Bettensteuer und Grundsteuer: Zitterpartie um Schulfinanzierung
Im Rathaus zeichnet sich eine Mehrheit für die Einführung einer Bettensteuer und einer moderateren Grundsteuererhöhung ab.
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Potsdam - Eine moderate Grundsteuererhöhung – und die Einführung einer Bettensteuer für Touristen. Für diesen Plan zur heftig umstrittenen Finanzierung der dringend benötigten neuen Schulen zeichnet sich nach PNN-Informationen eine rot-rot- grüne Mehrheit ab – allerdings bleibt die Finanzierung bis zur Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung am morgigen Mittwoch eine Zitterpartie.
Am Montagabend trafen sich die Chefs aller Fraktionen im Stadtparlament zu einem Krisentreffen in fast letzter Minute – denn schon morgen sollen die Stadtverordneten über ein bis 2021 angelegtes Gesamtpaket für neue Schulen in Höhe von 160 Millionen Euro abstimmen. Doch für den bisherigen Plan des Kämmerers Burkhard Exner (SPD), zur Finanzierung unter anderem die Grundsteuer B zu erhöhen, zeichnete sich bisher keine Mehrheit ab. Im Gegenteil: In der vergangenen Woche war ein letzter Versuch gescheitert, dazu in der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP eine Einigung zu finden – wie berichtet hatte die CDU am Freitag kurzfristig die zuvor selbst vorgeschlagene Einführung einer Bettensteuer zurückgezogen.
Nun wird mit den Linken verhandelt. Deren Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte nach dem Treffen am Montagabend lediglich: „ Es gibt die Bemühungen für eine mehrheitsfähige Lösung.“ Er hatte jüngst vorgeschlagen, den Grundsteuerhebesatz für Immobilien und Grundstücke statt auf 540 auf lediglich 520 zu erhöhen. Im Gegenzug hatte er Bedingungen gestellt – so dürften für einen Abriss der Hotels Mercure niemals Steuergeld verwendet werden. Ebenso hatte er gefordert, der Anstieg der Ausgaben für freiwillige Leistungen in Sport und Kultur solle bei maximal zwei Prozent pro Jahr liegen – und nicht wie von Exner geplant bei 1,5 Prozent pro Jahr.
Ob er sich mit solchen Forderungen durchsetzen konnte, blieb am Montag unklar. SPD-Chef Mike Schubert sagte lediglich, es seien verschiedene Modelle zur Finanzierung diskutiert worden. Einen Durchbruch mochte niemand bestätigen. Ob sich auch jeweils eine Mehrheit in der SPD- und Linke-Fraktion auf den Betten- und-Grundsteuer-Kompromiss einlässt, war bis Redaktionsschluss unklar. Exner mahnte gegenüber den PNN, eine Entscheidung sei vor der Kommunalwahl im Mai dringend notwendig. Die Abstimmung zur Finanzierung könne nicht bis nach der Sommerpause verschoben werden. Denn dann könnte die Stadt die Schulen für acht zusätzliche Grundschulklassen im Potsdamer Norden voraussichtlich nicht rechtzeitig bauen. Diese werden aber Mitte 2015 benötigt. Der Grund sei, dass alle Planungen von der Kommunalaufsicht genehmigt werden müssen, dazu müssten vor einem Neubau Fristen für Ausschreibungen beachtet werden. Neben den höheren Steuern seien auch Einsparungen geplant, so Exner.
Die mögliche rot-rot-grüne Mehrheit in einer derart zentralen Frage bedeutet zugleich das faktische Ende der Rathauskooperation, die seit 2008 die Stadtpolitik im Wesentlichen bestimmt hatte. Auch am Montag hagelte es weiter Kritik am Kurs der CDU. Diese hatte am Wochenende erneut angezweifelt, ob in den kommenden Jahren bis 2021 die besagten 160 Millionen Euro für neue Schulen nötig seien. So fehle ein aussagekräftiger Finanz- oder ein detaillierter Projektplan: „Die Rathausspitze legte bisher nichts vor, was die hohe Kreditsumme rechtfertigt.“ Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) bestritt das: Die Stadt habe bis 2021 für jedes Jahr einzeln ausgewiesen, welche Summe in welches Schulneubau- oder -sanierungsprojekt investiert werden müsse. Es handele sich um den hilflosen Versuch, zu begründen, „warum man Nein sagt und selbst nichts vorschlägt“. Auch der Linken-Bildungsexperte Stefan Wollenberg sagte, es lägen konkrete Kostenschätzungen vor: „Wenn man die in Zweifel zieht, müsste man in Zukunft jeden Haushaltsplan unter Generalverdacht stellen und extern prüfen lassen.“
Auch Potsdams Bildungsdezernentin Iris Jana Magdowski (CDU) widersprach ihren Parteifreunden in der Potsdamer Union: Für die Planungen seien Kennwerte des Baukosteninformationszentrums der Deutschen Architektenkammer sowie die Raumbedarfsempfehlungen des brandenburgischen Bildungsministeriums zugrundegelegt worden. Tatsächlich könnten durch den Kompromiss für ab 2015 nötige neue Grundschulen im Norden sogar noch höhere Investitionsbedarfe und Folgekosten als die besagten 160 Millionen Euro entstehen. Zugleich kritisierte die Dezernentin, sie hätte sich einen Kompromiss zur Einführung einer Bettensteuer gewünscht – diese sei ein probates Mittel, Einnahmen für die Stadt zu generieren, ohne die Potsdamer Bürger zu belasten. Dagegen hielt die CDU auch gestern an ihrer Kritik fest, die Einnahmen aus den Steuererhöhungen sollten in Wahrheit zu Finanzierung anderer Pläne eingesetzt werden.
Hintergrund
Die Potsdamer CDU will ihren Vorwurf, dass die Kreditaufnahme für 160 Millionen Euro nicht dem Schulneubau, sondern vielmehr dem Kommunalen Immobilienservice (KIS) dienen soll, mit Fakten belegen. Nach Ansicht der CDU befinde sich der KIS – der alle Immobilien der Stadt verwaltet und Neubauten plant – in wirtschaftlicher Schieflage. Daher will Fraktionschef Horst Heinzel beantragen, dass das städtische Rechnungsprüfungsamt eine Übersicht über die Einnahmen, Ausgaben sowie Verbindlichkeiten des KIS vorlegt. Laut Heinzel sei der städtische Betrieb mit Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 128 Millionen Euro belastet. Seiner Meinung nach „reichen die Einnahmen nicht aus, um die Schieflage zu korrigieren“. Auch der Potsdamer CDU-Landtagsabgeordnete Steeven Bretz will Klarheit und daher bei der Kommunalaufsicht des Landes beantragen, die wirtschaftliche Lage des KIS zu prüfen. Die Stadtverwaltung hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und ihrerseits unter Berufung auf die besagte Kommunalaufsicht erklärt: „Die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des KIS war und ist stabil.“ (pek/ HK)
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