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Szenarien der Klimaforscher sehen Elbgebiet in 50 Jahren von Grundwassermangel heimgesucht

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Szenarien der Klimaforscher sehen Elbgebiet in 50 Jahren von Grundwassermangel heimgesucht Von Jan Kixmüller Die Flüsse haben uns in den vergangenen beiden Jahren gezeigt, was mit dem Klima los ist. Nach dem verheerenden Elbhochwasser 2002 folgten Pegeltiefstände an Oder und Elbe im Dürresommer 2003. Wenn nun eine Studie des Pentagon davor warnt, dass die Auswirkungen des vom Mensch verursachten Klimawandels drastischere Folgen haben werden als der Terrorismus, dann bleibt recht abstrakt, was gemeint ist. Die Ergebnisse von lokalen Klimastudien machen vielleicht deutlicher, was passiert, wenn die Temperatur gleichmäßig so weiter steigt, wie in den vergangenen 100 Jahren. So könnte im Großraum Berlin schon in einigen Jahrzehnten das Grundwasser knapp werden. Dr. Frank Wechsung vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) kommt in einer Untersuchung über Herausforderungen des globalen Wandels für das Elbgebiet zum Ergebnis, dass ab 2040 die Region von extremem Grundwassermangel betroffen sein könnte. „In trockenen Jahren kommt der Berlin-Zufluss über die Spree praktisch zum erliegen“, sagte der Forscher auf der Abschlusskonferenz des GLOWA-Elbe-Projektes, das seit vier Jahren Auswirkungen des Klimawandels auf Umwelt und Gesellschaft im Elbgebiet untersucht (GLOWA: Globaler Wandel des Wasserhaushaltes). Klimaforscher Wechsung geht davon aus, dass unsere Region nicht vor dem Klimawandel steht, sondern schon mittendrin ist. Die Messdaten aus der Elbregion würden für die vergangenen Jahre einen flächendeckenden Trend steigender Temperaturen zeigen. Auffällig dabei ein „Hot Spot“ nördlich von Berlin: nirgendwo sonst in Europa ist die Sommertemperatur in den vergangenen 40 Jahren stärker angestiegen als in der Uckermark. Zu verzeichnen war zudem ein Rückgang der Sommerniederschläge um 46 Millimeter, während die Winterniederschläge um 50 Millimeter zunahmen. Bis 2055 geht GLOWA-Elbe von einem Anstieg der Temperatur um weitere 1,4 Grad gegenüber dem Zeitraum 1951-2000 aus. Bei der Niederschlagsentwicklung differieren zwar die verschiedenen Simulationen in ihren Ergebnissen. „Für die Elbregion von besonderer Bedeutung ist ein fortgesetzter Rückgang der Sommerniederschläge und eine Auflösung des Trends zu steigenden Winterniederschlägen“, fasst Wechsung aber zusammen. Die Ergebnisse unterscheiden sich stark nach Region und Jahrzehnt. Eine Zweiteilung bei den Niederschlägen zeichnet sich nach der Untersuchung von Dr. Daniela Jacob (MPI Hamburg) ab. Der Abnahme von Regen in einigen Gebieten würden deutliche Zunahmen in anderen Lagen gegenüber stehen. Das Szenarium lasse zunächst für den Zeitraum 2020-49 eine leichte Niederschlagszunahmen erkennen, die im Winter stärker ausfällt als im Sommer. Die Dekade 2030-39 ist demnach die regnerischste Periode mit über 30 Prozent mehr Niederschlag im deutschen Teil des Elbgebietes. Das Gebiet östlich des Erzgebirges wird in allen drei Jahrzehnten durch die geringste Änderung gekennzeichnet. Unterm Strich spricht die Forscherin von einer „erheblichen Änderung“ bei Niederschlag und Temperatur. Für den folgenden Zeitraum 2040-55 kommt Prof. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom PIK mittels einer Modellrechnung auf eine deutliche Abnahme der Niederschläge in den Gebieten Magdeburg, südlich von Berlin und in Odernähe. Das Gebiet mit weniger als 500 Millimeter Niederschlag pro Jahr wird sich demnach deutlich vergrößern, in einigen Regionen, etwa im Leebereich des Harzes, wird die jährliche Regenmenge sogar unter 400 Millimeter fallen. Parallel dazu wird die Sonnenscheindauer im Sommer erheblich zunehmen. In anderen Gebieten allerdings, etwa den westlichen Gebirgsregionen von Harz und Thüringer Wald, wird eine Zunahme von bis zu 300 Millimeter Regen simuliert. Demnach stehen uns also weiterhin sowohl Hochwasser als auch Niedrig-Pegelstände ins Haus, je nach Jahr und Lage. Die prognostizierte Trockenheit Mitte des Jahrhunderts muss zusammen mit dem Wegfall von Feuchtgebieten gesehen werden. In den letzten Jahren sind schon ein Großteil der Feuchtgebiete und Moore (83 Prozent) in der Elbregion verloren gegangen, die Überflutungsflächen verringerten sich von über 600 000 Hektar auf gut 80 000 Hektar. „Die Erhaltung der Feuchtgebiete ist ein wichtiger Aspekt im Umgang mit dem Klimawandel“, merkte Prof. Volkmar Hartje (TU Berlin) an. Erschwerend kommt für die Elbregion hinzu, dass einige Modell einen Rückgang der Getreideerzeugung um mehr als ein Drittel vorhersagen, wobei Weizen eine negative Bilanz, Mais aber einen positiven Trend zeigt. Das Treffen der Klimaexperten in Potsdam brachte eine Fülle von Detailergebnissen. Wohl gemerkt sind es Szenarien, doch die meisten von ihnen decken sich mit den Beobachtungen der vergangenen Jahre, scheinen also dem derzeitigen Trend weiter in die Zukunft zu folgen. Bedenklich sicher auch die Anmerkung von Prof. Gerstengarbe. Seine Berechnungen mit einem Temperaturtrend von 1,4 Grad bis 2055 gehen noch von einer moderaten Erwärmung aus. Es gibt auch Worst-Case-Szenarien, die von einer stärkeren Erwärmung sprechen. Bei weiter ungezügeltem Ausstoß von Treibhausgasen dürfte dabei mit entsprechend stärkeren Veränderungen auch in der Elbregion zu rechnen sein. Weiteres zu GLOWA im Internet: www.glowa-elbe.de

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