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Freie Bahn haben momentan nicht alle in der Schwimmhalle am Brauhausberg. Damit zumindest die Leistungssportler ein paar Stunden täglich ungestört trainieren können, wird für sie die Halle stundenweise gesperrt. Doch manchen ist das nicht genug.

©  Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Zusammenrücken am Brauhausberg

Das alte Bad hat einen Großteil der Leistungssportler vom Luftschiffhafen aufgenommen. Nun wird es eng

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Im Eingangsbereich der Schwimmhalle am Brauhausberg hat sich eine Schlange gebildet. Eltern warten mit ihren Kindern, bis die Schwimmstunde beginnt. Sie dürfen erst ab 15 Uhr ins Bad, denn seit die Leistungssportler vom Luftschiffhafen hier trainieren, sind die Öffnungszeiten für den Breitensport eingeschränkt. „Ich hör immer nur Luftschiffhafen, was ist denn da los?“, fragt ein Vater. „Die Schwimmhalle ist kaputt!“, ruft sein Sohn – und liegt goldrichtig: Seit gut zwei Wochen darf diese keiner mehr betreten, weil sie ebenso wie die Leichtathletikhalle womöglich einsturzgefährdet ist. Ein Großteil derjenigen, die bislang in der Schwimmhalle am Luftschiffhafen trainiert hat, nutzt nun das Bad am Brauhausberg als Ausweichquartier. Und das platzt aus allen Nähten – trotz verlängerter Betriebszeiten (siehe Interview).

„Gleich drei Vereine auf einmal sollen sich drei Bahnen teilen“, sagt etwa Ute Goldberg vom Potsdamer Tauchclub. Dessen Mitglieder tummeln sich gleichzeitig mit Flossenschwimmern, Athleten der Wasserwacht und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Außerdem ist das Bad zum Ausweichquartier für die Schwimmer des OSC, Triathleten, Flossenschwimmer und Wasserballer avanciert.

Auch die rund 250 Studierenden der Uni Potsdam, die Schwimmunterricht für ihre Ausbildung erhalten, nutzen die Halle nun. Wie berichtet hatte man die Uni-Schwimmer nach der Schließung der Halle am Luftschiffhafen erst einmal nicht einbezogen. Nach Auskunft der Hochschule gibt es nun aber am Brauhausberg eine Option im Umfang von 23 Bahnbelegungsstunden – benötigt werden laut Uni aber 64. „Damit kann die Pflichtlehre, aber nicht die Zusatzlehre abgedeckt werden“, erklärte eine Hochschul-Sprecherin. Priorität habe für die Universität nun die Lehre. Vom Hochschulsport als Freizeitangebot müssen voraussichtlich Kurse abgesagt und die Kursgebühr erstattet werden.

Die Schwimmer der Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“ am Luftschiffhafen müssen zum Unterricht hingegen nach Geltow, wo sie eine Halle der Bundeswehr nutzen, beziehungsweise nach Brandenburg. Die Leichtathleten fahren mit einem vom Olympiastützpunkt gemieteten Kleinbus nach Berlin in die Rudolf-Harbig-Halle. Viele Schüler verbringen mehr Zeit im Auto als im Training. Den Fahrdienst übernehmen Trainer oder Erzieher des Sportlerinternats. „Die Sportlerfamilie rückt enger zusammen“, sagt Schulleiter Rüdiger Ziemer und versucht so, der Situation etwas Positives abzugewinnen.

Ute Goldberg vom Tauchclub glaubt daran nicht. „Das ganze Chaos wird sich erst ab Januar offenbaren“, prophezeit sie. Nach den Weihnachtsferien beginne die Trainings- und Wettkampfzeit, sodass die Bahnen am Brauhausberg nicht ausreichen werden. Der Vorschlag der Stadt, dass sich die Vereine, die die gleichen Trainingsformate haben, bis 10. Januar selbst über eine Verteilung der Bahnen einigen sollen, nennt Goldberg „abenteuerlich“.

Auch auf dem Sportpark-Gelände selbst muss zusammengerückt und improvisiert werden. Die alte Fechthalle, die eigentlich schon abgerissen werden sollte, ist in den vergangenen Wochen zum Kraftraum umfunktioniert. In einem heruntergekommenen Funktionsgebäude dienen die Gänge als Laufgerade, die alten Büros als Krafträume. „Eine Katastrophe“, sagt Anne Pichler, Geschäftsführerin des Stadtsportbundes. Dort haben sie in den vergangenen Wochen eifrig versucht, mithilfe der Belegungspläne für Potsdamer Sport- und Schwimmhallen zusätzliche Trainingskapazitäten zu finden. Eine kaum lösbare Aufgabe.

Eine Initiative aus Sportlern, Trainern und Eltern mit dem Namen „Pro Luftschiffhafen“ spricht sich daher nun dafür aus, das Brauhausberg-Bad komplett für die Leistungssportler zu reservieren. „Die Sportler benötigen feste Strukturen, eigene Schränke, damit die Wege problemlos machbar sind“, heißt es in einem Schreiben der Initiative an die Stadtverwaltung. Es sei bedauerlich, dass der Breitensport und die Bürger dann kein öffentliches Schwimmbad mehr hätten, möglicherweise könnten diese aber in den frühen Abendstunden das Bad nutzen. „Der Brauhausberg ist nicht optimal dafür, aber derzeit die einzige Möglichkeit.“ Gerade die jungen Talente würden durch die Trainingsausfälle extrem nach hinten geworfen, so die Initiative.

„Der Vorschlag, die Halle für die Öffentlichkeit zu sperren, ist auch in der Stadtverwaltung diskutiert worden“, sagte Sprecher Jan Brunzlow gestern. Allerdings sei die Idee vorerst verworfen worden. Die Bürger müssten schon jetzt eingeschränkte Öffnungszeiten hinnehmen. Auch jene, die wegen gesundheitlicher Probleme oder zur Prävention Schwimmen gehen, sollten dazu weiterhin die Möglichkeit haben, sagte er. Selbstverständlich werde die Stadt schriftlich auf den Brief der Initiative reagieren. Unabhängig von den Platzproblemen wird die Situation zunehmend zur finanziellen Belastung für die Stadt. Mehr Nutzer und verlängerte Öffnungszeiten im Bad am Brauhausberg bedeuteten mehr Wasser, mehr Chemie und mehr Personal, sagte Bad-Chef Björn Meding. Hinzu kommen die ausbleibenden Mieteinnahmen am Luftschiffhafen. Der Linke-Stadtverordnete Stefan Wollenberg, der im Aufsichtsrat der Luftschiffhafen GmbH sitzt, spricht von einer sechsstelligen Summe. Hinzu kämen laufende Betriebs- und Personalkosten sowie die Aufwendungen, die für den Transport der Sportler zu Trainingsstätten in Berlin oder Brandenburg anfallen.

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