Kultur: Altmodisch, liebenswert
Ausstellung des Filmmuseums wird märchenhaft: 300 000 Euro erhalten
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Ausstellung des Filmmuseums wird märchenhaft: 300 000 Euro erhalten Weißt du noch, wie der Kleine Muck seine Pantoffeln überstreift, und dann wie der Blitz davon saust? Oder wie ihm die Ohren wachsen, als er Feigen isst? Gespräche über alte DEFA-Märchen sind ein Selbstläufer. Fest haben sich die Bilder eingeprägt, und sind aus der Kindheit mit ins Erwachsenenleben hinüber gewandert. Gern ist man aber auch jenseits des „Zappelalters“ der Magie von Prinzen, Feen, Hexen und Riesen erlegen, vor allem wenn am Ende das Gute über das Böse siegt. „Nicht nur Kinder brauchen Märchen“, ist sich Filmmuseums-Chefin Bärbel Dalichow sicher. „Ohne Märchen verlieren wir eine ganze Welt: den tiefen Zauber der Märchenfiguren, die Kraft der alten Texte, den Trost und die Anregungen, die auch altmodische Märchenfilme geben können.“ Die Museumsdirektorin wird sich nun bald täglich mit dieser Welt umgeben können. Gestern nahm sie aus den Händen von Kulturministerin Prof. Johanna Wanka einen symbolischen Scheck in Höhe von 300000 Euro entgegen: der „Schlüssel“ für eine ständige Märchenwelt-Ausstellung, die am 1. Juni 2005 eröffnen soll. Das Geld dazu aquirierte die Ministerin – selbst großer Fan vom „Kleinen Muck“ und vom „Singenden Klingenden Bäumchen“ – bei der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Dr. Christina Weiss. „Eine Dauerausstellung im Potsdamer Filmmuseum muss natürlich das Thema Märchenfilme ausführlich beleuchten. Zum einen waren Märchenfilme ja bekanntermaßen eine Babelsberger Spezialität und zum anderen dürfte mit dieser Ausstellungserweiterung die Anziehungskraft des Museums für Kinder und Familien noch stärker wachsen“, ist sich die Ministerin sicher. Wie eine Ziehharmonika soll sich die Märchenschau ab kommenden Sommer in der oberen Etage erstrecken. In der Advents- und Weihnachtszeit wird sie voll aufgezogen, im Frühling und Sommer wieder etwas zusammengeschoben, um auch Platz für Wechselausstellungen zu haben. Aus Motiven von elf Filmen, nach Märchen der Gebrüder Grimm, Wilhelm Hauff, Hans Christian Andersen, Bettina von Arnim und Michael Ende, soll der Ausstellungsstoff gewebt werden. Noch tüfteln Bärbel Dalichow sowie ihre Kolleginnen Ugla Gräf und Christine Handke an dem genauen Konzept, um möglichst variantenreich den Fächer der Fantasie zu öffnen. Denn die Besucher sollen nicht nur über die Originale aus den Filmen, Requisiten, Märchenlandschaften und Filmtricks staunen: „Wir wollen sie auch zum Mitmachen animieren. Natürlich sollen auch die Texte der alten Märchen gelesen und gehört werden, denn ihre Weisheit liegt auch in ihrer schönen Sprache“, so Bärbel Dalichow, die sich über Statistiken freut, die besagen, dass in deutschen Kinderzimmern wieder stärker gelesen wird und die Eltern das „Schöngeistige“ nicht nur den Medien überlassen. „Oft kennen die Kinder Märchen nur noch aus Comics oder als Verballhornung. Und unsere alten Märchenfilme können natürlich auch nicht mit Disneys Wunderland konkurrieren. Diese Werbemaschinerie ist unerreichbar.“ Aber das europäische Bildungsgut dürfe dennoch nicht nach hinten runterfallen. „Gerade unsere Märchen sind so schön altmodisch und beruhigend.“ Es wird auch etwas wissenschaftlich in der neuen Ausstellung zugehen. Denn wer würde nicht gern wissen, mit welchem Gift die eifersüchtige Stiefmutter das hellhäutige Schneewittchen umbringen wollte und ob man so eine Missetat tatsächlich im Koma überstehen kann. Aber nichts geht natürlich ohne den legendären Kleinen Muck, der in der Märchenschau mit für leuchtende Augen sorgen wird. Und wer dann durch die Filmausschnitte und Requisiten so richtig angefüttert ist, der kann sich Nachschlag holen. Auf Wunsch werden die Filme im hauseigenen Kino auch in ganzer Länge gezeigt.Heidi Jäger
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