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Kultur: Aufstieg und tiefer Fall

Ein neues Buch erzählt über 600 Jahre Gesichter einer Herrschaft: „Die Hohenzollern in Brandenburg“

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Vor 600 Jahren standen die Hohenzollern am Start, um 500 Jahre lang in der Mark zu herrschen. Wie es dazu kam, wo doch zunächst die Askanier in „des Reiches Streusandbüchse“ das Sagen hatten, dann für kurze Zeit die Wittelsbacher folgten?

Der römisch-deutsche Kaiser Sigismund belehnte während des Konstanzer Konzils 1415 seinen Gefolgsmann – Mitglied des Hauses Hohenzollern Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg – mit dem erblichen Besitz der Mark Brandenburg. Ihm wurde die Kur- und Erbkämmererwürde verliehen. Von nun an durfte er sich Friedrich I. Kurfürst von Brandenburg nennen. Damit mündete die Entwicklung des süddeutschen Grafengeschlechts in die Geschichte Brandenburg-Preußens, von wo aus sie zu europäischer Größe aufstieg. Doch musste sie auch ihren tiefen Fall zu Beginn des 20. Jahrhunderts erleben.

Insgesamt 20 Regierende gab es, ganz verschieden in ihren Lebensschicksalen, Charakteren und politischen und kulturellen Leistungen. Einen spannenden Einblick in die Geschichte der alten Familie vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert mit all ihren Brüchen und Widersprüchlichkeiten gibt das jetzt im Regensburger Verlag Friedrich Pustet erschienene Buch „Die Hohenzollern in Brandenburg – Gesichter einer Herrschaft“. Veröffentlicht wurde es im Auftrag des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, in dessen Magazinen Tausende von Metern Quellenmaterial zur Geschichte der Hohenzollern lagern.

Archiv-Direktor Klaus Neitmann schreibt im Geleitwort, dass die hohenzollernsche Dynastie und ihre Landesherrschaft „ihre rückblickenden Betrachter in Verehrung oder Abneigung nicht unberührt“ lassen. Herausgeber Thomas Fischbacher, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut der Universität Potsdam, hat mit weiteren 14 Autoren Porträtskizzen verfasst. Keine Monarchenwürdigung im traditionellen Stil allerdings, sondern eine kenntnisreiche Rekonstruktion von Etappen brandenburgischer und preußischer Geschichte. Die Idee Fischbachers, die Biografien anhand gemalter Porträts zu erzählen, geht bestens auf: Die bildlichen Darstellungen verdeutlichen die jeweilige Zeit, ihre Atmosphäre.

Porträts sollten immer schon das Repräsentationsbedürfnis von Regenten befriedigen. In der Renaissance haben sie sich oft auf Altarbildern konterfeien lassen, um sich als deren Stifter in Erinnerung zu bringen: auf der Predella, einem Seitenflügel oder auf dem Hauptbild, zumeist in ehrfurchtsvoll-betender Haltung. So hat der Künstler Sixtus Heinrich Jarwatt den Kurfürsten Friedrich I. und seine Frau Elisabeth von Bayern für den Altar der Pfarrkirche zu Cadolzburg bei Fürth dargestellt. Die Autorin Franziska Grygiel schreibt in ihrem Beitrag, dass es im Laufe der Jahrhunderte irritierende Ansichten über das zu identifizierende Herrscherpaar gab. Bis heute scheinen sie nicht ausgeräumt zu sein.

Mit einem Holzschnitt führt Finn Schulze-Feldmann den Betrachter in die Zeit der Reformation. Unter der Regentschaft von Joachim II. erfuhr Brandenburg eine wesentliche Veränderung. Der Kurfürst läutete am 1. November 1539 mit seiner Teilnahme am lutherischen Abendmahl in der Nikolaikirche in Spandau die Reformation in Berlin und Brandenburg ein. Die gedruckte protestantische Bekenntnisschrift „Confessio Augustana“ zeigt 1572 den Hohenzoller knieend vor dem Kruzifix. Darunter ein Epigramm, das sich an den Leser richtet: „Siehst du, dass Kurfürst Joachim II., Markraf, Christus / Bis zur Zeit seines Todes in seinem Herzen und Munde trug?“

Die Zeiten änderten sich. Obwohl die Hohenzollern sich größtenteils als fromme Christen gebärdeten, fehlen auf den Porträts seit der Barockzeit in der Regel religiöse Symbole – mit Ausnahme auf einer Silbermedaille Friedrich Wilhelms I. oder auf Franz Krügers Bildnis von Friedrich Wilhelm IV. Meist ließen sich die Monarchen als selbstbewusste Herrscher darstellen, als Kriegsherren, Förderer von Kunst und Wissenschaften, als machtbewusste Herrscher. Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, ließ sich am liebsten in Uniform abbilden. Die Soldatenkleidung hatte für ihn „einen hohen symbolischen Wert, denn damit stellte sich Friedrich Wilhelm auf Augenhöhe mit seinen Soldaten und wurde scheinbar einer von ihnen“, schreibt Isabelle Stebener in ihrem Beitrag „Mit Silber und Soldaten“. Der König liebte auch das Silber. Vor allem die daraus geprägten Münzen. Den Geldschatz hütete er wie einen Augapfel und ging mit ihm sparsam um. „Preußen stieg so zu einem finanziell selbstständigen und unabhängigen Königtum auf“, so die Autorin. „Kein Ideal und doch Idol“ betitelt der Autor seinen Text über Friedrich II., auch der Große genannt. Robin Villain lässt die Reiterbildnisse des Königs von Daniel Nikolaus Chodowiecki „zu Wort kommen“. Friedrich als Reiter, das gefiel auch den Preußen. Denn solche Bilder stehen für Herrschaftsdenken, Mut und Kraft. Um des Kaisers mächtige Kleider geht es in dem gleichnamigen Aufsatz von Julia Beger.

Auch Wilhelm II., der letzte regierende Monarch der Hohenzollern, sowie seine Hofchargen waren mit Hilfe neuer Medien bedacht, den Kaiser mit Fotografien und Filmen vervielfacht unter die Leute zu bringen. Die theatralisch zur Schau gestellten Gesten und Attitüden, unterstrichen von stets wechselnder Kleidung, hatten etwas Taktlos-Anmaßendes, überheblich Wirkendes. „Auch behängte er sich gern mit Orden, ja selbst im Jagdkleid trug er immer drei oder vier. Pracht- und Massenentfaltung war ihm Bedürfnis“, schrieb ein Zeitgenosse, der am Hof aus und ein ging. Nach Wilhelms II. Verzicht auf den Kaiserthron 1918 und während seines Exils im holländischen Doorn war die Kostümierung als Machtdemonstration nicht mehr notwendig. Sie wurde ihm genommen.

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