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Kultur: Ambivalent

Der Dokumentarfilmer Karl Gass ist verstorben

Stand:

Im Jahre 1962 schuf der Kleinmachnower Dokumentarfilmer Karl Gass den Streifen „Schaut auf diese Stadt“, eine Dokumentation zum Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Er gehörte in den sechziger Jahren zum Kino-Schulpflichtprogramm. Der Filmemacher wollte in ihm belegen, ganz im Sinne der SED-Machthaber, wie durch die Politik der Westmächte die Schließung der Grenzen zwischen West- und Ostdeutschland, West- und Ostberlin zwingend wurde.

Ab 1950 schuf er als Drehbuchautor und Regisseur bei der DEFA nahezu 30 Filme. Es waren vor allem Reportagen in Betrieben und in der Landwirtschaft, wo ihn die Arbeitsbedingungen und der Alltag der Menschen interessierten. Dabei sparte er nicht mit kritischen Anmerkungen zu bürokratischen Tendenzen in der DDR. Dafür wurde er von oben kritisiert. Daraufhin beschäftigte er sich seit den achtziger Jahren verstärkt mit der deutschen Geschichte im vergangenen Jahrhundert. So drehte er „Das Jahr 1945“ mit unbekanntem Material über „die letzten 128 Tage des Krieges in Europa und die ersten Tage danach“(1985). Eine thematische Ergänzung dazu: „Eine deutsche Karriere“ (1987) über Großadmiral Karl Dönitz. Nach der Wende veröffentlichte Karl Gass auch Bücher. Eines seiner Werke heißt „Der Militärtempel der Hohenzollern“. Darin zeichnet er ein undifferenziertes Bild über die Garnisonkirche Potsdam und seine Geschichte. Der Filmregisseur und Buchautor wollte mit seinen ambivalenten Arbeiten, die alle aus einer sozialistischen Grundhaltung entstanden sind, zu nützlichen Diskussionen, zu Fragen und Antworten herausfordern. Und dies ist ihm gelungen. Quer durch politische Bekenntnisse und Haltungen, Freund und Feind nicht schonend.

Der am 2. Februar 1917 in Mannheim geborene Karl Gass war Mitbegründer des renommierten Internationalen Dokumentarfilmfestivals Leipzig, seine Schüler Volker Koepp, Gitta Nickel oder Winfried Junge gehören zu den bekannten ostdeutschen Dokumentarfilmern. Am Donnerstag ist er kurz vor seinem 92. Geburtstag verstorben. Klaus Büstrin

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