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Kultureller Austausch. Studierende aus Italien und der Türkei zeigten Flagge für Europa.

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Homepage: Zeigen, was Europa zu bieten hat

Eine Potsdamer Studentin hat ein Austauschprogramm organisiert, um die europäische Idee zu stärken

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Wenn die EU-Bürger in einer Woche ihr Parlament wählen, muss etwas anders werden. Das steht für Friederike Schilder fest. Die Wahlbeteiligung habe bei der vergangenen Europawahl gerade mal bei 43 Prozent gelegen. „Das muss sich ändern“, sagt die Jurastudentin der Universität Potsdam. Sie versteht nicht, warum so wenige Menschen an der Europawahl interessiert sind. „Die EU hat ein riesiges Potenzial. Es kommt nur darauf an, wie man es nutzt“, sagt sie. Gemeinsam mit Max Grischek entschloss sie sich daher, ein Projekt zu dem Thema auf die Beine zu stellen. „Wir wollten zeigen, was Europa zu bieten hat“, so Friederike Schilder. „Mitwirkung – Europäische Staatsbürgerschaft und ihre Möglichkeiten“ ist der deutsche Titel des internationalen Programms, das dabei herausgekommen ist.

Was sich etwas trocken anhört, war dann doch sehr lebendig. 28 junge Menschen aus vier verschiedenen Ländern trafen sich im Vorfeld der Wahl in Berlin. Mit dabei waren italienische, deutsche, tschechische und türkische Jugendliche. Über 200 Bewerbungen trafen bei den beiden Studierenden ein. Fast die Hälfte kam aus der Türkei. Das Land ist jetzt zwar kein Mitgliedsstaat der EU, zu Europa gehört es nach Ansicht der beiden Studierenden aber in jedem Fall.

Die Atmosphäre in dem Berliner Hostel, in dem sich die Gruppe traf, erinnerte zunächst einmal an eine Klassenfahrt. Etagenbetten, Chips und Handtücher prägten den ersten Eindruck. Traf man jedoch im Gemeinschaftsraum auf die Teilnehmer, spürte man, das hier ein kultureller Austausch stattfindet. Was auch das Ziel der Woche war. In gemischten Gruppen saßen die jungen Europäer beieinander. Während in einer Gruppe verglichen wurde, was „schöne Frau“ auf der jeweils anderen Landessprache heißt, wurde in der nächsten ein politisch brisantes Thema besprochen. Yavuz Pullukcu, ein türkischer Teilnehmer, wollte die Blockade der Internetplattform Twitter in seinem Land diskutieren. Die Lösung der Probleme sieht Pullukcu, anders als die anderen türkischen Teilnehmer, zum Beispiel in einer EU-Mitgliedschaft seines Landes. „Die Türkei ist ein sehr mächtiges Land und ich denke, diese Macht sollte mit der EU geteilt werden. Sie kann uns helfen, gerade in Zeiten wie diesen“, so Pullukcu.

Dieser direkte Austausch zwischen den Teilnehmern war den beiden Organisatoren besonders wichtig. „Bei solchen Gelegenheiten lernt man andere Länder viel intensiver kennen als zum Beispiel auf Reisen“, sagt Friederike Schilder. Die Potsdamer Studentin spricht aus Erfahrung. Während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres arbeitete sie in einer Organisation, die EU-Austauschprogramme durchführte. Die inhaltliche Arbeit in solchen Projekten ist ihr also nicht fremd. Für ihr erstes selbstständiges Projekt stellte sie ein umfangreiches Programm zusammen. Jede Ländergruppe hatte die Möglichkeit, in einer Präsentation seine Heimat vorzustellen. Während am türkischen Abend getanzt wurde, präsentierten sich die Italiener in Fahnen gewickelt und Eros Ramazzotti singend. Tagsüber tauschten sich die Jugendlichen darüber aus, wie man sich auf nationaler und europäischer Ebene politisch einbringen kann. In einer simulierten EU-Parlamentssitzung erprobten sie am Beispiel der ersten europäischen Bürgerinitiative, wie es mit dem Ergebnis einer solchen Beteiligung später weitergeht. Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion zur europäischen Identitätsbildung. Hierfür hatten die Studierenden Vertreter der Jugendorganisationen aller führenden Parteien eingeladen.

Mit der inhaltlichen Planung sei es aber nicht getan, sagt Friederike Schilder. Der aufwendigste Teil der Vorbereitungen sei Büroarbeit gewesen. Finanziert haben die beiden Organisatoren das Projekt über das EU-Programm „Jugend in Aktion“. Vorraussetzung der Finanzierung war eine aufwendige Bewerbung. „Wir haben uns zwei Wochen Zeit dafür genommen, letztendlich war die Bewerbung 50 Seiten lang“, erzählt Friederike Schilder. Warum sie ihre knapp bemessene Zeit im Jurastudium freiwillig mit noch mehr Akten und Formularen verbringt, ist für die Studentin klar: „Was dabei herauskommt, macht einfach unglaublich Spaß.“ Außerdem sei das Projekt auch als Startschuss für einen weitergehenden Austausch zu sehen. Ein ähnliches Vorhaben zum Thema Umweltschutz im nächsten Jahr sei schon in Planung. „Man darf nicht darauf warten, dass andere für einen handeln“, sagt Friederike Schilder. Das gelte für den Umweltschutz genauso wie für die Europawahl.

Clara Neubert

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