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Kultur: Aus Skepsis wurde tiefe Überzeugung

Friedrich Meinel seit 50 Jahren im Dienste der Kirchenmusik in Potsdam / Mittwoch Jubiläums-Orgelkonzert

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Zwei Konzerte des erfolgreichen Internationalen Orgelsommers stehen noch aus. Bestreiten werden sie seine Initiatoren: Prof. Friedrich Meinel am 19. September in der Erlöserkirche und Matthias Jacob am 26. September in der Friedenskirche. Beide Konzerte sind mit zwei wichtigen Anlässen verbunden: Das Musizieren von Matthias Jacob findet innerhalb der Festwoche zum 50. Geburtstag des Oratorienchors Potsdam statt, das von Friedrich Meinel zu seinem Jubiläum als Kirchenmusiker in Potsdam. Ein halbes Jahrhundert hat er in dieser Stadt gewirkt – außerordentlich erfolgreich.

Vor zehn Jahren hat Friedrich Meinel offiziell aus Altersgründen das Kantorenamt an der Erlöserkirche aufgegeben. Nach 40 Jahren legte er die Arbeit mit der Potsdamer Kantorei sowie dem Kinderchor in jüngere Hände, in die von Ud Joffe bzw. in die von Christa Bleyl. Doch seine kirchenmusikalische Tätigkeit an der Erlöserkirche war damit glücklicherweise nicht beendet. Bis heute versieht er in der Gemeinde in Potsdam-West ehrenamtlich den Organistendienst. Dass die „Königin der Instrumente“ sich seit 1963 im historisierenden Gotteshaus befindet, geht auf Friedrich Meinels nicht nachlassende Initiative zurück. 1957 bewarb der aus Schneeberg im Erzgebirge Gebürtige sich für die Stelle des frei gewordenen Kantors an der Erlöserkirche. Von Mühlhausen, wo er drei Jahre zuvor als Kirchenmusiker an der dortigen Nikolaikirche begann, machte er sich zum Orgelvorspiel, zum Proben mit der Kantorei und zum Gespräch mit dem Gemeindekirchenrat nach Potsdam auf. Aber so recht muss es ihn bei seinem ersten Besuch in der Erlöser-Gemeinde nicht gefallen haben: Im Chor fehlte vor allem die mittlere Generation und die alte, der Romantik verpflichteten Sauer-Orgel „klapperte“ an allen Ecken und Enden. Entweder restaurieren hieß die Devise oder ein neues Instrument bauen. Und mit einer Wohnung sah es auch nicht so rosig aus. Pfarrer Friedrich-Wilhelm Viebeg, so erinnert sich Friedrich Meinel, hat all seinen Charme und seine Redekunst ins Spiel gebracht, um den Mühlhäuser Nikolaikantor zu überreden, an die Erlöserkirche zu kommen. Aus Skepsis wurde schließlich tiefe Überzeugung für die kirchenmusikalische Arbeit in Potsdam.

Am 1. Oktober 1957 begann dann Meinels Tätigkeit in Potsdam. Etwas später kam die Familie mit Frau Annemarie und der erst vor kurzem geborenen Tochter Katharina aus der thüringischen in die brandenburgische Stadt nach. Der Anfang hatte aber einen eher interimistischen Charakter bezüglich der Wohnung und der Orgel. Den Aufbau einer leistungsstarken Kantorei konnte er jedoch von Anfang an in Angriff nehmen. Für die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten wurde geprobt, aber auch nach und nach für die Aufführung von oratorischen Werken. 1958 führte er mit dem Chor bereits Händels Dettinger Te Deum auf, ein paar Jahre später Mozarts Krönungsmesse und die Johannes-Passion von Bach. Friedrich Meinel und seine Kantorei an der Erlöserkirche gehörten von nun an in puncto Musica sacra zu den wichtigsten Stimmen in Potsdam. 40 Jahre lang hat Meinel ein chorsinfonisches Repertoire aufgebaut, das immer wieder Überraschendes bot. Natürlich wurden all die bekannten Werke von Bach, Händel, Mozart, Mendelssohn Bartholdy, Brahms oder Bruckner aufgeführt, doch auch Brittens War Requiem, Strawinskys Psalmen-Sinfonie, Frank Martins „Golgota“, Die zwölf Gebote“ von Herbert Gadsch oder als Uraufführung das „Potsdamer Te Deum“ von Helmut Barbe. Auch a-cappella-Musik pflegte die sich immer mehr verjüngende Kantorei mit Intensität. Auch mit dem Motettenchor und dem Kinderchor, die Meinel ins Leben rief, hat er ein vielfältiges Repertoire erarbeitet. Die Kirchenmusik, die Verkündigung und der Lobpreis Gottes waren dabei A und O seiner Kantorentätigkeit. Die Chöre bewiesen dabei eine überzeugende Qualität beim Singen und Interpretieren. Eine große Hilfe war ihm dabei seine Frau Annemarie, die die Proben als Repetitorin unterstützte, das Continuospiel in den Aufführungen übernahm, eine unentbehrliche Registrantin an der Orgel war. Auch Mitglieder des Orchesters der Komischen Oper Berlin waren bei den Konzerten verlässliche Partner.

Und die Orgel? Friedrich Meinel ließ nicht locker, ehe ein neues Instrument auf der Orgelempore stand. Der Potsdamer Orgelbaumeister Hans-Jochim Schuke und seine Mitarbeiter haben der Erlöserkirche das neue Instrument beschert. 1964 wurde sie geweiht. 1983 kam ein weiteres für den Gemeindesaal hinzu.

Der damalige Orgel-Sachverständige der Landeskirche Erich Piasetzki schreibt in seinem Gutachten über das Instrument im Gotteshaus: „Schon beim äußeren Bild der Orgel ahnt man ihren Klang. Der Prospekt ist von besonderer Schönheit und ein genaues Abbild des inneren Werkaufbaues. Das Instrument lässt klanglich unendlich viele Mischungsverhältnisse zu. Durch kunstgerechte Intonation erhält jedes Register seinen spezifischen Klangcharakter. Das neue Orgelwerk genügt allen liturgischen wie auch kirchenmusikalischen Anforderungen dieser Gemeinde“. Darüber hinaus ist dieses Instrument, so Piasetzki, für das kirchenmusikalische Leben Potsdams von großer Bedeutung. Dazu hat Friedrich Meinel mit seinen regelmäßigen Konzerten auf der Schuke-Orgel und mit dem Internationalen Orgelsommer, der gleich nach der Wende bis heute aus dem Potsdamer Musikleben nicht wegzudenken ist, wesentlich beigetragen.

1990 holte ihn die Universität der Künste Berlin als Dozent für künstlerisches Orgelspiel und Improvisation, 1995 wurde er zum Professor ernannt. Es wurde eine Arbeit, die ihn ebenfalls begeisterte, konnte er doch Nachwuchsorganisten aus aller Welt für die „Königin der Instrumente“ ebenfalls begeistern.

Orgelkonzert mit Friedrich Meinel, 19. 9., 19.30 Uhr, Erlöserkirche, Nansenstraße.

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