Von Sabine Schicketanz: Zerreißprobe für das Rathaus-Bündnis Familienpartei-Affäre sorgt für Streit unter den Kooperationspartnern / CDU greift Liberale an
Die Spendenaffäre um die Familienpartei-Stadtverordneten Dieter Gohlke und Brian Utting wird zur Zerreißprobe für die Potsdamer Rathauskooperation. Das Bündnis aus SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und der FDP, die bisher eine Fraktion mit der Familienpartei bildet, ist uneins über den Umgang mit der Spendenaffäre und der belasteten Familienpartei.
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Die Spendenaffäre um die Familienpartei-Stadtverordneten Dieter Gohlke und Brian Utting wird zur Zerreißprobe für die Potsdamer Rathauskooperation. Das Bündnis aus SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und der FDP, die bisher eine Fraktion mit der Familienpartei bildet, ist uneins über den Umgang mit der Spendenaffäre und der belasteten Familienpartei.
Die Christdemokraten haben gestern der FDP vorgeworfen, sich vor einer Entscheidung zu drücken. „Der Erhalt des Fraktionsstatus’ scheint der FDP wichtiger als ein klarer Schritt“, teilten Kreischefin Katherina Reiche und Fraktionschef Michael Schröder mit. So lange der Betrugsvorwurf im Raum stehe, „muss der Status als Fraktion hinten anstehen“, forderten sie. Die FDP müsse „die Aufklärung forcieren“ und sich klar „von der Familienpartei distanzieren“.
Potsdams SPD-Chef Mike Schubert, gleichsam Fraktionschef im Stadtparlament, hatte für die CDU-Kritik am Kooperationspartner wenig Verständnis. Die CDU um Kreischefin Katherina Reiche solle sich beruhigen, so Schubert. Er erinnerte daran, dass der unterzeichnete Kooperationsvertrag einen „fairen Umgang“ der Partner untereinander vorschreibe. Die SPD bestehe auf einer „unwiderruflichen Trennung“ der FDP von den Stadtverordneten Gohlke und Utting. Sollte sie mit Nachrückern der Familienpartei zusammenarbeiten, müsse „sichergestellt sein, dass sie nicht an dem vorgeworfenen Betrug beteiligt waren“.
Die Liberalen – im Stadtparlament vertreten mit Martina Engel-Fürstberger, Stefan Becker und Björn Teuteberg – hielten sich gestern weiter alle Optionen offen: Sie könnten zu dritt als „Gruppe“ agieren und den Fraktionsstatus aufgeben, mit Nachrückern der Familienpartei die Zusammenarbeit fortsetzen oder mit der CDU Gespräche über eine gemeinsame Fraktion führen. Der Forderung der CDU, dafür müsse die FDP auf sie zukommen, wollten die Liberalen aber zunächst nicht Folge leisten. Nach PNN-Informationen gibt es Verstimmungen über CDU-Ambitionen, nach dem Spendenskandal den Vorsitz des Rechnungsprüfungsausschusses wieder übernehmen zu wollen. Diesen hat bisher FDP-Mann Stefan Becker inne. Bliebe die FDP im „Gruppen“-Status, müsste sie diesen Posten laut Kommunalverfassung aufgeben. Der Fraktionsstatus, der Stadtverordneten mehr Rechte und Fraktionsgelder verschafft, gilt erst ab vier Abgeordneten. Auch deshalb hatten sich Liberale und Familienpartei zusammengetan.
Fraktionschefin Engel-Fürstberger bat in einer persönlichen Erklärung um Zeit und Geduld. Die Betrugsvorwürfe hätten die FDP geschockt. „Wir haben versucht, so offen und ehrlich damit umzugehen wie möglich“, so Engel-Fürstberger. „Ich denke, das ist uns gut gelungen.“
Gegen die Stadtverordneten Gohlke und Utting sowie weitere Beschuldigte besteht der Verdacht des Betrugs, der Urkundenfälschung, der Untreue sowie des Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Auch ein Verein und die in Potsdam ansässige Elternpartei sind betroffen. Die Beschuldigten sollen Parteigeld abgebucht und als fiktive Spenden zurücküberwiesen haben, um dadurch höhere staatliche Zuschüsse zu bekommen. Von 20 000 Euro ist die Rede, die so zwischen Mai 2007 und September 2008 beschafft wurden. Der Familienpartei drohen deswegen Strafzahlungen.
Gohlke, der nach PNN-Informationen im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, hat nach Auskunft des Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Peter Schüler (Grüne), sein Mandat niedergelegt. Der Kreiswahlleiter habe den Nachrücker benachrichtigt; dieser habe eine Frist, sich zu melden. Utting lasse sein Mandat zunächst ruhen. Dieses Vorgehen kritisierte Die Andere, die mit drei Stadtverordneten lediglich eine „Gruppe“ bildet, und keine Fraktion. Dass Utting sein Mandat ruhen lassen könne und die FDP weiter als Fraktion behandelt werde, sei eine Ungleichbehandlung und nicht korrekt, so Die Andere. Weder Geschäftsordnung noch Kommunalverfassung kennen ein ruhendes Mandat, bestätigte Stadtverordneten-Chef Schüler. Utting könne jedoch seinen „Pflichten“ als Stadtverordneter nicht nachkommen, ohne dafür maßgebliche Sanktionen fürchten zu müssen.
Schüler und Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) betonten, die FDP befinde sich im „Schwebezustand“. Bis zur Januar-Sitzung der Stadtverordneten müssten die Liberalen die Lage geklärt haben.
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