zum Hauptinhalt
Auch bald live in Potsdam zu erleben. Zumindest auf der Leinwand: Die Sopranistin Anna Netrebko.

©  Michael Kappeler/ddp

Von Dirk Becker: Auf in die Met!

Die UCI-Kinowelt holt die großen Opern von New York nach Potsdam: Live und in Farbe

Stand:

Dieser Satz hat Klang. „Heute Abend gehe ich in die Met!“ Und es könnte gut möglich sein, dass man diesen Satz in Zukunft in Potsdam bald öfter hören wird.

Wer durch Zufall ein Gespräch mithört, in dem dieser Satz fällt, muss natürlich sofort stutzig werden. Erst recht, wenn das Gespräch am frühen oder gar späten Nachmittag stattfinden sollte. Und perfekt wird die Verwirrung, wenn in diesem Gespräch gefragt wird, was an diesem Abend in der Metropolitan Opera, dem ehrwürdigen Opernhaus in New York, denn zu sehen und zu hören sein wird.

„Donizettis Don Pasquale mit der Netrebko als Norina.“

„Ah, als Norina hat die Netrebko doch 2006 ihren Durchbruch in New York gefeiert. Eine Wiederaufnahme also. Das sollte man sich nicht entgehen lassen. Da komme ich mit, Karten gibt es bestimmt noch.“

Von Potsdam nach New York in zwei, drei Stunden? Und dann davon ausgehen, dass es ausgerechnet noch Karten geben sollte für einen Abend mit Anna Netrebko, dem wohl strahlendsten Sopranstern am Opernhimmel, wo doch jeder Opernfreund weiß, dass solche Highlights oft schon Monate vorher ausverkauft sind? Wer so redet, macht entweder Witze oder hat zu tief ins Glas geschaut. Und wenn dann auch noch als gemeinsamer Treffpunkt die Treppe zur UCI Kinowelt in den Bahnhofspassagen erklärt wird, bleibt dem neugierig gewordenen Zuhörer am Rande nur noch empörtes Kopfschütteln. Oder er hält das Unmögliche für möglich, wenn auch nur in begrenztem Maße.

Denn es ist wirklich so, dass ab Oktober die Operninszenierungen der Met-Saison 2010/11 als Liveerlebnis möglich werden, ohne dafür Potsdam verlassen zu müssen. „The Metropolitan Opera live im Kino“ heißt die Reihe, die mit Richard Wagners „Das Rheingold“ am Samstag, dem 9. Oktober, beginnt. Manch Opernliebhaber wird bei den Worten Liveübertragung und Kino wahrscheinlich nur verächtlich die Nase rümpfen. Und dann ausgerechnet noch in der UCI Kinowelt?

René Pilz, Geschäftsführer in der Potsdamer UCI Kinowelt, weiß, dass an seinem Haus hartnäckig das Klischee klebt, ein reines Popcornkino zu sein, in dem das Programm vor allem von Blockbustern dominiert wird, in denen nur der spektakuläre Effekt tobt. Ganz nach dem Motto: Beim Kauf einer Kinokarte können Sie an der Kasse gleich das Gehirn mit abgeben, das wird sowieso nicht gebraucht.

Pilz lächelt, wenn er auf dieses unschöne Klischee angesprochen wird. Aber es ist kein beleidigtes oder entschuldigendes Lächeln. Da ist René Pilz ganz souverän. „Klar sind wir ein Popcornkino“, sagt Pilz und fügt nach kurzer Pause hinzu: „Aber nicht nur das.“ Dann zählt er auf, dass in der UCI Kinowelt regelmäßig auch Filme laufen, die in jedem Programmkino, das sich auf sogenannte anspruchsvolle Filme spezialisiert hat, zu finden sein sollten. Es gibt Premieren, zu denen Schauspieler oder Regisseure für anschließende Filmgespräche eingeladen wurden. Und auch Konzerte waren schon in dem Kino zu erleben. Doch die insgesamt acht Opernaufführungen, live übertragen aus New York, sind dann doch eine neue Dimension. Seit dem Herbst 2009 sind Opern aus der Met in vielen deutschen Kinos zu erleben. Und in vielen dieser Kinos sind diese Abende Erfolge, sind die Kinosäle fast immer ausverkauft.

Ob das auch in Potsdam der Fall sein wird, da will sich René Pilz mit Prognosen nicht zu weit vorwagen. „Letztendlich sprechen wir mit diesem Angebot auch ein neues Publikum an. Und es wird sich zeigen, ob der Opernfreund auch ins UCI kommen möchte“, so Pilz. Was gezeigt wird, kann kaum dagegen sprechen. Neben Wagners „Rheingold“ im Oktober und Donizettis „Don Pasquale“ mit Anna Netrebko im November, wird im Februar Glucks „Iphigenie en Tauride“ mit Plácido Domingo und im April Rossinis „Le Comte Ory“ mit Juan Diego Flórez zu erleben sein. Den Abschluss der Met-Reihe wird im Mai Wagner bilden. Dieses Mal „Die Walküre“ mit Jonas Kaufmann. Allein die Namen lesen sich schon wie ein Versprechen.

„Und wir übertragen wirklich live. Egal was auf der Bühne in New York passiert, alles wird auch hier in Potsdam zu erleben sein“, sagt Pilz. Um eine solche Operninszenierung auch in einem Kinosaal zu einem Erlebnis werden zu lassen, muss natürlich die Technik stimmen. Und die wurde, so Pilz, erst in diesem Jahr den hohen Anforderungen und Ansprüchen gerecht. Allein 12 mobile Kameras werden das Geschehen von der Bühne auf die Leinwand holen. Und wenn schon der optische Eindruck das Gefühl vermittelt, man sitzt in der ersten Reihe, soll der Klang dieses Gefühl noch einmal überhöhen. René Pilz, der eine solche Liveübertragung schon erlebt hat, sagt, dass dabei wirklich das Gefühl entsteht, man sei mittendrin.

Für die Gäste der Opernübertragungen wird im UCI extra eine Art VIP-Bereich eingerichtet. In den Pausen, die auch aus New York übertragen werden, garniert mit Blicken hinter die Kulissen, wird es ein Glas Champagner und Kanapees geben. Ein besonderer Abend also, der nicht an der Tür zum Kinosaal enden soll. Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob man denn auch Popcorn für die Opernübertragungen kaufen könne, antwortet Pilz nur mit einem milden Lächeln.

Wer sich Karten für alle acht Übertragungen kauft, bezahlt pro Vorstellung 23 Euro. Im Vorverkauf kostet die Karte 25, an der Abendkasse 27 Euro. Ein Preis, im Vergleich zu Opernkarten geradezu lächerlich, der vielleicht doch manchen abschrecken wird. „Ich bin gespannt, ob Potsdam sich darauf einlässt“, sagt Pilz. Vielleicht wird aber „The Metropolitan Opera live im Kino“ nicht nur den Opernfan in die UCI Kinowelt holen, sondern auch ein neues Publikum für die Oper gewinnen. Und dann wundern sich irgendwann nur noch wenige, wenn mal wieder der Satz fällt:  „Heute Abend gehe ich in die Met!“

Auftakt der Reihe „The Metropolitan Opera live im Kino“ am Samstag, 9 Oktober, 19 Uhr, mit Richard Wagner „Das Rheingold“ in der UCI Kinowelt in den Bahnhofspassagen. Alle weiteren Termine, Informationen und Kartenreservierung auch im Internet unter:

www.uci-kinowelt.de

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })