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Homepage: Zorn, Sex und Imaginationen

Das Einstein Forum widmet sich in seiner Herbst-Saison emotionsgeladenen Themen: von der US-Wahl bis zu Bob Dylan

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Mit dem Zorn ist es so eine Sache. Einerseits ist er ein unliebsames Thema, über das man nicht so gerne spricht. Vor allem nicht über den Jähzorn. Andererseits interessiert sich die Forschung zunehmend für menschliche Gefühle und Regungen. Und nennt man die Unbeherrschtheit Empörung, dann ist sie als moralische Kategorie sogar willkommen. Doch woher stammt er, der Zorn. Ist er eine dem Menschen mitgegeben Naturgewalt, oder eher Ergebnis gesellschaftlicher Überformung? Diese Frage stellt sich die Haupttagung des Potsdamer Einstein Forums „Von Achilles bis Zidane“ in der aktuellen Herbst-Saison. Eine Genealogie des Zorns hat sich die international besetzte Konferenz vom 11. bis 13 Dezember zum Ziel gesetzt.

Unbeherrschtheit ist Susan Neimans Sache nicht. Die Direktorin des Einstein Forums reagierte bei der Vorstellung des aktuellen Programms eher gelassen auf die Tatsache, dass Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) die geplante Super-Uni „Einstein-Stiftung“ benennen will. Dass man damit den Namen des Potsdamer Forums entlehnt, an dem die Hebrew University tatsächlich sogar so etwas wie ein Copyright hat, darüber will Susan Neiman keinen Streit führen. „Nach dem Einstein Jahr war klar, dass sich alle auf diesen Namen stürzen werden“, sagt sie. Interessieren würde sie es allerdings schon, wie die Hebrew University auf eine ungefragte Entlehnung des Namens reagieren wird.

Die aktuelle Saison des Einstein Forums war vergangenen Freitag gestartet mit einer Debatte zur US-Wahl in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Susan Neimans Statement dazu als US-Bürgerin: Der Kontrast zwischen dem, was in den USA derzeit tatsächlich passiert und dem, was in Deutschland in den Medien darüber berichtet wird, sei sehr groß. Was für eine außergewöhnliche Bewegung um Präsidentschaftskandidaten Barack Obama entstanden ist, sei bei uns noch nicht wirklich angekommen. Und immer noch gebe es in Deutschland Stimmen, die meinen, dass alles beim Alten bleibe. „Doch seit der Finanzkrise und McCain’s Vizekandidatin Sarah Palin ist alles anders“, so Neiman.

Auch im weiteren Programm bleiben die USA Thema. Der Blick richtet sich auf, wie Susan Neiman sagt, einen der größten Dichter der US-Geschichte: den Musiker Bob Dylan. Der Literatur-Professor Heinrich Detering (Göttingen) wird am 25. November Dylans Visionen von Johanna sprechen. Die Analyse von Bob Dylans Song „Visions of Johanna“ von 1966 soll dessen Kunst exemplarisch sicht- und hörbar machen. Auch werde es um das Amerikanische an Bob Dylan gehen. Wobei nach den Erwartungen von Neiman einmal mehr die Unterschiede zwischen Europa und den USA deutlich werden dürften.

Und was läge nach dem Zorn, dem US-Wahlkampf und Bob Dylan näher als das Thema Sexualität und Moral? Einen ganzen Nachmittag will das Forum sich dem Thema in einem Workshop (30. Januar) widmen. Die These: Zwischen Jane Austens Romanen und der TV-Serie „Sex and the City“ liegen Welten, nämlich Freud, die Pille, der Feminismus und die Internet-Ära. Was heute als lustvoller Sport gilt, wurde zu Austens Zeiten noch als Schande betrachtet: ein gebrochenes Liebesversprechen. Ob der Begriff wie Treue und Ehre tatsächlich aus der Sexualität verschwunden sind, wollen die Wissenschaftler ergründen. Von der Romantik über die Psychoanalyse, die sexuelle Revolution, Pornografie bis hin zur Familie spannt sich der Themenbogen.

Im kommenden Jahr dann will man sich am Einstein Forum Gedanken über das Leben ohne Erdöl machen: „Im Frühjahr keine Weintrauben“ lautet der vielsagende Titel eines Workshops (23. Januar). Wem das nicht reicht, der kann sich vom 22.-28. Februar auf die Reise an die indische University of Hyderabad machen. Dort findet unter Leitung des Einstein Forums eine renommiert besetzte internationale Tagung über die „Politik der Imaginationen“ statt. Jan Kixmüller

Programm im Internet:

www.einstein-forum.de

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