
© Ronny Budweth/Ronny Budweth
275. Todestag von Johann Sebastian Bach: Eine Orgelmatinee in Potsdam für den König der Töne
Beim Potsdamer Orgelsommer wurde an den Todestag des berühmten Komponisten erinnert. Der Kantor von St. Nikolai hatte besondere Werke ausgesucht.
Stand:
Bach- und Orgelenthusiasten haben sich am Sonntag zu unüblicher Zeit in der St. Nikolaikirche getroffen. Die Brandenburgische Bach-Gesellschaft lud zu einer Orgelmatinée mit Nikolaikantor Björn O. Wiede ein. Anlass war das Gedenken an den 275. Todestag von Johann Sebastian Bach am 28. Juli 1750.
Am Abend fand ein weiteres Konzert mit dem renommierten polnischen Organisten Roman Perucki statt. Damit wurde dem diesjährigen Potsdamer Orgelsommer eine besondere Facette verliehen. Ohne Weihestimmung.
Eigentlich steht das Orgelwerk Bachs immer im Zentrum des langjährigen Festivals, ob ein Jubiläum oder ein Gedenken ansteht oder auch nicht. Er ist und bleibt der König der Töne.
Natürlich durfte auch das Potsdam-Stück Bachs im Matinée-Programm nicht fehlen: das Ricercare aus dem „Musikalischen Opfer“ BWV 1079. Der Leipziger Thomaskantor wurde während eines Besuchs in Potsdam im Jahr 1747 von König Friedrich II. im Stadtschloss empfangen. Der preußische Monarch spielte „ohne einige Vorbereitung in eigner höchster Person dem Capellmeister Bach“ ein Thema vor. Bach fand es „ausbündig schön“, sodass er es „in einer ordentlichen Fuga zu Papier bringen und hernach in Kupfer stechen lassen“ wollte.
Orgel von 2017
Für „Interpretationen“ hat Bach im „Musikalischen Opfer“ den Interpreten reichlich Spielraum gelassen, auch die verschiedenen Möglichkeiten instrumentaler Besetzung. Björn O. Wiede ließ die Orgel, erbaut 2017 von der Georgsmarienhütte bei Osnabrück, silberhell und glasklar erklingen, sodass man meinte, ein Instrument des barocken Orgelbaumeisters Gottfried Silbermann zu hören.
In Wiedes Interpretationen spürt man viel Empathie, bei denen es an Ausdrucksstärke und ein großes Maß an Transparenz nicht mangelt. Der souverän musizierende Organist gab dem Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552 Spannung und Farbigkeit. Mit spielerischer Freude trieb Björn O. Wiede dann auch bei der Tokkata in F-Dur BWV 540 oder der Tokkata und Fuge in d-Moll BWV 565 die fließenden Wellenbewegungen von Bachs raumgreifender Musik in oftmals dramatische Höhen, die er zumeist in einem raschen Tempo erreichen wollte. Als eine musikalisch tiefe Verbeugung vor dem König der Töne war wohl Wiedes bewegende Improvisation über den Namen B-a-c-h zu verstehen.
Doch Zeit für eine kontemplative Sammlung war in dieser Vormittagsstunde leider kaum gegeben. Die gab es tatsächlich erst um 12 Uhr als das Glockengeläut zu Bachs 275. Todestag in die St. Nikolaikirche drang und nachdenkliche Stille den Raum erfasste.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: