Kultur: Aus den Schreibstuben Brandenburgs
Literaturzeitschrift SIGNUM präsentierte bei Wist Exkurs in hiesige Dichterlandschaft
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Literaturzeitschrift SIGNUM präsentierte bei Wist Exkurs in hiesige Dichterlandschaft Fröhlich, entspannt und kollegial geht es unter Brandenburger Schriftstellern zu, treffen sie, wie gleich sechs von ihnen im Literaturladen Wist, aufeinander. „Ach so“, witzelt Martin Ahrends, als ihm Wolfgang Zander vorgestellt wird, „Sie sind das, für den hier so viel Werbung gemacht wird: Zander an Kartoffeln, gefüllter Zander, Zander mit Dillsoße ...“ Ahrends und Zanders Texte finden sich im aktuellen Heft der aus Dresden stammenden Literaturzeitschrift SIGNUM, das sich zu einem Exkurs in die hiesige Dichterlandschaft aufgemacht hat. Über den Kontakt zum Brandenburgischen Literaturbüro konnte der Herausgeber und Chefredakteur in Personalunion, Norbert Weiss, insgesamt fünfzehn Autoren aus der Mark gewinnen, Lyrik und Prosa in seinen zweimal jährlich erscheinenden „Blättern für Literatur und Kritik“ veröffentlichen. Und so wie das Heft einen spannenden Überblick über die Produktivität und Kreativität der märkischen Dichterlandschaft sozusagen in Echtzeit, ohne die Zeitverzögerung einer langwierigen Buchproduktion, bietet, zeigte auch der dazu veranstaltete Leseabend im Literaturladen, wo neben Ahrends und Zander auch Christiane Schulz, Grit Poppe, Jürgen Israel und Julia Schoch auch unveröffentlichte Texte vortrugen, dass auch in karger Landschaft zur Zeit sehr fruchtbare Gedanken gedeihen. Jürgen Israel begann den Dichterreigen von sechs mal zehn Minuten. In dem von ihm vorgelesenen Textauszug versuchte sich der Erzähler nach Jahren und dem Tod des gemeinsamen Vaters seiner unehelichen Halbschwester zu nähern. Die von Israel gewählte Briefform erlaubt auch längere Erinnerungsexkurse, die in die 50er Jahre in der DDR zurückführen. Die Gedichte der in Potsdam lebenden Lyrikerin Christiane Schulz besitzen einen eigentümlich spröden Klang, der seine Entsprechung in den von Schulz beschriebenen Landschafts- und Naturbildern findet. Die reimlose Kargheit und Anmut des einfachen Ausdrucks kleidet eine stille Poesie. Kiefernstämme am Straßenrand werden zu „ausgemergelten Kerlen“ und „grauen Gespenstern“ – und schon ist die militärische Vergangenheit Preußens evoziert. Julia Schoch war nach ihrem Erfolg beim Ingeborg-Bachmann-Festival in Klagenfurt, das wurde sich immer wieder zugeraunt, so etwas wie der literarische Star des Abends. Die beiden vorgetragenen, auch in SIGNUM veröffentlichten Gedichte zeigen einen sehr konzentrierten und virtuosen Umgang mit den einzelnen Wörtern. Auch ihr zum Gehör gebrachter Prosatext „Die Aufständischen“ besitzt individuelle sprachliche Kraft. Unter der Aufbietung von zahlreichen metallurgischen Metaphern wird der Versuch einer völlig verunsicherten Protagonistin geschildert, sich das Bild des verlorenen Geliebten aus der schadhaften Erinnerung zu entreißen. Wolfgang Zander hatte den höchsten Unterhaltungswert für Potsdamer. Er kennt die Stadt. „Wenn man in P. wohnt“, las er, „Merkt man nicht/ Wie man langsam/ Verrückt wird/ Erst wenn es längst/ Zu spät ist/ Kommt einer auf dich zu/ Und sagt/ He Mann/ Du siehst aber/ Schlecht aus/ Und geht weiter.“ Von Grit Poppe hörte man nach ihrem Roman „Andere Umstände“ länger nichts. Nun erwartet man im nächsten Jahr gleich zwei Bücher. Einen Roman über eine Beziehung, deren Ende in Nordafrika ausgefochten wird und ein Kinderbuch. In ihm erweckt Tobias mittels einer Zaubermünze die Fantasie-Figur „Captain Magic“ aus einem Kartenspiel zum Leben. „Captain Magic“ wird in misstrauischer Hochhaus-Umgebung das Leben schwer gemacht. Wegen seiner ungewöhnlichen Fantasy-Aufmachung wird er von den feindseligen Nachbarn erst einmal für einen Penner gehalten. Zum Schluss las Martin Ahrends „Von der Daseinsberechtigung erfolgloser Autoren“ und erntete mit seinem Vergleich des Autors als „geflügeltem Ameisenmännchen“, das nur für den Zweck aufgezogen wird, der „eine Einzige der Königin“ zu werden, Erheiterung und Applaus. SIGNUM-Macher Weiss hatte damit einen weiteren Text gehört, den er in seiner Zeitschrift veröffentlichen möchte. Matthias Hassenpflug
Matthias Hassenpflug
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