klassen betrifft. Luftrolle, Hechtsprung und Salto will er mit ihnen vorführen. Noch klappt nicht alles. „Aber morgen können auch die letzten drei den Salto, da bin ich mir sicher“, sagt er. „Johnny ist ein guter Trainer“, findet Felix, einer von den dreien. Dass jemand aufhört und die Gruppe verlässt – das dürfe jetzt nicht mehr passieren, sagt der junge Mann mit dem sanften Gesicht. „Dann ist die ganze Choreografie im Eimer. Es ist eben Teamwork“.

Das ist es, was auch Schulleiterin Ellen Dahms den Kindern vermitteln will, was am Ende der Woche bei allen ankommen soll. Egal, wer was macht, ob Zauberer oder Clown, Tauben- oder Ponydompteur, nur zusammen vermögen die Kinder den Eindruck vermitteln, der einen echten Zirkusnachmittag ausmacht. Und nur gemeinsam schafft man es überhaupt erst bis dahin: Wer auf ein großes Pferd aufsteigen will, ist dankbar für jede Hilfe, beim Aufsitzen und später beim Balancieren.

Bereits nach einem halben Tag zwischen Wohnwagen, Zelten und Tiergehegen fühlen sich die Kinder seltsam zu Hause auf dem Gelände. Zwei Jungs säubern einen Stall unter den respektvollen Blicken einiger Mädels. In einem Nebengelass freunden sich drei Mädchen mit Tauben an, weißes Gefieder wie Zuckerguss, lassen die Vögel auf Glitzerkugeln balancieren. Draußen ist derweil ein Hündchen ausgebüxt, es gilt, das kleine, wendige Tier einzufangen – wer allerdings wen jagt, bleibt ungeklärt.

Jeder kann etwas. Und sei es, an den großen Kamelen furchtlos vorbei zu spazieren.

Aufführungen am Freitag um 10 Uhr (nur Vorschulkinder, Eintritt 3,50 Euro) und 15 Uhr, Samstag 10 und 15 Uhr, Sonntag 10 Uhr. Eintritt 8, ermäßigt 6 Euro. Gelände Großbeerenstraße/Ahornstraße.

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