Benefizkonzert für Flüchtlinge aus Syrien: Zustände wie im 30-jährigen Krieg
Millionen Syrer sind derzeit auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg. Am Freitag gibt es für sie ein Benefizkonzert in der Nikolaikirche.
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Potsdam - Für Dieter Dombrowski ist das Thema Kriegsflüchtlinge eine Herzensangelegenheit: „Mich erreichen jeden Tag Hilferufe von Syrern, die um Unterstützung und Schutz bitten“, sagt der brandenburgische Landtagsvizepräsident. Seit mehreren Jahren setzt sich der CDU-Politiker gemeinsam mit der Berliner Kirchengemeinde St. Laurentius für Flüchtlinge ein und hat dadurch viele Kontakte zu syrischen Flüchtlingen im Ausland. Einmal bat ihn ein syrischer Junge per Internet um Hilfe: „Ich habe keinen Vater mehr, bitte hilf mir. Du bist mein Vater.“ „Das kann einen nicht kalt lassen“, sagt Dombrowski, der daraufhin zusammen mit der Kirchengemeinde versuchte, den Jungen legal nach Deutschland zu holen. Es hat funktioniert: Der Jugendliche lebt nun in Großräschen und entwickele sich sehr gut, erzählt Dombrowski.
Um individuelle Hilfe leisten zu können, braucht man nicht nur ehrenamtliches Engagement, sondern auch Geld. Daher veranstaltet der brandenburgische Landesverband des Unionhilfswerks am Freitag in Kooperation mit der „Helga und Alfred Buchwald“-Stiftung und der katholischen St. Laurentius-Gemeinde ein Benefiz-Konzert für syrische Flüchtlinge im Nikolaisaal. Das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus will Evergreens der Filmmusik spielen, von Indiana Jones über Harry Potter bis Star Wars. Dombrowski ist Initiator des Konzerts. Als er den Dirigenten Evan Christ gefragt habe, ob er ein Benefizkonzert für syrische Flüchtlinge spielen wolle, habe dieser sofort ja gesagt. Auch das Orchester steht voll hinter der Sache: Alle Musiker wollen zugunsten der Flüchtlinge auf ihre Gage verzichten.
Zehn Millionen Syrer auf der Flucht
Ein Engagement, das dringend nötig ist: Rund zehn Millionen Syrer sind derzeit wegen des seit vier Jahren tobenden Bürgerkriegs auf der Flucht – etwa die Hälfte der syrischen Gesamtbevölkerung, sagt Dombrowski: „Das sind Zustände wie in Deutschland während des 30-jährigen Krieges.“ Dabei sei Syrien ein hochentwickeltes Land gewesen: „Es wurde oft die Schweiz der arabischen Welt genannt.“ Der CDU-Politiker hat selbst viele der Länder besucht, in denen Syrer derzeit Zuflucht suchen, etwa den Libanon oder Ägypten. Die Bedingungen für die Flüchtlinge sind dort alles andere als gut: „Das Elend in den Lagern ist dramatisch, nicht nur was Dinge wie Lebensmittelversorgung angeht. Viele der Kinder und Jugendlichen dort waren seit vier Jahren nicht mehr in der Schule.“
Das beim Konzert eingenommene Geld soll Flüchtlingskindern und -familien im Ausland zukommen, um deren Situation vor Ort zu verbessern, etwa um dringende ärztliche Behandlungen durchzuführen oder auch Flugtickets in Aufnahmeländer zu bezahlen. So habe man etwa einem Flüchtling in Kairo eine Herzoperation bezahlen können, berichtet Dombrowski. Zum anderen unterstützt die Organisationen in Deutschland ankommende Flüchtlinge, zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder dabei, die nötigsten Kosten in der Anfangsphase zu übernehmen.
Laurentius-Gemeinde sammelte über 700.000 Euro Spenden
Im Laufe der letzten vier Jahre konnte die St. Laurentius-Gemeinde rund 700.000 Euro Spenden sammeln und damit bis zu 900 Menschen helfen, Einzelpersonen oder Familien in konkreten Notlagen. Auch wenn die ehrenamtlichen Helfer immer wieder an Grenzen stoßen, werde die Arbeit unverändert fortgeführt, erklärt Dombrowski: „Der Pfarrer sagt nie Nein, wenn jemand um Hilfe bittet.“ Eine Einstellung, die für ihn als katholischer Christ genauso gelte.
Die Laurentius-Gemeinde kann dank der vielen Spenden viele Erfolgsgeschichten vorweisen: In Kairo wurden eine Bäckerei und ein Restaurant eingerichtet, um 90 Flüchtlingen Arbeit zu geben, ein junger Medizinstudent konnte dank der Hilfe aus Deutschland nach Waren an der Müritz kommen und dort sein Studium abschließen. Aus den Medien ist der Konflikt in Syrien mittlerweile fast verschwunden. Für Dombrowski ist das Benefizkonzert daher nicht nur ein Anlass zum Spendensammeln, sondern auch, um auf das Thema öffentlich wieder aufmerksam zu machen: „Wir wollen ein Signal setzen, dass diese Flüchtlinge bei uns willkommen sind.“ Auch Potsdam hat schon viele syrische Flüchtlinge aufgenommen, allein 75 in diesem Jahr.
Das Konzert im Nikolaisaal beginnt am Freitag um 19 Uhr, Einlass ist um 18 Uhr. Die Tickets kosten zwischen 15 und 35 Euro
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