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Landeshauptstadt: Zurück in die Zukunft: Golm blickt ins All

Stadtwanderung zur Wissenschaft / 50 Jahre Schiffbau-Tests

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Stadtwanderung zur Wissenschaft / 50 Jahre Schiffbau-Tests Von Jan Kixmüller Es war, als hätte jemand die Tür zur Zukunft einen kleinen Spalt geöffnet. Zu sehen waren Waschbecken, die nie schmutzig werden und Medizin, die zeit- und zielgenau ihre Wirkung entfaltet. „Wir arbeiten an der Technik von morgen“, erklärte Prof. Markus Antonietti vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm. Doch ganz so euphorisch war der Empfang von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf dessen Stadtwanderung gestern dann doch nicht. Denn im Widerspruch zum exzellenten wissenschaftlichen Potenzial der drei Max-Planck-Institute steht für die Institutsleiter, dass die Entwicklung des Standortes nicht so vorankomme, wie geplant. Einst waren 5000 Arbeitsplätze auf dem Areal in Golm vorgesehen, bislang gibt es, so Antonietti, erst 1500 davon. Der weitere Ausbau, vor allem auch der Bau des seit fünf Jahren geplanten Technologie- und Gründerzentrums sei notwendig, wenn Potsdam, zu dem das Golmer Areal ab 26. Oktober zählt, den Anschluss im internationalen Wettbewerb behalten wolle. Für die Golmer Einrichtungen steht auch eine schnelle Anbindung mit der Bahn aus Potsdam und Berlin, die Unterführung zur Universität und eine bessere Ausschilderung ganz oben auf der Wunschliste. Eigentlich nur „Banalitäten“, doch die Wissenschaftler machen davon den weiteren Fortschritt des Standortes abhängig. Jakobs und die Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz konnten jedoch nur auf den Stichtag der Eingemeindung Golms verweisen: Man habe die Probleme im Blick, ab Ende Oktober könnten dann Lösungen angegangen werden. Weitaus grundsätzlichere Probleme waren beim Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der Schiffbauversuchsanstalt (SVA) am Sacrow-Paretzer-Kanal zu Beginn der Stadtwanderung zur Sprache gekommen. Nach Glückwünschen und Worten des Respektes – unter anderem von Wissenschaftsministerin Johanna Wanka – für die 1993 privatisierte „industrienahe Forschungseinrichtung“ stellte Dr. Werner Schöttelndreyer vom Verband der Schiffs- und Meerestechnik fest, dass der Schiffbau in Deutschland zu teuer geworden sei. Derzeit gäbe es nur noch für anderthalb Jahre Aufträge. „Es muss in Zukunft intensiver gearbeitet und etwas weniger Sozialstaat in Kauf genommen werden“, mahnte der Verbandsführer mit Blick auf die Arbeitsmarktreformen in Deutschland an. Jann Jakobs zeigte sich indes zwischen den Schiffsmodellen an seine Heimat erinnert. Wenn er die legendären Schiffsserien vom Typ „Frieden“ der Warnowwerft Warnemünde erwähne, deren Modelle damals in Potsdam getestet wurden, dann wisse er, wovon er spreche. „Schließlich komme ich selbst von der Küste.“ Mindestens 50 weitere erfolgreiche Jahre wünschte Jakobs den Schiffstestern schließlich und versprach, allgemein den Wissenschaftsstandort Potsdam über das derzeitige Jahr der Wissenschaft hinaus zu vermarkten: Bis hin zur Bewerbung um den Titel Wissenschaftsstadt 2005. Meist wurde bei dieser Stadtwanderung in die Zukunft geschaut. So auch bei den Max-Planck-Forschern für Molekulare Pflanzenphysiologie. In den Gewächshäusern bekamen die Vertreter der Stadt dicht behangene Tomatenpflanzen zu sehen. Ihr Stoffwechsel steht im Mittelpunkt des Interesses der Forscher. Wie die Pflanzen Nährstoffe aufnehmen und sie verwerten, will man wissen. Und vor allem, wie die einzelnen Gene daran beteiligt sind. So könnten in Zukunft bestimmte Gene aktiviert werden, um etwa Tomatensorten zu erhalten, die mit weniger Wasser auskommen. Nicht ganz unumstritten die „grüne Gentechnik“, aber die Golmer Forscher gehen davon aus, dass auf diesem Wege die Landwirtschaft in Zukunft umweltbewusster arbeiten könne. Bei den Max-Planck-Kollegen der Gravitationsphysik führte der Blick in die Zukunft schließlich weit zurück in die Vergangenheit. Prof. Hermann Nicolai erklärte das Projekt LISA: Drei Satelliten sollen im Abstand von mehreren Millionen Kilometern im All Gravitationswellen aufspüren. Sollte dies gelingen, könnte man bis kurz an den Urknall heran in die Vergangenheit des Universums zurückschauen. Womit Nicolai seine Gäste für den Rest des Tages in Staunen versetzt hatte.

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