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Kultur: Auf der Flucht zurück ins Mittelalter

„Die Zeitreise im Angesicht des Todes“ hat Premiere: Für die Kindertheatergruppe Samurai ein Festivalticket nach Frankreich

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„Die Zeitreise im Angesicht des Todes“ hat Premiere: Für die Kindertheatergruppe Samurai ein Festivalticket nach Frankreich „Die Zeitreise im Angesicht des Todes“ überschrieb die Kindertheatergruppe Samurai des Offenen Kunstvereins ihre jüngste Inszenierung. Ein Schrecken einflößender Titel für ein Nachwuchswerk. „Die Kinder wollten es nicht harmloser und ließen auch nicht mit sich diskutieren“, so die Spielleiterin Ulrike Schlue. Und da es im Theater, wie sie es versteht, demokratisch zugehen sollte, setzten sich die Kleinen schließlich durch. Sie waren es ja auch, die die wesentlichen Impulse für die neue Eigenproduktion gaben. Die erfahrene Schauspielerin und der 22-jährige Tilman Gegenbauer, der sich über die verschiedenen Kinder- und Jugend-Theatergruppen zum Assistenten von Ulrike Schlue „hoch spielte“, gaben anfangs anregende Themen-Fetzen in die 12-köpfige Samurai-Runde. „Wir konfrontierten die Kinder mit bestimmten Ausgangssituationen und ermunterten sie, den Faden einfach weiterzuspinnen.“ Da hieß es beispielsweise: Stell dir vor, du bist allein zu Hause und hörst merkwürdige Geräusche... Oder: Auf dem Schulhof liegt eine Rose und jemand kniet daneben. Was könnte vorher passiert sein? Aus diesen Spielsituationen erwuchsen kleine Geschichten und nach wochenlangen Proben schließlich das Stück. Ist die Fantasie erst einmal angekurbelt, sprudeln die verrücktesten Ideen hervor, so die Erfahrung der Spielleiter. Fazit dieses Improvisierens: Immer wieder gewannen magische Themen die Oberhand, übernahmen Tod und Teufel sowie die Engel in ganz normalen Alltagssituationen die Hauptrollen. Da spukte der Geist über den Schulhof, wurde auf einem Klassenausflug ein Schüler von unbekannte Wesen entführt. Nach und nach kristallisierte sich über dieses spielerische „Dichten“ eine Mönchsgeschichte heraus, in der ein Kind ins Mittelalter entflieht, aber auch dort in bedrohliche Situationen gerät. Also eilt es wieder in die Gegenwart zurück. „Wenn das Grundgerüst für ein Stück steht, muss man immer noch schauen, ob die Begeisterung der Kinder auch anhält. Keinesfalls dürfen sie steif werden und nur brav ihre Texte aufsagen. Dann haben wir es lieber etwas wilder, aber dafür lebendiger“, so Ulrike Schlues Prinzip. Der sparsame und gut gesetzte Umgang mit Texten hat bei dieser inzwischen dritten Samurai-Inszenierung einen ganz besonderen Stellenwert. „Er muss sich als Festival tauglich erweisen.“ Denn die jüngste der fünf Theatergruppen des Offenen Kunstvereins reist im Mai zum Internationalen Kindertheaterfestival nach Valenciennes in Frankreich. Zu den „Auflagen“ für eine Teilnahme gehörte, dass auf der Bühne nur Kinder zwischen 8 und 12 Jahren sein dürfen und dass sich das 30-minütige Stück bilder- und bewegungsreich sowie textsparsam erweist. Prämissen, auf die sich Samuari gut einlassen konnte. Um der Bewegung noch einen besonderen Kick zu geben, erlernten die kleinen Akteure bei einem Lehrer in der fabrik den Stockkampf. Die langen Hölzer gehören zu den wenigen Requisiten, die mit auf die Reise gehen. Ansonsten wird das Bühnenbild gut transportabel aus Projektionen bestehen, die zwei 14-jährige Multimedia-Spezialisten vom „fmb-horrorservice.de“ entwickelten. „Nach ,Der Geheimnisberg“ und ,Fette Bulette“ konnten wir bei der jetzigen ,Zeitreise“ schon viel mehr formen und feste Theatervereinbarungen treffen. Mit richtigen Anfängern wäre ich das Wagnis eines Festivals nicht eingegangen“, weiß Ulrike Schlue. Nunmehr treten die Potsdamer neben einer im indischen Exil lebenden tibetischen Gruppe, einer aus PapuaNeuguinea und einer aus den USA auf – „eine kleine, bizarre Mischung.“ Drei Auftritte sind geplant. Höhepunkt wird die Vorstellung in einem großen Theater mit 700 Plätzen. Doch Lampenfieber haben die Reisenden nicht nur vor der Bühnenpräsenz. Genauso prickelnd wird sicher die Begegnung mit den Gastfamilien und den französischen Schulklassen, mit denen schon eifrig korrespondiert und die so wichtigen Fotos gewechselt werden. Nun aber ist erst einmal in Potsdam Premieren-Aufregung angesagt: „Die Zeitreise im Angesicht des Todes“ beginnt. Heidi Jäger Aufführungen am Sonnabend und Sonntag, jeweils 18 Uhr, in der fabrik.

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