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Kultur: Am seidenen Faden

Potsdamer Winteroper startet am Freitag mit Rossini ihre dritte Saison

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„Die seidene Leiter“ ist eher ein seidener Faden: Zwar sprechen alle von einer Erfolgsgeschichte. Dennoch bangen sie zugleich um ihre Fortschreibung. Nach wie vor ist die Finanzierung der Potsdamer Winteroper, die am Freitag mit der Premiere der Oper „Die seidene Leiter“ ihre dritte Neuauflage erlebt, eine Zitterpartie. Weniger als die Hälfte der 300 000 Euro, die das ambitionierte Unternehmen kostet, steuert die öffentliche Hand bei. Auch auf der gestrigen Pressekonferenz im Hotel Steigenberger hielten sich Stadt und Land mit konkreten Zusagen zurück. Hajo Cornel, Abteilungsleiter im Kulturministerium, zeigte sich zwar froh, dass sein Haus vor drei Jahren die Waghalsigkeit eingegangen ist, das Projekt mit zu unterstützen. „Aber ob wir in der Lage sind, die Entwicklungssprünge, die die Winteroper nimmt, mitvollziehen zu können, kann ich nicht versprechen.“ Und damit nahm er seiner Kollegin aus der Stadt, Kultur-Fachbereichsleiterin Birgit-Katherine Seemann, fast die Worte aus dem Munde. Sie räumte zwar ein, dass es Ansätze dafür gebe, im kommenden Jahr eine Sockelfinanzierung bereit zu stellen – gespeist aus Hauptstadtmitteln – doch auch bei ihr blieb alles vage. Allein, woher die jetzigen städtischen Zuschüsse von 20 000 Euro kommen, klang äußerst nebulös: „Aus Veräußerungen, die vorher nicht geplant waren,“ sagte sie.

Auf jeden Fall fließt das Geld in die am 24. November beginnende Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Cosi fan tutte“ sowie in die Neuinszenierung von „La scala di seta“ (Die seidene Leiter) von Rossini, die als Koproduktion von Kammerakademie Potsdam und Hans Otto Theater am Freitag erstmals im Schlosstheater zu erleben ist. Diese verworrene Liebeskomödie lebt von dem absurden Beziehungsgeflecht zweier Frauen mit drei Männern, in dem die seidene Leiter das wichtigste Requisit ist. Die Inszenierung steht ganz im Zeichen Italiens: nicht nur die Sänger sind von dort. Auch Regisseurin Caterina Panti Liberovici ist Italienerin. Wie auch Andrea Marcon, der Leiter der Kammerakademie Potsdam, in dessen Händen die Einstudierung liegt – und Felice Venanzoni, der den Einakter vom Hammerflügel aus leitet.

Offensichtlich trifft diese internationale Ausrichtung den Nerv der Besucher. „Es ist das erste Jahr, dass wir die Karten so schnell an unsere Gäste bringen konnten. Von den 800 Tickets sind bereits 750 verkauft. Das ist für uns ein großer Erfolg und zeigt, dass Kontinuität etwas zu Wege bringt“ so Gondra Wettley, die sich gestern im Namen der elf in der Erfa-Gruppe vereinten Potsdamer Hotels äußerte. Diese stehen mit rund 40 000 Euro hinter der Winteroper, die über touristische Durststrecken helfen soll. „Wir sprechen mit diesem speziellen Angebot ein sehr kunstinteressiertes Publikum an, das auch bereit ist, entsprechendes Geld zu bezahlen. “ In dem Kulturpaket der Hotelgäste werde erstmals eine Führung im Neuen Palais, Schloss Sanssouci oder im Marmorpalais mit enthalten sein. Zudem gebe es eine Einführung in die Oper. Am besten ließe sich das Kulturangebot, das auch von der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH mit 50 000 Euro bezuschusst wird, promoten, wenn die Termine sehr langfristig feststünden. „So wie bei der Schlössernacht“, betonte Steigenberger-Chefin Gondra Wettley.

Doch dem steht die fananzielle Unwägbarkeit im Wege. Gerade erst hat die Kammerakademie seinen Zuwendungsbescheid für dieses Jahr erhalten. Das bedeutet, dass die Verträge mit den Künstlern immer auf Risiko eingegangen werden. Dennoch brodelt es durchaus schon weiter in der Ideenküche der Kulturträger. Theaterintendant Uwe Eric Laufenberg möchte nächstes Jahr gemeinsam mit Konrad Junghänel Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ auf die Schlosstheater-Bühne bringen und mit Regisseur Ingo Kerkhof steht man in Verhandlung für die Händel-Oper „Alcina“, für die wiederum Andrea Marcon die musikalische Leitung übernehmen soll und die als Koproduktion mit den Händel-Festspielen angedacht ist.

„Wenn wir diese zwei hochkarätig angelegten Inszenierungen realisieren wollen, dann werden wir mit dem diesjährigen Budget nicht auskommen. Dazu sind wir mit Stadt und Land im Gespräch“, so der Vereinsvorsitzende der Kammerakademie, Jochim Sedemund. Er könnte sich gut vorstellen, mit den Produktionen auch in andere Städte zu reisen.

„Jede dieser Neuproduktionen kostet 200 000 Euro und das ist äußerst kosteneffizient. Eigentlich sind die Honorare für die Künstler sittenwidrig. Wir sind bereit, viel zu geben, aber es gibt Grenzen“, so Frauke Roth, Geschäftsführerin der Kammerakademie. Dennoch verdienen sich die Musiker ihres Orchesters durch die Winteroper ein kleines Zubrot: „Im Durchschnitt haben unsere Musiker einen Monatsverdienst von 800 Euro, durch die Winteroper kommen sie auf rund 1000 Euro,“ betont Sedemund.

Da die Karten für die beiden diesjährigen Opern-Angebote mit jeweils vier Aufführungen im Freiverkauf im Nu vergriffen waren und nur noch Restkarten vorhanden sind, möchte Laufenberg am 29. und 31. Dezember den Potsdamerm zwei Vorstellungen anbieten, die auf Kostendeckung zielen. „Dafür müssen wir aber Preise bis zu 90 Euro nehmen. Wir wissen nicht, ob die Leute dazu bereit sind.“ Denn selbst wenn sich eine Inszenierung bei steigenden Vorstellungszahlen besser rechne, bleiben die Aufführungen bei erträglichen Preisen immer ein Zuschussgeschäft. Und damit ein Thema der öffentlichen Hand.Heidi Jäger

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